Politik kann auch mal unkompliziert sein. "Mensch Anna, kannst du dir vorstellen, zu uns in die CDU zu kommen?" – mit diesen Worten, so berichtet es Dennis Thering, Partei- und Fraktionsvorsitzender und designierter Spitzenkandidat der Hamburger Christdemokraten, habe er vor einigen Monaten seine Bürgerschaftskollegin Anna von Treuenfels-Frowein von der FDP "angehauen" – und sie konnte es sich vorstellen. Seit gestern ist es offiziell: Dennis und Anna sind, politisch gesehen, ein Paar, vereint in der Bürgerschaftsfraktion der Hamburger Christdemokraten und in einigen Monaten voraussichtlich auch auf den Plätzen eins und zwei der CDU-Wahlliste. Denn Thering hat seiner neuen Parteifreundin den Platz direkt hinter seinem eigenen angeboten.

Mit Treuenfels-Froweins Parteiwechsel ist den Hamburger Christdemokraten knapp acht Monate vor der Bürgerschaftswahl im März 2025 ein Coup gelungen: Die Christdemokraten bündeln so die Kräfte im Lager konservativ denkender Regierungsgegner. Die ehemalige FDP-Politikerin tauscht eine Wackelkandidatur für ihre Circa-5-Prozent-Partei mit Aussicht auf Fortsetzung der wenig effizienten Fleißarbeit einer fraktionslosen Abgeordneten gegen einen sicheren Platz in der kommenden Bürgerschaft und die nicht ganz kleine Chance, den Stadtstaat in wenigen Monaten mitzuregieren: als Teil einer sozialdemokratisch-konservativen Koalition, wie die Christdemokraten sie ziemlich offen anstreben.

Verbiegen muss sich niemand für dieses Manöver: Mit Treuenfels-Frowein gewinnen die Christdemokraten eine erfahrene Kämpferin gegen rote und vor allem grüne Ideen. In die Politik kam die ehemalige FDP-Politikerin als Aktivistin der erfolgreichen Kampagne gegen die sechsjährige Gemeinschaftsschule, die eine grüne Schulsenatorin in der schwarz-grünen Koalition in den Jahren nach 2008 unter Ole von Beust hatte einführen wollen. In den Konflikten des heutigen Hamburgs um die grüne Verkehrspolitik mit ihrem Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel und der Fahrradförderung war ihre Position von jener der Christdemokraten nicht zu unterscheiden. Dass sie zur Begründung ihres Schritts auch auf die Politik der Ampelregierung im Bund verweist, die ja unter anderem eine grüne Agenda hat, ist nur konsequent.

Das perfekte Match

Aus Sicht der Christdemokraten passt ihr Neuzugang ebenfalls perfekt. Er verstehe sich nicht nur gut mit seiner neuen Parteifreundin, sagt Thering, sondern erinnere sich auch aus den vergangenen viereinhalb Jahren nicht an eine einzige Meinungsverschiedenheit mit ihr in der Bürgerschaft. Politische Differenzen zur FDP gebe es durchaus, etwa in Fragen der inneren Sicherheit oder bei der Legalisierung von Cannabis. Nicht aber mit der ehemaligen FDP-Abgeordneten.

Fatal ist von Treuenfels-Froweins Schritt für die Hamburger FDP. Die Partei ist für ihre internen Konflikte bekannt und muss den Umfragen zufolge um den Einzug in die nächste Bürgerschaft bangen. Wer als Wähler sichergehen will, die Widersacher des rot-grünen Senats in der Bürgerschaft zu stärken, ist bei den Konservativen wahrscheinlich besser aufgehoben. Hinzu kommt nun, dass die FDP nicht nur ihre bekannteste Politikerin an die Konkurrenz verliert, sondern zugleich ein Argument, im Zweifel lieber FDP zu wählen: So groß können die inhaltlichen Unterschiede nicht sein, wenn die bekannteste FDP-Politikerin sich nun auch bei der CDU gut aufgehoben fühlt. 

Öffentlich reagierte die Partei gelassen, allerdings auch verrätselt. Eine "Entfremdung zwischen Anna von Treuenfels-Frowein und der Partei" sei zuletzt deutlich spürbar gewesen, erklärte der Landesvorstand. Der Kurs der Partei werde jedoch "nach den erfreulichen Hamburger Wahlergebnissen" fortgesetzt – was immer das heißen mag.