Rund 2.200 Menschen in Deutschland sollen sich im vergangenen Jahr neu mit dem Humane Immundefizienz-Virus (HIV) infiziert haben. Das seien ähnlich viele wie vor der Coronapandemie, teilte das Robert Koch-Institut (RKI) in einer neuen Schätzung mit. Das RKI schätzt die Zahlen jedes Jahr. Betrachtet werden Neuinfektionen in Deutschland und von Menschen deutscher Herkunft, die sich im Ausland angesteckt haben.

Von den Neuinfektionen betroffen sind etwa 1.200 Männer, die Sex mit Männern haben. Etwa 620 Menschen steckten sich laut der RKI-Schätzung im vergangenen Jahr bei heterosexuellem Geschlechtsverkehr an. 380 Neuinfektionen passierten demnach durch das Spritzen von Drogen mit Nadeln.

Die geschätzten Neuinfektionen durch den Drogengebrauch steigen seit 2010 demnach langsam, aber kontinuierlich an. Auch die Infektionen durch heterosexuellen Geschlechtsverkehr stiegen im Vergleich zu den Zahlen vor der Coronapandemie. Die Neuinfektionen bei Männern, die Sex mit Männern haben, sanken dagegen im Vergleich zum Jahr 2019.

Prophylaxe soll viele Infektionen verhindert haben

Es sei wahrscheinlich, dass bei diesen Männern die HIV-Präexpositionsprophylaxe Prep viele Neuinfektionen verhindere, teilte das RKI mit. Bei dieser Prophylaxe nehmen Menschen mit einem erhöhten HIV-Infektionsrisiko täglich eine Tablette mit zwei Wirkstoffen, die die Vermehrung des Virus im Körper unterdrücken. "Die Erfolge bei schwulen Männern machen Mut, könnten aber noch größer sein", sagte Sven Warminsky vom Vorstand der Deutschen Aidshilfe. 

Eine Ansteckung mit dem HI-Virus kann ohne Behandlung die Immunschwäche-Krankheit Aids hervorrufen. Mit der Krankheit kann sich der Körper nicht mehr gegen eigentlich harmlose Erreger wehren. Da HIV in der Regel aber nicht mehr zum Tod führt, stieg die Anzahl der Menschen, die mit einer HIV-Infektion in Deutschland leben, laut dem RKI bis Ende vergangenen Jahres auf 96.700 Menschen an. Davon seien etwa 8.200 HIV-Infektionen bisher nicht durch Fachleute festgestellt, so die Schätzung.  

Fast alle Menschen mit bekannter HIV-Infektion erhalten mittlerweile eine sogenannte antiretrovirale Therapie. Vor 18 Jahren waren es etwa 80 Prozent, nun sind es etwa 99 Prozent. Von diesen Therapien verliefen etwa 96 Prozent erfolgreich. Das Virus ist danach nicht mehr übertragbar. Das RKI weist zudem darauf hin, dass mehr Einsende- und Selbsttests helfen würden, die Zahl der unerkannt HIV-infizierten Menschen zu verringern.