Spitzenverbände der deutschen Medien- und Werbewirtschaft werfen Apple wegen seiner neuen Funktion App Tracking Transparency (ATT) unfairen Wettbewerb vor. Der Grund: Auf dem iPhone und iPad werden Apps künftig die Nutzerinnen und Nutzer um Erlaubnis fragen müssen, wenn sie für Werbezwecke ihr Verhalten nachverfolgen wollen. Da viele dies ablehnen dürften, bangen diverse Anbieter um ihr Werbegeschäft. Nun reichten acht Verbände eine Missbrauchsbeschwerde beim Bundeskartellamt ein.

Die Verbände kritisieren, dass die App-Anbieter den Usern dabei "nach den Vorgaben von Apple erläutern, warum sie sie tracken wollen". Apps ohne ATT-Funktion will Apple demnach nicht mehr genehmigen. Gleichzeitig nehme Apple seine eigenen Dienste jedoch von den geplanten Änderungen aus und sammle selbst erhebliche Mengen Nutzerdaten. Dazu hieß es vom US-Unternehmen: "Diese Regeln gelten für alle Entwickler gleichermaßen – auch für Apple."

"Wir glauben, dass Privatsphäre ein grundlegendes Menschenrecht ist", teilte Apple in Reaktion auf die Beschwerde mit. Die Daten gehörten den Nutzern und Nutzerinnen, "und sie sollten selbst entscheiden können, wie ihre Daten verwendet werden und von wem". Man habe Unterstützung von Behörden und Datenschützern für die Funktion bekommen.

Die neuen Regeln greifen mit der nächsten Version des iPhone-Betriebssystems – iOS 14.5. Damit App-Anbieter eine Nutzerin zur Personalisierung der Werbung erkennen können, haben Apple-Geräte eine spezielle Kennnummer, die IDFA. Künftig werden App-Anbieter die Nutzer ausdrücklich um Erlaubnis fragen müssen, wenn sie auf diese ID zugreifen wollen. Branchenbeobachter gehen davon aus, dass viele Nutzer das Tracking zu Werbezwecken ablehnen werden.

Verbände argumentieren mit Medienvielfalt

Die Beschwerde reichten unter anderem der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft ZAW, die Organisation der Mediaagenturen OMG, der Markenverband sowie die Verlegerverbände BDZV und VDZ ein. "Wir schauen sie uns jetzt erst einmal an", sagte ein Sprecher des Bundeskartellamts.

Die deutschen Verbände argumentieren, "der von Apple vorgegebene Informationsgehalt der Erklärung sei so oberflächlich gehalten, dass App-Entwickler ihre Nutzer nicht ausreichend über die Zwecke der Datenverarbeitung aufklären können". Der Werbewirtschaft werde der Zugriff auf wettbewerbsrelevante Daten in unzulässiger Weise erschwert. Dies sei aufgrund der europäischen Datenschutzvorgaben nicht notwendig und gefährde gleichzeitig die Medienvielfalt. Zudem würden ersten Markterhebungen zufolge die Werbeeinnahmen der App-Entwickler signifikant sinken und damit gerade kleinere Anbieter in ihrer Existenz bedroht.

Spannungen auch mit Facebook

Apple hatte das neue Verfahren bereits im vergangenen Sommer angekündigt – die Umsetzung aber aufgeschoben, um den App-Anbietern Zeit für die Umstellung zu geben. Die Regeln gelten neben dem iPhone auch auf iPads und der Fernsehbox Apple TV – aber nicht auf Mac-Computern.

In den USA hat Apples Schritt bereits Spannungen zwischen dem iPhone-Konzern und Facebook geschürt. Auch andere große Firmen wie Google sind stark vom Geschäft mit digitaler Werbung abhängig. Die Macher von Snapchat begrüßten dagegen die Änderungen und kündigten an, sich daran anpassen zu wollen.

In Frankreich waren Werbeverbände mit einer ähnlichen Wettbewerbsbeschwerde gegen Apple vorerst gescheitert. Die dortigen Wettbewerbshüter wiesen jüngst eine Anfrage von Werbeverbänden zurück, die ein Aussetzen der Regeln erreichen wollten. Es war die erste Entscheidung in Europa in einem solchen Fall.