Ein junger Mann guckt grimmig in die Kamera, sein schwarzes T-Shirt mit V-Ausschnitt spannt bedrohlich, über seinem Betonscheitel prangen die Worte: "Wieso Frauen nichts von Dir wollen." Ein Klick weiter, und schon erklärt er mir, dass ich bloß ein Betamann sei; zurückhaltend, unsicher, schwach. Dann die Verheißung: Der Weg sei hart, doch mit seinem Online-Seminar könne ich in kürzester Zeit vom Beta- zum Alphamann graduieren. Lange zögere ich nicht. Meine Maskulinität und ich begeben uns auf die Heldenreise.

Natürlich lege ich mein Schicksal nicht in die Hände eines dahergelaufenen YouTube-Coaches. Ich will vom Besten der Besten lernen, der Heilsfigur präpotenter Männlichkeit: Andrew Tate. Der ehemalige Kickboxweltmeister und Webcamzuhälter verdient seinen Lebensunterhalt mittlerweile mit Online-Kursen. Selbst als er in Rumänien wegen Menschenhandels und Vergewaltigungsvorwürfen in Untersuchungshaft saß, konnte man sich von ihm auf cobratate.com in die Mysterien des Alphadaseins einführen lassen – worüber er zu zweifelhafter Berühmtheit gekommen ist. Kaum öffne ich die Website, werde ich von einem Chatfenster begrüßt. Drei Gesprächspartner bieten sich mir an, mit Profilbildern von Friedrich dem Großen, Augustus und Neo, dem Protagonisten der Matrix-Filme, versehen. Sie alle weisen ostentativ darauf hin, dass sie keine Chat-Bots sind. Na ja. Lieber möchte ich vom Großmeister selbst lernen; für schlappe 50 Dollar melde ich mich bei seiner "Hustlers University" an.