Damit war die habituelle Blindheit jener Juristen gemeint, die das Leben be- und verurteilen, ohne es zu kennen. Und es war gesagt, im traditionellen rechtsstaatlichen liberalen Misstrauen gegenüber dem staatlichen Machtapparat, der sich auch (und gerade) denen gegenüber ins Unrecht setzen kann, die selber Unrecht begangen haben. Das war also die andere Seite der Konzentration auf den Täter, die unser Strafrecht seit langem bestimmt. Heute würde mich Gerd Bucerius fragen: "Ist in ihrer Familie schon jemand ermordet worden?"

Denn in der Tat, heute denken wir immer mehr auch an die Opfer. Merkwürdig, als der weiland oberste Fernsehfahnder Zimmermann seinen "Weißen Ring" anschob, der den Opfern von Verbrechen in einer Umwelt helfen wollte, die sich angeblich immer nur höchst besorgt über die Seelenverkrümmung von Tätern beugte, da hielten viele von uns liberalen Justizkritikern dies für eine ziemlich reaktionäre Angelegenheit. Wie falsch lagen wir? Und weshalb hat sich etwas geändert?