Aotearoa Neuseeland und der Wein – eine Liaison, die schon immer das Potenzial hatte, eine Erfolgsgeschichte zu werden. Inzwischen schöpft der Inselstaat seine Möglichkeiten voll aus: Aotearoa Neuseeland ist, gemessen an der Ausfuhrsumme, der sechstgrößte Weinexporteur der Welt, obwohl es nur ein Prozent der weltweiten Weinproduktion beisteuert. Neuseeländische Erzeugnisse räumen bei internationalen Verkostungen regelmäßig Preise ab. Zugleich gibt es viele Boutique-Weingüter, deren Produkte gar nicht auf dem Weltmarkt erhältlich sind – man muss sie vor Ort entdecken. Noch bis in die 1970er-Jahre war eine solch lebendige Weinszene in dem südpazifischen Land kaum denkbar, trotz der günstigen klimatischen Bedingungen und hervorragender Terroirs. Erst der vermehrte Anbau von französischen Rebsorten in den 1980er-Jahren bereitete dem heutigen Boom den Boden.

Hin im Herbst – oder im Frühling

Aushängeschild des neuseeländischen Weinbaus sind die oft gerühmten Sauvignon Blancs, doch Aotearoa Neuseeland hat einiges mehr zu bieten. Es ist ein wahres Eldorado für Weingenießerinnen und Weingenießer, die entlang einer Rundreise vom Norden in den Süden des Landes besonders eindrucksvolle Weingüter und viele Naturschauplätze besuchen können. Dass Aotearoa Neuseeland aufgrund seiner kompakten Größe – das Land ist nur etwas größer als Großbritannien – leicht zu bereisen ist (mehr Reisetipps unten), ist hier ein echter Vorteil. Als Reisezeit empfiehlt sich der deutsche Frühling und Herbst, wenn in Aotearoa Neuseeland umgekehrt Herbst beziehungsweise Frühling ist. In der Nebensaison sind die Temperaturen mild, die Preise moderater, und weniger Touristinnen und Touristen erkunden das Land. 

Naturgemäß gibt es viele denkbare Reiserouten durch die neun Weinbaugebiete, die sich alle im Osten des Landes und nicht weiter als 50 Kilometer von der Küste entfernt befinden. Für eine dreiwöchige Tour empfehlen sich folgende vier Stationen:


1. Auckland und Waiheke Island

Die Weintour startet in Auckland, mit mehr als einer Million Einwohnerinnen und Einwohnern die größte Stadt in Aotearoa Neuseeland. Sie liegt im Norden der Nordinsel, das Klima ist hier noch subtropisch. 

Die Region Auckland bringt einige der höchstwertigen Weine des Landes hervor. Dazu zählen zum Beispiel die Bordeaux Blends von Waiheke Island. Die gerade einmal 92 Quadratkilometer große Insel beherbergt 30 Weingüter und ist von Auckland aus in 40 Minuten mit der Fähre zu erreichen. Cabernet Sauvignon und Merlot finden hier günstige Bedingungen vor und werden mit Cabernet Franc, Malbec oder Petit Verdot verschnitten. Stellvertretend für die Qualität der Waiheke-Rotweine steht das Weingut Destiny Bay, das 2021 zu Neuseelands Weingut des Jahres gekürt wurde. Ebenfalls einen Besuch wert ist die Batch Winery, das höchstgelegene Weingut der Insel. Von hier genießt man einen weiten Ausblick von Coromandel bis Auckland sowie Seafood und Wagyu-Rind im zugehörigen Restaurant. 

Kunstsinnige Weinfreundinnen und Weinfreunde planen von Auckland aus einen Tagestrip zu Brick Bay Wines. Das nachhaltig arbeitende Weingut liegt eine Autostunde nördlich der Stadt und kombiniert Boutique-Weine mit einer Ausstellung von zeitgenössischen Skulpturen – und das mitten in ursprünglicher Natur. 

2. Hawke’s Bay

Die nächste Station der Weintour liegt an der Ostküste der Nordinsel, etwa fünfeinhalb Autostunden von Auckland entfernt. Hawke’s Bay ist die älteste Weinregion in Aotearoa Neuseeland und wurde 2023 in die Riege der "Great Wine Capitals of the World" aufgenommen. Dazu gehören auch das Bordeaux und Napa Valley. Hawke’s Bay zeichnet sich durch unterschiedliche Böden aus, die eine entsprechende Vielfalt an Weinen hervorbringt. 

Besondere Aufmerksamkeit verdienen die Syrahs, die das Zeug dazu haben, dem Pinot Noir den Rang als Aotearoas wichtigste rote Rebsorte streitig zu machen. Mit den opulenten Shiraz-Weinen der australischen Nachbarn haben die neuseeländischen Vertreter dabei wenig zu tun. Vielmehr erinnern sie an filigrane Tropfen von der Rhône. 

In Hawke’s Bay gibt es mehr als 100 Weinproduzenten, von denen viele einen Besuch wert sind. So wurde die Mission Estate Winery 1851 gegründet und ist Aotearoa Neuseelands älteste Kellerei. Neben spannenden Weinen hat das Weingut auch internationale Konzerte im Programm. Nicht zu verpassen ist der Champagner-Sonnenuntergang auf dem malerischen Te Mata Peak. Einen Vertreter der angesprochenen Syrahs verkostet man bei Elephant Hill an der Te Awanga-Küste. Die deutsche Familie Weiss produziert hier seit Beginn der 2000er-Jahre handwerklich herausragende Weiß- und Rotweine, darunter den Airavata Syrah, das Flaggschiff der Linie. 

3. Marlborough

Von der Te Awanga-Küste aus fährt man mit dem Auto etwa vier Stunden bis nach Wellington. Die Hauptstadt liegt im Süden der Nordinsel und ist über Fährverbindungen mit Picton auf der Südinsel verbunden. Von Picton aus braucht es nur eine halbe Stunde, um in Aotearoa Neuseelands größtes und bekanntestes Weinbaugebiet zu gelangen: Marlborough. Etwa drei Viertel der neuseeländischen Weinproduktion stammen von hier. Der Großteil der Anbaufläche ist dem Sauvignon Blanc gewidmet, dem Exportschlager Nummer eins. 

In den vergangenen Jahrzehnten haben sich unterschiedliche Stile herausgebildet. Das Weingut Cloudy Bay, ein Pionier des neuseeländischen Weinbaus, steht dabei für einen Sauvignon Blanc, der Fans auf aller Welt gefunden hat: Er kombiniert intensive Aromen von exotischen Früchten mit Noten von frisch gemähtem Gras. Besonders mondän lassen sich die Cloudy-Bay-Weine auf einer Segelyacht verkosten. Das Weingut liegt an der Ostküste und veranstaltet eigene Segeltouren. Einen interessanten Kontrapunkt bietet Terra Vin, eine dreiviertel Stunde von Cloudy Bay entfernt. Das Weingut ist unter Kennerinnen und Kennern geschätzt für Sauvignon Blancs, die das Terroir der Region besonders pur zum Ausdruck bringen. Bestes Beispiel ist der "Te Ahu", was auf Māori so viel bedeutet wie "der neue Weg". 

Zuletzt ein Geheimtipp: Unbedingt Schaumweine der Méthode Marlborough probieren – vorzugsweise zu den überall erhältlichen frischen Meeresfrüchten. 

4. Central Otago

Die letzte Destination auf der Weintour ist Central Otago, etwa zehn Autostunden südlich von Marlborough gelegen. Wer die Strecke nicht in einer Tour fahren möchte, kann auf halbem Wege einen Zwischenstopp in Christchurch einlegen, der größten Stadt der Südinsel. Central Otago ist die südlichste Weinregion der Welt und besticht mit historischen Städtchen und hervorragenden Pinot Noirs. Die anspruchsvolle Traube aus dem Burgund ist nach Sauvignon Blanc die zweitwichtigste Rebsorte für die neuseeländische Weinindustrie. In Central Otago wird sie erst seit 35 Jahren kommerziell zu Wein verarbeitet, fühlt sich in dem kühlen, pazifischen Klima aber äußerst wohl. 

Im Herzen der Region liegt Felton Road Wines, ein vielfach ausgezeichnetes Weingut, das zu den Stars der Szene gehört. Felton Road ist demeter-zertifiziert und arbeitet im Weinkeller puristisch: so wenig eingreifen wie möglich, damit die Trauben ihr natürliches Potenzial entfalten. So entstehen Pinot Noirs, die zu den besten in Aotearoa Neuseeland gehören. Eine halbe Autostunde südlich liegt Black Ridge Vineyard, die südlichste Weinkellerei der Welt. Hier gibt es von Hand gemachte Pinot Noirs mit Blick über das Alexandra-Becken, das die historische Stadt Alexandra umschließt. Einst kamen die Menschen hier her, um Gold zu finden – heute werden die Schätze der Region in Flaschen abgefüllt und verkorkt. 

Die Weintour durch Aotearoa Neuseeland endet in Queenstown, eine gute Autostunde von Black Ridge Vineyard entfernt. Hier lässt sich noch einmal die vielfältige Küche der Region kosten, die die französische, italienische und indische Küche mit regionalen Einflüssen fusioniert. Nach etwa drei Wochen voller Weinentdeckungen und kulinarischem Genuss geht es zurück nach Auckland. Der Rückflug von Queenstown braucht gerade einmal zwei Stunden. Genug Zeit, um die reichen Eindrücke Revue passieren zu lassen. 

Unterwegs in Aotearoa Neuseeland

Der Großteil der Weingüter Aotearoa Neuseelands liegt auf den beiden großen Hauptinseln. Die Anbieter Bluebridge und Interislander bieten regelmäßige Fährverbindungen zwischen Nord- und Südinsel an. Dank des gut ausgebauten Straßennetzes lassen sich die meisten Destinationen bequem per Auto oder Camper ansteuern. Wer nicht selbst fahren möchte, kann mit InterCity-Bussen und anderen Transportanbietern die wichtigsten Städte und Regionen erreichen. Aotearoa Neuseeland verfügt zudem über Dutzende inländische Flughäfen sowie Eisenbahnverkehr auf drei Fern- und zwei Regionalstrecken.

Mehr über die Weinregionen Neuseelands erfahren Sie hier.

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