Wir blicken an jedem Spieltagsmorgen auf den zurückliegenden und den kommenden EM-Tag, geben Nachhilfe in europäischen Fußballfloskeln und lassen einen Kollegen aus dem Ausland auf dieses Land blicken. Diese Texte erhalten Sie auch als "Das Sommermailchen" morgens per Mail, wenn Sie hier unseren "Was jetzt?"-Newsletter abonnieren.

Das Spiel des Tages

Bügeln Sie die Buntfalte auf, zupfen Sie die Gardine zurecht und legen Sie Ihr schönstes Lächeln auf: Auch Sie sind in den kommenden Wochen als guter Gastgeber gefragt. Die EM geht los. Zum Eröffnungsspiel empfängt Deutschland das Team aus Schottland (21 Uhr, ZDF und MagentaTV). Fünf Wochen nach vorne gespult, könnte dieses Spiel sogar das wichtigste des Turniers werden. Ein nicht zu knapper Sieg der deutschen Mannschaft und die EM-Euphorie, die sich noch irgendwo zwischen dem AfD-Balken der Europawahl und der Grafik der aktuellen Wettervorhersage versteckt, bekäme einen ordentlichen Stups. Das gilt natürlich umgekehrt auch, sollte es ein Unentschieden oder gar eine Niederlage geben. Alle gucken auf Manuel Neuer. Und welche Rolle dem Kapitän, İlkay Gündoğan, denn nun zufällt. Das deutsche Team ist irgendwas zwischen Geheimfavorit im eigenen Land und gerade noch rechtzeitig wieder in der Spur. Das ist absichtlich vage, denn trauen Sie sich nach den vergangenen Turnieren eigentlich noch eine seriöse Prognose für die DFB-Elf zu? Ich nicht.

Gehen in ihr erstes großes Turnier als Trainer: Bundestrainer Julian Nagelsmann und sein Co-Trainer Sandro Wagner. © Alexander Hassenstein/​Getty Images

Wer wird heute wichtig?

Scott McTominay, ein möglicher Partycrasher. Man kann nicht schottischer heißen, und tatsächlich haben die Schotten vor allem ihm diesen Trip zu verdanken. Der Mittelfeldspieler von Manchester United schoss in der EM-Qualifikation nicht nur beide Tore beim vorentscheidenden 2:0-Sieg gegen Spanien, er machte auch die zweitmeisten Tore aus dem Spiel heraus, nach einem gewissen Cristiano Ronaldo. Der Mittelfeldmann als Torjäger, das verrät natürlich einiges über die schottische Problemzone, den Angriff. Dennoch: "Rolls-Royce" nennt Trainer Steve Clarke McTominay und hat damit klargemacht, auf wen die deutsche Abwehr ein Auge haben sollte. Oder zwei.

Trifft Scott McTominay auch gegen Deutschland? © Stu Foster/​Getty Images

Liebes Deutschland …

… ich liebe deutsches Bier, ich liebe deutsches Essen, ich liebe deutsche Städte, ich liebe deutschen Fußball, ich liebe die deutsche Lebensart, ich liebe die Deutschen, ich würde mich also mit Fug und Recht einen Teutophilen nennen. Dass John McGinn zur Ankunft mit bayerischen Schuhplattlern getanzt und gejodelt hat, sagt alles über die beidseitige Vorfreude aufeinander. Aber wo zur Hölle habt ihr die Sonne versteckt? Wir dachten, wir entkommen dem tristen schottischen Sommer. Aber groß stören wird das die Tartan Army nicht. So nennt man die Anhänger unseres Fußballteams. Mehr als 200.000 von ihnen sollen dabei sein. Sie sind hier, um sich zu amüsieren, egal wie die Spiele ausgehen. Aber der Achtelfinaleinzug wäre für Schottland natürlich ein Ding.

(von Matthew Lindsay, Chief Football Writer, The Herald)

Die Floskel des Tages

"Och, whit a stramash!"  Stramash bedeutet übersetzt Verwirrung oder Tumulte. Sogar ein schottisches Brettspiel wurde so benannt. In den Fußball eingespeist hat diese Redewendung der legendäre schottische Fernsehkommentator Arthur Montford. Gemeint ist ein wildes Gerangel, bei dem mehrere Spieler versuchen, den Ball aus dem Strafraum zu befördern.

(von Matthew Lindsay)

Wer ist schon Europameister?

Cooper Wallace, der Europameister im Möwenkreischen. Der neunjährige Brite überzeugte eine belgische Jury mit präzisem Krächzen und irritierend gutem Gellen. Der Junge führt seine Motivation auf eine spidermanartige Begegnung zurück: Seit er von einer Möwe gebissen wurde, könne er nicht anders als sie zu imitieren, er trat zur EM auch im Möwenkostüm an. Kein Scherz. Sie können beim Torschrei ja mal vorsichtig mit dem Üben anfangen.

Was war das Zitat des Tages?

"Es wäre mir peinlich, während des Turniers die Angestellten in unserem Hotel morgens nicht vernünftig begrüßen zu können. Ich möchte ein guter Botschafter für das englische Volk sein." 

("Frühstücksbereichswegweiser" und "Unterhaltungselektronikhoteltechniker" will gelernt sein. Der englische Nationaltrainer Gareth Southgate erzählte der "Sport Bild", dass er seit Monaten mit Duolingo Deutsch lernt.)