Mit Hündchen an der Leine, knallgelbem T-Shirt und gleichfarbigem Hundekotsäckchen in der Hand läuft Monika Völker, 71, die Leipziger Karl-Heine-Straße hinunter. Sie, ursprünglich aus Sachsen-Anhalt und gelernte Dreherin, habe sich im alten Industrieviertel gleich wohlgefühlt, als sie vor zwanzig Jahren hergezogen sei. Aber dann, so erzählt sie, sei ihre Nachbarschaft zu einem Szeneviertel geworden. Heute reiht sich Kneipe an Café an Kneipe.

Völker schätzt, was ihr Kiez zu bieten hat. Und doch, sagt sie: "Manche Tage isset 'n bisschen viel." Die lauten Partys, der ganze Müll. "Hier wohnen ja auch noch alte Leute und Schichtarbeiter."

Kaum ein Ort in Deutschland hat je einen solchen Hype erfahren wie Leipzig, das sich damit auch den Namen "Hypezig" erwarb. Man traut sich fast gar nicht, vom "neuen Berlin" zu schreiben, so oft wie der Vergleich schon gemacht wurde. Die New York Times jedenfalls beschrieb die Stadt 2020 als "cool-kid town" und zählte sie zu den 52 Orten auf der Welt, die man besuchen sollte.

Nur: Die Coolness hat eine Kehrseite. Laut einer Umfrage von 2023 ist die Zufriedenheit der Leipzigerinnen und Leipziger zuletzt deutlich zurückgegangen. Wachsende Wohn- und Lebenshaltungskosten lösten demnach die größten Ängste aus. Die Mieten sind stark gestiegen, liegen heute ein Drittel höher als 2019.

Dagegen will die Stadt etwas tun. Sie hat Ferienwohnungen ins Visier genommen, die ja den sowieso schon raren Wohnraum weiter verknappen. Künftig soll man – im Regelfall und sofern der Stadtrat im August für die neue Vorschrift stimmt – maximal zwölf Wochen im Jahr die eigene Wohnung vermieten dürfen, höchstens zwölf Monate lang soll sie leer stehen dürfen. Das kommerzielle Vermieten an Touristen, das Spekulieren mit leerstehenden Wohnungen: klassische Probleme, die inzwischen vielerorts Leute auf die Straße bringen. Am vergangenen Wochenende erst gab es in Barcelona Demonstrationen, Touristen wurden mit Wasserpistolen bespritzt.

Und in Leipzig? Glauben die Leute hier, dass die neuen Vorschriften helfen? Oder denken sie, dass der Hype eh schon zu viel zerstört hat, dass Leipzig auf dem Weg ist, eine ganz normale Metropole zu werden mit ganz normalen Metropolproblemen?

Bernd Humme, 61, sitzt rauchend auf den Treppen vor der Schaubühne, einem alten Ballhaus an der Karl-Heine-Straße. "Nimmt ganz schön zu mit den Rollkoffern", sagt er. Ein großer Teil der Leute auf der Straße spreche hier inzwischen eher Englisch als Deutsch. Ja, sagt er, gut, dass die Stadt mehr regulieren wolle. Gegen Airbnb habe er zwar nichts, er nutze es selbst gern, im Urlaub auf Kreta. Aber dort, auf der Insel, wohne inzwischen kaum mehr jemand dauerhaft, nur noch Touristen. "So soll das hier nicht werden."

Die Ecke hier, in der Humme lebt, ist ein Hotspot für Ferienwohnungen mit etlichen Angeboten bei Airbnb. Preis pro Nacht: bis zu 339 Euro. Hochglanzfotos zeigen geölte Holzböden, sonnige Balkone, Kunst an den Wänden. Weniger sieht es nach dem aus, was Airbnb ursprünglich sein sollte: eine Vermittlungsplattform zwischen privaten Gastgebern und Gästen.

Letzteres hat in Leipzig Tradition. Schon zu DDR-Zeiten, wenn zur Buchmesse die Leute in die Stadt strömten, machten Leipzigerinnen in ihren Wohnungen Platz. "Messe-Muttis", so nannte man diese Privatvermieterinnen.

Die Messe-Mutti von heute heißt zum Beispiel Zeina, ist Mitte 20 und sitzt auf einer Bierbank vor dem "Crazy Orientalischen Grill Kebab" in der Eisenbahnstraße. Hierhin, in den Leipziger Osten, ziehen viele hippe junge Leute, man kann die Gentrifizierung in Echtzeit beobachten. "Während der Buchmesse haben wir unsere gesamte Dreier-WG vermietet", erzählt sie. Man könne damit gutes Geld machen. Die neue Vorschrift sieht Zeina kritisch. Sie ist generell kein Fan von Regeln und vermutet dahinter die Missgunst eines Staates, der sich zu viel einmischt in Privatangelegenheiten.

Wobei die Regelung ja eigentlich kein allzu drastischer Eingriff ist. Was man auch daran sieht, dass selbst diejenigen, die als Gäste betroffen sind, kein Problem mit ihr haben. Ein Stuttgarter Paar, das immer mal wieder in Leipzig Urlaub macht und gerade eine Wohnung im Stadtteil Connewitz mietet, heißt den Plan gut. Die Stadt müsse erst mal gucken, dass es ihren Bewohnern gut gehe, sagt Sabrina Willmann, 35, Versicherungskauffrau. "Wir können ja auch ins Hotel gehen." Leipzig findet sie "angenehm unaufgeregt". Aber: "Die Preise für einen Cappuccino sind mittlerweile genauso wie bei uns in Stuttgart."

Wenn selbst die Touristen so reflektiert sind, wenn die allermeisten Einwohner hier auch die Regelung gut finden, dann bleibt noch die Frage, ob sie tatsächlich etwas ändern wird.

Frieda Blumenberg, eine 23-jährige Studentin, glaubt daran nicht. Die Leipziger würden kaum etwas davon mitkriegen, die Stadt müsse eher gegen "Immobilienhaie" vorgehen, bezahlbaren Wohnraum schaffen. "Wenn Leipzig ein Aquarium ist, dann sind selbst kommerzielle Airbnb-Vermieter ganz bestimmt nicht die großen Fische."