Das Referendum in Irland über die Neufassung eines Verfassungsartikels zur Ehe und zur Rolle von Frauen in der Familie ist gescheitert. Das teilte Regierungschef Leo Varadkar mit. Bei der Abstimmung ging es unter anderem um die Frage, ob ein Satz über "Frauen im Haushalt" (Women in the Home) aus der Verfassung gestrichen werden solle.

Varadkar gestand laut Irish Times die "eindeutige Niederlage" ein. Die Wählerinnen und Wähler hätten nicht überzeugt werden können, dass die Verfassungsänderungen dringlich seien. Er sagte, seine Regierung akzeptiere das Ergebnis und übernehme die Verantwortung für eine offensichtliche Fehleinschätzung des Meinungsbildes.

Der Artikel 41 der irischen Verfassung, der für fast 3,5 Millionen Wahlberechtigte zur Abstimmung stand, stammt aus dem Jahr 1937. Durch die vorgeschlagenen Änderungen sollten in Irland künftig auch "dauerhafte Beziehungen" außerhalb der Ehe als Familie gelten. Zudem sollte ein veralteter Verweis auf die Rolle der "Frau im Haushalt" gestrichen werden; eine neue Formulierung sollte allen Familienmitgliedern die Verantwortung dafür zuschreiben, füreinander zu sorgen.

Die Wahlbeteiligung war nach Angaben des öffentlich-rechtlichen Rundfunksenders RTE bei Schließung der Wahllokale am Freitagabend sehr unterschiedlich: In manchen Regionen lag sie bei 50 Prozent, in anderen unter 30 Prozent. Verkehrsminister Eamon Ryan räumte ein, dass eine Niederlage offenbar bevorstehe. Die Frage, ob die Regierung das gewünschte Ergebnis erzielt habe, verneinte er und fügte hinzu: "Wir haben die Öffentlichkeit nicht von den Argumenten überzeugt."

Kritik am Konzept einer "dauerhaften Beziehung"

Alle großen politischen Parteien in Irland hatten die vorgeschlagenen Änderungen befürwortet. Neben der Regierungskoalition und der größten Oppositionspartei Sinn Féin sprachen sich auch Frauenrechtsgruppen und Interessenverbände pflegender Angehöriger für die Änderungen aus. Die Gegner der Vorschläge hatten argumentiert, das Konzept "dauerhafter Beziehungen" sei ungenau und verwirrend.

Im katholisch geprägten Irland war bei einem Referendum 2018 mit einer Zweidrittelmehrheit eine Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen beschlossen worden. 2015 hatten die Iren für die Einführung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare gestimmt.