Reiseverhalten Immer teurer, andere Ziele: So hat sich das Reiseverhalten der Deutschen verändert

Ab in die Sonne: Pauschalreisen werden immer beliebter. Quelle: imago images

Den Deutschen ist ihr Urlaub sehr wichtig. Dafür geben sie auch immer mehr Geld aus. Diese sechs Grafiken zeigen, wie die Deutschen am liebsten reisen.

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Ob Strandurlaub in der Türkei, Sightseeing-Tour in Tokio oder Wanderurlaub in den Schweizer Bergen: Den Deutschen ist ihr Urlaub sehr wichtig. Laut einer aktuellen Analyse der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen e.V. steht die Auszeit bei den Konsumprioritäten der Deutschen bereits auf Platz zwei, davor landen nur die Ausgaben für Lebensmittel.

„Urlaubsreisen sind den Deutschen ziemlich heilig“, sagt Julian Reif, stellvertretender Direktor des Deutschen Institut für Tourismusforschung. Vor allem nach der Pandemie neigten manche Urlauber zum sogenannten „Revenge Travel“, sprich: Sie wollen die Zeit, in der sie wegen der Coronaregeln nicht verreisen konnten, aufholen. Doch wie verbringen die Deutschen ihren Urlaub im Jahr 2024? Wie viel Geld wird investiert und wie wird die Auszeit genutzt? Die wichtigsten Zahlen und Fakten im Überblick.

Die Deutschen sind Couch-Bucher

Der durchschnittliche deutsche Urlauber startet meist mit einer Online-Buchung bequem von zu Hause. Booking.com ist laut einer Umfrage von Statista Consumer Insights das beliebteste Portal, um Unterkünfte zu buchen. TUI ist der beliebteste Anbieter für Pauschalreisen. Laut der Reiseanalyse der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen haben Buchungen im persönlichen Kontakt, also zum Beispiel in einem Reisebüro, im Vergleich zu 2022 weiter abgenommen.



Willkommen im Pauschalreisegürtel

Pauschalreisen werden dabei immer beliebter und sind auch 2024 die bevorzugte Art der Deutschen, ihren Urlaub zu verbringen. Der Trend geht dabei weg von einzelnen Buchungen, hin zu Baukastenreisen.

Das hängt auch mit den führenden Reisezielen zusammen. „Es gibt einen charmanten Begriff aus der Reiseanalyse: der Pauschalreisegürtel. Wenn man sich das auf der Karte anschaut, sind das alle Regionen um das Mittelmeer herum“, berichtet Tourismusforscher Reif. Für diese Reiseziele seien Pauschalreisen eben besonders begehrt.



Ich will wieder an die Nordsee!

Doch wo – neben der bereits genannten Mittelmeerregion – verbringen deutsche Urlauber am liebsten ihren Urlaub? Das sind die norddeutschen Küsten, jedenfalls laut der Erhebung der Stiftung für Zukunftsfragen – wobei der Anteil der addierten Auslandsreisen den der Inlandsreisen übersteigt.

Laut Daten des Instituts für Demoskopie Allensbach fuhren zwischen 2021 und 2023 knapp 16 Prozent der Deutschen an die Ost- oder Nordsee, sechs Prozent machten Urlaub in Bayern. Die beliebteste deutsche Insel ist laut den statistischen Landesämtern der norddeutschen Bundesländer Rügen.



Keine große Überraschung: Die beliebteste Urlaubsinsel der Deutschen außerhalb ihres eigenen Landes ist laut Auswertung von Check24 weiterhin Mallorca – aber auch Kreta, Fuerteventura und Gran Canaria sind beliebte Ziele. Fernreisen machen deutsche Urlauber laut Tourismusanalyse der Stiftung für Zukunftsfragen am häufigsten nach Südostasien.

Ab in den Süden?

Dabei können Urlauber im Ausland durchaus günstiger essen und übernachten als in Deutschland, zeigen Zahlen des Statistischen Bundesamtes für April 2024. Das gilt vor allem für Südeuropa: Deutsche Touristen zahlten etwa in Kroatien 18 Prozent beziehungsweise in Malta 21 Prozent weniger. Auch in noch beliebteren Destinationen wie Griechenland, Spanien oder Portugal konnten die Deutschen bei Gaststätten- und Hoteldienstleistungen sparen. In der ebenfalls oft besuchten Türkei zahlten deutsche Urlauber sogar 41 Prozent weniger als daheim. Italiens Restaurants und Hotels sind zwar unter den südeuropäischen Ländern die teuersten, waren im Frühjahr aber immer noch fünf Prozent günstiger als jene in Deutschland.



Die andere Seite der Medaille zeigt sich in Nordeuropa. Die ebenfalls beliebten skandinavischen Länder waren zum Teil deutlich teurer, zum Beispiel Dänemark mit 33 Prozent und Norwegen mit 23 Prozent. Die höchsten Preise im Vergleich zu Deutschland ruft aber ein direktes Nachbarland auf: In der Schweiz waren Hotels und Restaurants 49 Prozent teurer als in Deutschland – der Spitzenwert unter den vom Statistischen Bundesamt untersuchten Ländern.

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Flugzeug schlägt Flugscham

Wie gelangen die reisewilligen Deutschen an ihre Urlaubsziele? In Deutschland nimmt die Flugscham zu: Laut einer McKinsey-Studie gaben 45 Prozent der Befragten an, beim Fliegen ein schlechtes Gewissen zu haben, 2019 waren es noch 23 Prozent. Das scheint deutsche Urlauber trotzdem nicht davon abzuhalten, bei Urlaubsreisen vor allem das Flugzeug zu nutzen. Der Anteil der Flugreisen ist laut Umfrage der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen im Jahr 2023 um knapp fünf Prozent gestiegen, der Anteil der Reisen, die mit Auto und Wohnwagen angetreten wurden, um fünf Prozent gesunken.



Philip Griesser, Professor für Tourismusmanagement an der Internationalen Hochschule Würzburg, forscht zu Nachhaltigkeit in der Tourismusbranche: „Das Kernelement einer Reise ist ja die Reise an sich“, weiß Griesser. „Das heißt, wir müssen uns fortbewegen, um von A nach B zu kommen. An manche Orte kommt man ohne Flugzeug einfach nicht.“ Auf den Urlaub zu verzichten, sei für die meisten immer noch keine Option, in der Generation Y und Z gäbe es jedoch eine höhere Bereitschaft, Alternativen zum Flugzeug zu wählen.

Der Outdoor-Boom ist abgeflacht

Im letzten Jahr haben laut einer Umfrage mehr Deutsche ein Hotel, einen Gasthof oder eine Pension als Unterkunft gewählt als noch 2022. Der Anteil der Ferienhäuser und -wohnungen sank dafür um drei Prozent. Das Hotel bleibt somit mit Abstand die beliebteste Unterkunft der Deutschen.



Eine Erklärung dafür liefert Julian Reif: „Die Motive zu Reisen sind seit Jahren relativ konstant: Abstand vom Alltag, Entspannung, Spaß“, berichtet Reif. „Das hat sich in den letzten 25 Jahren nicht groß verändert.“ Jedoch sei es deutschen Urlaubern nach Corona wichtiger geworden, in eine fremde Kultur einzutauchen und mit Menschen vor Ort in Kontakt zu kommen. „Camping hatte während Corona einen starken Boom“, so Reif. „Der Outdoor-Boom ist jedoch wieder ein bisschen abgeflacht.“

So viel Geld wird für Urlaub ausgegeben

Noch nie wurde so viel Geld für Reisen ausgegeben wie im vergangenen Jahr. Das zeigen Zahlen der Stiftung für Zukunftsfragen zum Reisejahr 2023. Für die Haupturlaubsreise gaben die Befragten durchschnittlich 1538 Euro aus, 2022 waren es noch 181 Euro weniger. Auch die täglichen Ausgaben auf der Reise sind demnach gestiegen – durchschnittlich um 19 Prozent.



Wobei die Höhe der Ausgaben auch vom Reiseziel abhängig ist. „Deutsche Urlauber wollen nach Corona etwas erleben“, erläutert Tourismus- und Nachhaltigkeitsexperte Griesser. „Das lassen sie sich schon etwas kosten.“ Aber natürlich sei ein weiterer Faktor, dass Reisen und die damit verbundenen Aktivitäten schlicht teurer geworden sind. „Diejenigen, die reisen, reisen auch gerne und haben das Geld dafür – entsprechend geben sie dieses Geld auch aus“, erzählt Tourismusforscher Reif.

Darf's ein bisschen mehr sein?

Der Markt für Luxusreisen boomt. Der Anteil der Reisenden, die für ihren Haupturlaub und pro Person mehr als 5000 Euro ausgeben haben, hat sich laut Umfrage in den letzten zehn Jahren vervierfacht. Dieser Trend trifft vor allem auf Besserverdienende mit einem Haushaltsnettoeinkommen von über 5000 Euro im Monat zu. Von dieser Gruppe gaben 15 Prozent über 5000 Euro pro Person für ihren Urlaub aus.

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Besonders gefragt sind dabei laut Deutschem Reiseverband Flugpauschalreisen ans Mittelmeer, vornehmlich in die Türkei, nach Spanien und Griechenland, Fernreisen sowie Kreuzfahrten. Das Bedürfnis, es sich nach dem langen Verzicht auf Reisen gut gehen zu lassen, ist laut Forscher Julian Reif sehr stark. „Es gab in der Wissenschaft zwei Pole: Die einen haben gesagt 'Die Leuten haben es verstanden und reisen bewusster', die anderen 'Wenn die Coronaregeln fallen, dann ist das Konsum- und Reiseverhalten wieder wie vorher'“, erklärt er. „Leider hat die zweite Gruppe recht behalten.“

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Hinweis: Dieser Text ist erstmals im Juni 2024 erschienen. Wir haben ihn aktualisiert und zeigen ihn aufgrund des Leserinteresses erneut.

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