Das Oberlandesgericht Bamberg hat den Pharmakonzern AstraZeneca dazu verurteilt, Auskünfte zu möglichen Wirkungen seines Corona-Impfstoffs zu erteilen. Im Berufungsprozess um einen mutmaßlichen Impfschaden muss AstraZeneca offenlegen, welche Wirkungen und Nebenwirkungen des Impfstoffs dem Unternehmen zwischen dem 27. Dezember 2020 und dem 19. Februar 2024 bekannt waren, teilte ein Gerichtssprecher mit. Am 27. Dezember 2020 war der Impfstoff von AstraZeneca zugelassen worden.

Eine 33-jährige Frau macht AstraZeneca für einen möglichen Impfschaden verantwortlich. Eine Impfung im März 2021 habe bei ihr ein Koma, eine Thrombose und eine dauerhafte Darmschädigung verursacht. Die Klägerin lag unter anderem auf der Intensivstation, ihr mussten operativ Teile ihres Dünndarms entfernt werden. Von AstraZeneca fordert sie Schmerzensgeld und Schadenersatz. 

Das Landgericht Hof hatte ihre Forderungen in erster Instanz abgewiesen. Die Auskunftsklage, der das Gericht in Bamberg stattgab, war im Laufe des Verfahrens dazugekommen.

Entscheidung zu Schmerzensgeld und Schadenersatz in einigen Monaten

Eine Entscheidung zu den Forderungen der Klägerin traf das Gericht bislang nicht, zunächst ging es nur um ihre dazugekommene Klage auf Auskunft. Diese hatte mit dem Teilurteil Erfolg. Eine Revision seines Urteils ließ das Gericht nicht zu, wobei unter Umständen eine Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesgerichtshof in Karlsruhe erhoben werden könnte.

Dem Urteil vom heutigen Montag zufolge muss AstraZeneca auch alle weiteren Erkenntnisse offenlegen, welche "für die Bewertung der Vertretbarkeit schädlicher Wirkungen" des Impfstoffs von Bedeutung sein könnten. Diese Pflicht bezieht sich allerdings nur auf solche Wirkungen, die das sogenannte Thrombose-mit Thrombozytopenie-Syndrom betreffen.

Das Verfahren zu den Schmerzensgeld- und Schadenersatz-Forderungen der Klägerin läuft dem Gericht zufolge weiter. Nachdem der zuständige Senat die von AstraZeneca geforderten Informationen erhalte, werde entschieden, ob ein Expertengutachten eingeholt werden solle. Mit einer Entscheidung sei in einigen Monaten zu rechnen. 

Verteidiger der Klägerin rechnet mit weiteren Verfahren

Der Anwalt der Klägerin teilte mit, er und seine Mandantin seien sehr glücklich über die Entscheidung des Gerichts. Er gehe davon aus, dass nach diesem Erfolg weitere Auskunftsklagen in ähnlichen Verfahren folgen werden. Zudem könnten die Daten, die AstraZeneca nun offenlegen müsse, für weitere bereits laufende und künftige Verfahren von Relevanz sein. Der Prozess in Bamberg gehört zu den ersten Prozessen gegen einen Corona-Impfstoffhersteller in Deutschland.

Insgesamt waren rund 65 Millionen Menschen in Deutschland gegen das Coronavirus geimpft worden. 11.827 von ihnen hätten seitdem einen Antrag auf die Anerkennung eines Impfschadens gestellt, berichtete die Neue Osnabrücker Zeitung im Januar unter Berufung auf eine Abfrage bei den zuständigen Behörden. Bis dahin wurden demzufolge solche Schäden in 467 Fällen anerkannt. Mehr als 5.000 Anträge seien abgelehnt worden, die anderen hätten sich aus anderen Gründen erledigt oder würden noch bearbeitet.