Gute 35 Jahre bin ich in diesem Haus. Kürzlich habe ich meinen 70. Geburtstag gefeiert. Jetzt wird auch die ZEIT 70. In ihr und mit ihr habe ich mein halbes Leben verbracht. Ich staune, ich erschrecke darüber, und ich muss an Thomas Manns Roman Joseph und seine Brüder denken, den ich bis heute nicht bis ans Ende zu lesen vermochte und dessen berühmter Anfang lautet: "Tief ist der Brunnen der Vergangenheit. Sollte man ihn nicht unergründlich nennen?"

Unergründlich ist er nicht, aber fürchterlich tief dann doch. Es kommt mir vor, als sei der Wandel total, das Bleibende gering. Allerdings kann eine Zeitung nur dann reüssieren, wenn sie auf der Höhe ihrer Zeit bleibt, und diese Redaktion kann von Glück sagen, dass ihr das immer wieder gelungen ist. Die politischen Verhältnisse, die ökonomischen Bedingungen, die Lebens- und Umgangsformen haben sich rasant verändert. Auch die ZEIT hat sich verändert, andernfalls gäbe es sie wohl nicht mehr. Ich war – willentlich, unwillentlich – Teil dieser Geschichte.