Abgerundet, aufgeräumt, puristisch: Apple stand mit seinen Geräten jahrzehntelang für eine Welt ohne Chaos. Doch im Pandemiejahr 2020 gelingt es nicht einmal dem wertvollsten Unternehmen der Welt, Normalität vorzugaukeln.

Das Septemberevent des Unternehmens muss in diesem Jahr ohne große Bühne auskommen. In einer Videoaufzeichnung, die am Dienstagmorgen kalifornischer Ortszeit ausgestrahlt wurde, läuft Tim Cook an endlos vielen bodenlangen Fenstern der Apple-Firmenzentrale in Cupertino entlang und spricht über die schweren Zeiten, die Herausforderungen, vor die Covid-19 die Menschen weltweit stellt. Ach so, und natürlich darüber, wie erfreulich es sei, dass Apples Produkte Menschen dabei helfen konnten, zusammenzukommen und weiterzumachen.  

Denn: Auch wenn in Kalifornien verheerende Waldbrände stattfinden und immer noch diese weltweite Pandemie wütet: Die Show muss weitergehen. Da ist ein Weihnachtsgeschäft zu stemmen, und natürlich: Wer im Homeoffice ist oder sich Covid-19-bedingt ins Private zurückziehen musste, der mag darüber nachdenken, gadgetmäßig aufzurüsten. Also die, die sich das leisten können. 

Keine drei Minuten ist die Präsentation alt, da spoilerte Cook bereits: Apple werde heute vor allem Neuerungen bei der Apple Watch und den iPads vorstellen. Was allen Spekulationen im Vorfeld recht gab: Um das neue iPhone 12, die erste Generation 5G-fähiger Apple-Smartphones, würde es an diesem Tag nicht gehen. Zeit, darüber nachzudenken, blieb keine. Apple präsentierte in einer Stunde voller Einspieler, wilder Kamerafahrten durch alle Stockwerke seiner Zentrale, mit Dutzenden Testimonials und Mitarbeiterinnen, was es stattdessen an Neuerungen zu bieten hatte. 

Auf einmal ganz schön bunt hier: Die Apple Watch Series

Direkt an den Anfang seines Events setzte Apple seine neue Apple Watch Series 6, erneut mit einem starken Fokus auf Gesundheits- und Fitnessoptionen. Genau die hatten die Apple Watch in der Vergangenheit so erfolgreich gemacht. Jetzt ist das große neue Feature, mit dem diese Generation der Uhren verkauft werden soll, dass sie Sauerstoffgehalt im Blut erkennen können sollen. Und im Zweifelsfall anzeigen, wenn es dort einen Mangel gibt. Oder um zu zeigen, wie fit jemand ist. 

Die neue Generation Apple Watches kostet künftig mindestens 418 Euro und ist auch in für Apple überraschend kräftigen Farbtönen wie rot und blau erhältlich. Das Always-On Retina Display wurde verbessert, das Ziffernblatt soll draußen unter Sonneneinstrahlung besser erkennbar sein. Auch die Höhenmessung soll besser funktionieren und ein Dual-Core-Prozessor basierend auf dem A13-Bionic-Chip soll die Leistung verbessern und die Akkulaufzeit verlängern. 

Wie schon beim iPhone hat sich Apple dazu entschieden, eine preiswertere Reihe aufzulegen: Mit einer abgespeckten Variante, der Apple Watch SE ab 291 Euro, versucht das Unternehmen offenkundig, neue Kundenkreise zu erreichen. 

Über Neuerungen im Betriebssystem watchOS 7, das sowohl auf der Series 6 als auch auf der Apple Watch SE läuft, können Schlaf und – auch hier wieder Covid-19-bedingt – korrektes Händewaschen von der Uhr erfasst werden. 

Außerdem können Minderjährige ohne eigene iPhones ihre Apple Watches über Familienmitglieder konfigurieren lassen. Das bringt einerseits neue Kunden. Andererseits bietet es neue Möglichkeiten, die Kommunikation der eigenen Kinder zu beschränken und ihren Standort zu orten, was zumindest befremdlich wirken könnte.