Eine Vermutung und eine Warnung vorab. Die Vermutung: Ihre Tastatur ist ziemlich wahrscheinlich ziemlich schlecht. Zu laut, zu unbequem, zu hässlich. Die Warnung: Wer anfängt, sich ernsthaft mit Tastaturen zu beschäftigen, kann einen sehr tiefen Kaninchenbau aufstoßen – und einen sehr teuren. In der Szene ist es ein Running Gag, in sozialen Medien so etwas zu posten wie: "Seit ich mich mit mechanischen Tastaturen beschäftige, hat mich meine Frau verlassen, die Regierung mein Haus weggenommen – aber verdammt, fühlt sich das Tippen sanft an."

Wer sich für Tastaturen jenseits dessen interessiert, was in Laptops verbaut ist oder mit dem Büro-PC mitgeliefert wird, meint damit eigentlich immer mechanische Tastaturen. Die Bezeichnung bezieht sich auf die Schalter, die unter den Tasten liegen. Solche Tastaturen sind in den vergangenen Jahren zu einem Hobby mit einer großen Community geworden, der entsprechende Subreddit hat 1,3 Millionen Mitglieder, ähnlich viele schauen sich die beliebtesten YouTube-Videos zum Thema an. Was fasziniert Menschen so daran – und wie startet man selbst damit?

Auf der Jagd nach dem Thock

Das Video, das eine entscheidende Rolle beim Hype um mechanische Tastaturen gespielt hat, ist bereits sechs Jahre alt. Dennoch erklärt es in gut einmütiger Schlichtheit sehr gut, warum Menschen sich selbst eine Tastatur bauen wollen.

Dieses schwer zu beschreibende Geräusch, dieses gut geölte Klackern, ist für Keyboard-Enthusiasten wie Musik, sie nennen es thock. Es ist auch der Grund, warum es vollkommen unironisch das YouTube-Genre "mechanical keyboard asmr" gibt, quasi Tastaturgeräusche zum Entspannen.

Wenn Sie an einem Computer mit Tastatur sitzen, tippen Sie mal ein wenig: Wie klingt Ihre Tastatur im Vergleich zu der in dem Video? Vermutlich klappert sie viel mehr, klingt eher höher und mehr nach Plastik. Das liegt daran, dass moderne Tastaturen meist sogenannte Rubber Domes benutzen, Silikonglocken, die unter jeder Taste liegen und so für die beim Tippen nötige Gegenkraft sorgen. Weil diese Tastaturen günstig herzustellen sind, wurden sie im Laufe der Neunziger zum Standard.

Vielleicht erinnern Sie sich aber auch noch an die Tastaturen davor: Sie waren meist Rentner-Beige, von Cherry hergestellt und wesentlich lauter als Ihre heutige Tastatur. Hier lagen unter den Tasten mechanische Schalter (switches). Sie sorgen für ein besonderes Tippgefühl sowie eine geringe Eingabeverzögerung und sie halten lange. Das wollen auch moderne mechanische Tastaturen erreichen – und noch übertreffen.

Alles lässt sich anpassen

Mechanische Tastaturen sind meist custom keyboards, also auf die Wünsche des Nutzers maßgeschneidert. Dadurch wird die eigene Tastatur vom schnöden Plastikteil zum individuellen Einrichtungsgegenstand. Sie bestehen im Wesentlichen aus sechs Teilen: Gehäuse, PCB (printed circuit board, Leiterplatte), Deckplatte, Stabilisatoren, Schalter und Tastenkappen. Was die Teile im Detail machen, lesen Sie im Infokasten.

Unter der Leertaste sitzt in der Mitte der Switch, links und rechts die Stabilizer. © Henrik Oerding/​ZEIT ONLINE

Das Wichtigste ist: Bei mechanischen Tastaturen kann sowohl das Aussehen als auch das Tippgefühl auf die Wünsche der Nutzerin angepasst werden. Tippen Sie gerne leise, mit wenig Widerstand und ihre Tastatur soll wie in einem Zen-Garten aussehen? Das geht. Sind Sie Gamer und wollen eine minimale Eingabeverzögerung, hohe Präzision und fette RGB-Beleuchtung? Kein Problem. Wollen Sie einfach nur eine Tastatur, die schöner und besser ist als ihr aktueller Büro-Plastikbomber? Nichts einfacher als das.