Deutschland, die USA und andere westliche Verbündete haben einen Ausschluss russischer Finanzinstitute aus dem Banken-Kommunikationsnetzwerk Swift beschlossen. Das teilte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Samstagabend in Berlin mit. Getroffen wurde die Entscheidung demnach von den Vereinigten Staaten, Frankreich, Kanada, Italien, Großbritannien, der EU-Kommission und Deutschland. Zudem soll es zusätzliche Sanktionen gegen die russische Zentralbank und auch gegen Oligarchen aus dem Umfeld von Russlands Präsidenten Wladimir Putin geben.

Betroffen von dem Swift-Ausschluss werden den Angaben zufolge alle russischen Banken sein, die bereits von der internationalen Gemeinschaft sanktioniert sind. Hinzu kommen sollen – soweit erforderlich – weitere russische Banken. Damit sollten diese Institute von den internationalen Finanzströmen abgeklemmt werden, was ihr globales Agieren stark einschränken werde, teilte die Bundesregierung mit. "Höchstwahrscheinlich werden die meisten Banken der Welt ihre Transaktionen mit den russischen Banken, die aus Swift ausgeschlossen werden, ganz einstellen", sagte ein hoher Beamter des Weißen Hauses in Washington, D. C.

Russland isolieren

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte zur Begründung: "Die russischen Streitkräfte setzen mit unverminderter Härte ihre Angriffe auf Kiew und andere ukrainische Städte fort." Vor diesem Hintergrund sei man entschlossener denn je, "Russland einen hohen Preis für diese Aggression aufzuerlegen und das Land weiter vom internationalen Finanzsystem und wirtschaftlich zu isolieren". Der Regierungsbeamte in Washington, D. C., sagte, Russland sei dank der Sanktionen zu einem "globalwirtschaftlichen und finanziellen Geächteten geworden".

Der Ausschluss russischer Finanzinstitute aus Swift gilt als die bislang weitreichendste Reaktion auf Russlands Krieg gegen die Ukraine und könnte dazu führen, dass der Handel zwischen dem Land und dem Westen stark eingeschränkt wird.

Dies liegt daran, dass Swift die Infrastruktur zur Verfügung stellt, mit der Finanzinstitute bei Geldtransfers über Landesgrenzen hinweg sicher miteinander kommunizieren können. Ein Ausschluss daraus bedeutet, dass die Betroffenen praktisch vom globalen Finanzsystem abgeschnitten werden. Mehr als 11.000 Teilnehmer in über 200 Ländern nutzen nach Angaben von Swift den Dienst, vor allem Banken, aber auch Wertpapierfirmen und große Konzerne.

Darüber hinaus legten die Länder nach Angaben der Bundesregierung fest, die Möglichkeiten der russischen Zentralbank weiter einzuschränken, mit internationalen Finanzgeschäften den Kurs des Rubels zu stützen. Dies soll unter anderem verhindern, dass Russland seine staatlichen Rücklagen für die Finanzierung seines Krieges nutzen kann. "Dafür werden wir das Vermögen der russischen Zentralbank blockieren", erklärte von der Leyen. "Ihre Transaktionen werden eingefroren. Und wir nehmen der Zentralbank die Möglichkeit, ihr Guthaben international einzusetzen."

Dieser Schritt dürfte die internationale Isolierung der russischen Wirtschaft weiter verstärken und auch die Stabilität der Landeswährung, des Rubels, untergraben. Die Zentralbank hatte Ende Januar nach eigenen Angaben erhebliche Reserven in Höhe von rund 630 Milliarden US-Dollar aufgebaut, darunter Fremdwährungen wie Dollar, Euro und Yuan im Wert von 470 Milliarden US-Dollar und 132 Milliarden US-Dollar in Gold.

Geldvermögen der Oligarchen

Als vor allem symbolisch wichtig gelten die vereinbarten Sanktionen gegen Einzelpersonen und Einrichtungen in Russland und andernorts, die den Krieg gegen die Ukraine unterstützen. Sie sollen insbesondere wohlhabenden Russen die Möglichkeit nehmen, sich und ihren Familienangehörigen einen Pass und damit eine europäische Staatsbürgerschaft zu verschaffen.

Von der Leyen nannte konkret auch Oligarchinnen. "Wir arbeiten intensiv daran, dass sie über ihr Geldvermögen nicht mehr unbeschränkt verfügen können", erklärte sie. In Washington, D. C., hieß es, dass man es auf "ihre Jachten, ihre Luxuswohnungen, ihr Geld und ihre Möglichkeit, ihre Kinder auf schicke Hochschulen im Westen zu schicken", abgesehen habe.

Formell müssen die Sanktionen unter anderem noch vom EU-Ministerrat beschlossen werden. Um eine zügige Umsetzung zu gewährleisten, soll eine Arbeitsgruppe mit Vertretern der USA und der Europäischen Union eingesetzt werden. Die Teilnehmerstaaten der Beratungen betonten zudem ihre Bereitschaft, weitere Maßnahmen zu ergreifen, sollte Russland seinen Angriff gegen die Ukraine und damit gegen die europäische Friedensordnung nicht beenden.

Zögern der Bundesregierung

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) war wegen seiner Zurückhaltung beim Thema Swift-Sanktionen zuletzt international stark unter Druck geraten. Deutschland galt wegen der voraussichtlich hohen Kosten des Schrittes zuletzt als einflussreicher Bremser bei den Planungen für einen Ausschluss russischer Institute. Die Strafmaßnahme dürfte nämlich dazu führen, dass Unternehmen nicht mehr in der Lage sind, Importe zu bezahlen oder Einnahmen für Exporte zu verbuchen.

Kurz vor der Videokonferenz hatten mehrere deutsche Minister bestätigt, dass die Bundesregierung einem Ausschluss russischer Finanzinstitute aus Swift nicht mehr im Wege stehen will. "Wir arbeiten daran, Russland so vom Swift-System abzukoppeln, dass Kollateralschäden möglichst klein bleiben", erklärte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) am Samstag auf Twitter.

Die vereinbarten Strafmaßnahmen werden schwere Sanktionen ergänzen, die bereits an diesem Samstag und den Tagen zuvor in Kraft getreten sind. Sie zielten zum Beispiel darauf ab, die Refinanzierungsmöglichkeiten des Staates und von ausgewählten privaten Banken und Unternehmen einzuschränken. Zudem erließ die EU unter anderem Ausfuhrbeschränkungen für strategisch wichtige Güter, die insbesondere Unternehmen aus dem Verkehrs- und Energiesektor treffen sollen.

Analysten befürchten Kursausschläge

Aus der Wirtschaft kommen besorgte Reaktionen. "Das bedeutet, dass es am Montag zu einer Katastrophe auf dem russischen Devisenmarkt kommen wird", sagte der ehemalige stellvertretende Vorsitzende der russischen Zentralbank Sergej Aleksaschenko. "Ich denke, sie werden den Handel einstellen und dann den Wechselkurs künstlich festlegen, wie zu Zeiten der Sowjetunion."

Der Allianz-Berater und Vorsitzende von Gramercy Fund Management, Mohamed El-Erian, befürchtet, dass ein umfassender Swift-Ausschluss Russlands die russische Wirtschaft lähmen könnte. "Das würde auch unweigerlich zu Rückwirkungen auf die Weltwirtschaft führen." Es sei wahrscheinlich, dass es bei russischen Unternehmen zu Zahlungsrückständen gegenüber westlichen Unternehmen und Gläubigerinnen komme werde.

Der leitende Marktanalyst bei Oanda, Edward Moya, sagte, viele Händler seien überzeugt gewesen, dass die USA und Europa keine harte Haltung zeigen würden. "Diese Aktion wird wirklich schwer zu verdauen sein und sie wird viele Anleger beunruhigen. Ein Großteil des Aufschwungs, den wir in der zweiten Hälfte der letzten Woche gesehen haben, wird auf die Probe gestellt werden."

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