Bundesfamilienministerin Lisa Paus hat sich dafür ausgesprochen, dass auch 16-Jährige künftig bei Bundestagswahlen abstimmen dürfen. Mit einer Absenkung des Wahlalters würden die Belange und Bedürfnisse der jungen Generation "grundsätzlich beachtet" und bei politischen Entscheidungen "von Anfang an mitgedacht werden", sagte die Grünenpolitikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

"Das Wahlalter 16 bei der Europawahl ist ein wichtiges Signal, aber wir sollten da nicht stehen bleiben", sagte Paus. Im November hatte der Bundestag einem Gesetzentwurf der Ampel-Koalition zugestimmt, der das Mindestwahlalter bei Europawahlen von 18 auf 16 Jahre senkt. Der Landtag von Baden-Württemberg hatte im April eine Reform des Wahlrechts beschlossen, dort haben 16-Jährige künftig bei Landtagswahlen zwei Stimmen.

Corona und der Ukraine-Krieg hätten bei Kindern und Jugendlichen besonders starke Spuren hinterlassen, sagte Paus. "Wir beobachten eine Zunahme von Essstörungen, Depressionen und anderen psychischen Erkrankungen." Kinder und Jugendliche hätten sich in der Pandemie sehr solidarisch gezeigt mit Eltern und Großeltern – und seien mit den Folgen allzu oft allein gelassen worden. "Sie haben den Eindruck, dass sich die Gesellschaft für ihre Situation nicht wirklich interessiert", sagte Paus. "Daher will ich jungen Menschen dringend mehr Gehör verschaffen."

Erst vor wenigen Tagen hatte Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) dafür geworben, das Wahlalter von 18 auf 16 Jahre zu senken – so wie es bereits bei vielen Kommunal- und einigen Landtagswahlen und künftig der Europawahl der Fall ist. Dass für den Bundestag weiter das Wahlalter 18 gilt, sei unverständlich, sagte Bas. Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand auch später zur Wahl gehe, wachse, wenn er bereits im jüngeren Alter während der Schulzeit wählen durfte. Das zeigten Studien. Bas hatte sich außerdem dafür ausgesprochen, die Wahlperiode zu verlängern und den Bundestag nur alle fünf Jahre zu wählen.