Schwarz-Grün im Bund – selten schien eine Koalition zugleich so undenkbar und so wahrscheinlich. Das Verhältnis zwischen Union und Grünen hat allein im letzten Jahr dermaßen viele Temperaturschwankungen erlebt – von "Hauptgegner" bis "Kann man machen, sollte man machen" –, dass verblüffend offen ist, was bei der nächsten Bundestagswahl möglich ist und was nicht. Die Differenzen zwischen beiden Parteien mögen so groß sein wie selten zuvor – der Zwang, sich zusammenzutun, ist es aber auch.

Dabei ist klar: Die Zeiten, in denen Schwarz-Grün den funkelnden Nimbus eines "Projekts" hatte, sind vorbei. Die Hoffnung hat sich verflüchtigt, dieses Bündnis könne die Gräben zuschütten, die 1968 aufgerissen hat, Milieus versöhnen, die sich fremd sind, und vor allem mit dem Klimaschutz eine Menschheitsaufgabe bewältigen, an der eine einzelne Partei nur scheitern kann. Zum vielleicht letzten Mal begegnete man diesen Ambitionen in Wolfgang Schäubles kürzlich veröffentlichten Memoiren. "Ich galt als Schwarz-Grüner", hatte der verstorbene CDU-Präside noch mit dem Stolz des Avantgardisten über sich gesagt. Niemand aus der aktuellen Parteispitze der CDU würde sich heute noch so nennen.