Zum ersten Mal seit dem 13. Februar 1970 besucht Josef Wilfling wieder den Ort, an dem er seine ersten Toten sah. Im Münchner Glockenbachviertel, zwischen Holzschmuckgeschäften und Secondhand-Möbelläden, biegt er in einen Hauseingang ein.

Wilfling ist heute 73 Jahre alt, damals war er ein junger Bereitschaftspolizist. Er und seine Kollegen waren gerufen worden, weil es im Gemeindehaus der Israelitischen Kultusgemeinde brannte. In den oberen Stockwerken befand sich ein Altenheim, im Hinterhof die Münchner Hauptsynagoge. Im Treppenhaus des Gemeindehauses entdeckten Wilflings Kollegen einen Kanister; offenbar hatte jemand das Feuer gelegt. Die ganze Nacht über war Wilfling am Ort. Am nächsten Morgen führte er einen alten Rabbiner durch das Gebäude, in dem er nun wieder steht und sagt: "Hier lagen die Toten. Sie sahen aus wie abgebrannte Streichhölzer."