Die Republik Irland hat einen neuen Premierminister: Simon Harris, gerade einmal 37 Jahre alt und damit der jüngste, den das Land je hatte. So wie zuvor Leo Varadkar (45), der bisherige Taoiseach, wie der Regierungschef in Irland offiziell heißt. Er ist am 20. März überraschend als Vorsitzender der Partei Fine Gael zurückgetreten. Am 8. April hat Varadkar auch das Amt des Premierministers niedergelegt.

Irland wird derzeit von einer Koalitionsregierung aus den beiden eher konservativen Parteien Fine Gael und Fianna Fáil sowie der Partei der Grünen regiert. Dabei stellen die beiden großen Parteien Fine Gael und Fianna Fáil abwechselnd den Premierminister, derzeit Fine Gael. In Meinungsumfragen liegt Fine Gael bei 20 Prozent, Fianna Fáil bei 17 Prozent und die Grünen bei vier Prozent. Gemeinsam vereint die Koalitionsregierung daher deutlich mehr Stimmen als die stärkste irische und eher linksliberale Partei Sinn Féin mit 27 Prozent.

Die Regierung ist Anfang des Jahres in die Kritik geraten, als sie am 8. März über eine Reform der veralteten Definition von Familie in der Verfassung abstimmen ließ und haushoch verlor. Varadkar ist daraufhin zurückgetreten. In der Diskussion um seine Nachfolge haben alle Gegenkandidaten zugunsten von Harris verzichtet.

Harris gilt als junger, dynamischer Politiker. Er ist so viel auf Instagram und TikTok unterwegs, dass er schon "TikTok-Taoiseach" genannt wird. Gemeinsam mit seinem autistischen Bruder Adam Harris kämpfte der Vater zweier Kinder schon als junger Mann für mehr Hilfe und Akzeptanz in der Gesellschaft. Er studierte Journalismus und Französisch und stieg 2011 als jüngster Parlamentarier (Teachta Dála) in die Politik ein. Nach einem Abstecher ins Finanzministerium wurde er 2016 Gesundheitsminister, wo er sich stark dafür einsetzte, dass das verfassungsrechtliche Verbot des Schwangerschaftsabbruchs abgeschafft wurde. Er war Gesundheitsminister während der Corona-Pandemie, später Justizminister und Bildungsminister.

250.000 neue Häuser?

Obwohl Irland im vergangenen Jahr wegen des schwachen Exports in eine Rezession glitt, ist die irische Wirtschaft dank der dort angesiedelten internationalen Unternehmen und seiner Position innerhalb des EU-Binnenmarkts seit vielen Jahren gut aufgestellt. Sie wächst weiter, und die Arbeitslosigkeit ist niedrig. Seit dem Brexit hat sich der Handel zwischen der Republik und Nordirland im Norden und Kontinentaleuropa im Süden außerdem verstärkt.

Aber gerade wegen des Wirtschaftswachstums wandert die junge Generation nicht mehr aus, wie es früher der Fall war. Gemeinsam mit der hohen Einwanderung hat das zu einem brisanten Wohnungsmangel geführt. Für Harris war die Häuserkrise in seiner jüngsten Antrittsrede vor dem Parlament daher das wichtigste Thema. Er versprach, in den kommenden fünf Jahren 250.000 neue Häuser bauen zu lassen, um die Wohnungsnot zu mildern und jungen Leuten eine Chance auf Wohneigentum zu geben, die sonst vielfach bei den Eltern leben. Kritikerinnen und Kritiker sagen, es seien überzogene Versprechen, nachdem Varadkar noch im vergangenen Jahr gewarnt hatte, dass solche Zahlen unrealistisch seien. Aber nach einer Umfrage der Zeitung Irish Independent ist der Wohnungsmangel für 59 Prozent der Wählerinnen und Wähler das wichtigste Thema, gefolgt von der Krise im Gesundheitswesen, der Kostenkrise und der Einwanderung.