Die Zahl der bekannt gewordenen Fälle des sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen ist im vergangenen Jahr gestiegen. Der Polizei wurden 16.375 Fälle bekannt, in denen Kinder missbraucht wurden – ein Anstieg um 5,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (2022: 15.520 Fälle). Das geht aus dem Bundeslagebild Sexualdelikte zum Nachteil von Kindern und Jugendlichen hervor. Im gleichen Zeitraum wurden zudem 1.200 Straftaten aktenkundig, bei denen Jugendliche sexuell missbraucht wurden (2022: 1.135 Fälle).

Das BKA verweist in dem Lagebild darauf, dass die Zahl der aufgedeckten Fälle von Kindesmissbrauch stark mit der polizeilichen Kontrolltätigkeit und dem Anzeigeverhalten zusammenhänge. "Insofern dürfte es auch aufgrund intensivierter polizeilicher Tätigkeiten im Deliktsbereich in den letzten Jahren zu einer Aufhellung des Dunkelfelds gekommen sein", schreibt das BKA.

Das BKA weist außerdem darauf hin, dass die zahlreichen Fälle, in denen sich nach Hinweisen vor allem aus den USA kein potenzieller Tatort in Deutschland ermitteln lasse, nicht in die Statistik einfließen. Grund dafür, dass entsprechende Ermittlungen teils ins Leere laufen, sei die in Deutschland ausgesetzte Mindestspeicherung von Telekommunikationsverkehrsdaten, insbesondere IP-Adressen.

Im April einigten sich Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf das sogenannte Quick-Freeze-Verfahren. Dabei werden Daten erst dann gespeichert, wenn ein Verdacht auf eine Straftat erheblicher Bedeutung besteht. Die Abstimmung innerhalb der Bundesregierung zu diesem Vorhaben dauert noch an. Wegen rechtlicher Unsicherheiten war die alte Regelung zur Speicherung seit 2017 nicht mehr genutzt worden.

Gewaltabbildungen werden verstärkt verbreitet

Die Anzahl bekannt gewordener Fälle von Herstellung, Verbreitung, Erwerb und Besitz sogenannter kinderpornografischer Inhalte ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich angestiegen und erreichte im Berichtsjahr 2023 mit 45.191 Fällen einen neuen Höchstwert (plus 7,4 Prozent). Seit dem Jahr 2019 haben sich die Fallzahlen damit mehr als verdreifacht. 

Die vom Gesetzgeber verwendeten Begriffe Kinder- und Jugendpornografie sind wegen Unklarheit und Verharmlosung umstritten.

Ein besonders starker Anstieg ist bei Inhalten festzustellen, die sexualisierte Gewalt gegen Jugendliche zeigen. Diese sind im Jahr 2023 um rund 31 Prozent auf 8.851 bekannt gewordene Fälle gestiegen. Auffällig ist, dass die Tatverdächtigen in vielen Fällen selbst minderjährig sind (bei kinderpornografischen Inhalten: 38 Prozent; bei jugendpornografischen Inhalten: 49,5 Prozent).

Um zu verhindern, dass beispielsweise Eltern oder Lehrkräfte, die Kindesmissbrauch dokumentieren, strafrechtlich verfolgt werden müssen, senkte die Ampelregierung im Mai das Mindeststrafmaß für die Verbreitung entsprechenden Bildmaterials. An der auf zehn Jahre angehobenen Höchststrafe änderte sich durch die neuerliche Reform nichts.