Immer wieder steigen und fallen Preise für Produkte und Dienstleistungen. Nicht nur ältere Generationen haben den Eindruck, „dass früher alles günstiger war“. Laut Statistischem Bundesamt sind zum Beispiel die Preise für Butter seit dem Jahr 2020 um 29,8 Prozent gestiegen. Diese Preissteigerung von Jahr zu Jahr nennt sich Inflation und ändert sich in jedem Land laufend.
Auch im Jahr 2024 ist die Inflation weiter eines der bestimmenden Themen. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie, der Ukraine-Krieg, die Energiekrise und Lieferengpässe führen zu starken Preissteigerungen – viele Produkte, darunter auch Lebensmittel, werden deutlich teurer. Ein aktueller Überblick.
Inflation: Definition, Merkmale, Folgen und Prognosen
Definition: Was ist Inflation?
Sobald Preise für eine bestimmte Anzahl von Waren und Dienstleistungen im Vorjahresvergleich steigen, gilt das als Inflation. Der Verbraucher bekommt also für das gleiche Geld weniger Waren – er verliert an Kaufkraft. Experten sprechen auch von Geldentwertung. Vielen Deutschen graut es davor, dass die Preise weiter steigen, wohingegen Volkswirte eine Inflationsrate um zwei Prozent befürworten. Denn steigende Preise gehen oft einher mit einem Wachstum für die Wirtschaft. Eine gewisse Inflationsrate ist deshalb in den Augen vieler Volkswirte notwendig, da die Wirtschaft sich bei sinkenden Preisen in der Deflation befindet und schrumpft.
In Zeiten von Unsicherheit kaufen die Verbraucher oft weniger und halten sich mit ihrem Konsum zurück. Das kann auf lange Sicht die Wirtschaft schwächen und die Arbeitslosenquote steigt. Die Inflation kann von Politik und Europäischer Zentralbank durch verschiedene Mittel gesteuert werden. In der Coronapandemie senkte die Bundesregierung beispielsweise die Mehrwertsteuer, um das Kaufverhalten anzukurbeln. Im Zuge der steigenden Inflationsraten in Deutschland und dem Rest der EU erhöhte die Europäische Zentralbank den Leitzins.
Der Leitzins gibt vor, zu welchem Kurs sich Geschäftsbanken bei den Zentralbanken Geld leihen oder anlegen können. Er dient zur Geldmarktsteuerung, also um die Wirtschaftslage, die Inflation und den Kurs von Währungen zu beeinflussen. Damit ist die Steuerung des Leitzinses eines der wichtigsten Instrumente der EZB, wenn es um den Kampf gegen die Inflation geht.
Die Entstehung der Inflation hat unterschiedliche Gründe. Zunächst können Unternehmen bei geringem Angebot aber hoher Nachfrage die Preise erhöhen. Zum anderen kann der Preis in der Produktion steigen. Das passiert beispielsweise, wenn durch die Politik der gesetzliche Mindestlohn erhöht wird oder Rohstoffe teurer werden. Öl- und Benzinpreise sind vorwiegend Ursache für eine Steigerung der Inflation.
Die Europäische Zentralbank definiert Inflation wie folgt: „Steigen die Preise von Waren und Dienstleistungen allgemein und nicht nur die Preise einzelner Produkte, so bezeichnet man dies als Inflation.“ Während also das allgemeine Preisniveau steigt, verliert das Geld an Wert.
Wie hoch ist die Inflation in Deutschland im Juni 2024?
Das Statistische Bundesamt veröffentlichte am Montag, den 1. Juli 2024, die vorläufigen Inflationszahlen für Juni. Demnach liege die Inflationsrate in Deutschland im Juni bei 2,2 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Im Mai hatte die Preissteigerung noch bei 2,4 Prozent gelegen. Für das Gesamtjahr 2023 belief sich die Inflationsrate in Deutschland auf 5,9 Prozent.
Prognose: Wie hoch fällt die Inflation in Deutschland 2024 aus?
Im laufenden Jahr wird eine spürbare Abschwächung der Inflation von Ökonomen und Forschern erwartet. Das ifo-Institut prognostiziert beispielsweise für das Jahr 2024 eine Inflationsrate von 2,2 Prozent in Deutschland. Die Bundesbank geht davon aus, dass sich die Inflation im selben Jahr mehr als halbieren wird, auf 2,7 Prozent. Bundesbankpräsident Joachim Nagel äußerte die Erwartung, dass die deutsche Wirtschaft ab Anfang 2024 wieder auf einen Expansionskurs einschwenken und allmählich Fahrt aufnehmen wird.
Die Prognosen zur Inflation lösen zudem Diskussionen über die Zinspolitik der Notenbanken aus. Laut einer Bloomberg-Umfrage unter Ökonomen plant die Europäische Zentralbank in diesem Jahr vier Zinssenkungen, da die Inflation schneller zurückgeht als bisher angenommen. Der Beginn der Zinssenkungen um jeweils 25 Basispunkte wird für den Monat Juni erwartet.
Wie wird Inflation berechnet? Was ist im Warenkorb?
Gemessen wird die Inflation an einem Warenkorb mit verschiedenen Gütern. Die durchschnittlichen Ausgaben der privaten Haushalte in Deutschland werden zusammengenommen. Daraus folgt eine Gewichtung für die einzelnen Waren.
Im Warenkorb sind:
- Alltagsprodukte: Nahrungsmittel, Benzin, Strom, Zeitungen
- Langfristige Gebrauchsgüter: Kleidung, Fernseher, Auto
- Dienstleistungen: Versicherungen, Miete, Fitnessstudio
Verglichen werden die jeweiligen Preise des vergangenen Jahres, das sogenannte Basisjahr, mit den Preisen im laufenden Jahr. Die Inflationsrate jedes einzelnen Menschen kann dabei stark von der durchschnittlichen Inflation abweichen. Da zum Beispiel unterschiedlich viele Lebensmittel verbraucht werden und nicht jeder ein Auto fährt. Die eigene Rate kann mit dem persönlichen Inflationsrechner bestimmt werden.
![Platz 8: Sri Lanka (51,7 Prozent)Seit 2022 ist die Schuldenkrise im Urlaubsparadies Sri Lanka eskaliert. Die Insel vor der Südspitze Indiens leidet unter einer der schlimmsten Wirtschaftskrisen seit Jahrzehnten, das Land ist mehr oder weniger zahlungsunfähig, der Schuldenberg auf 51 Milliarden Dollar angewachsen. Die schlechte Versorgungslage treibt die Preise vor allem für Lebensmittel nach oben. Jetzt liegt die Hoffnung auf Hilfen des Internationalen Währungsfonds. Quelle: imago images](https://cdn.statically.io/img/www.wiwo.de/images/08-sri-lanka-100-pro-imago-life-2-238978625-highres/29041482/4-format10620.jpg)
![Platz 7: Surinam (55,5 Prozent)Das kleine Surinam mit seinen rund 600.000 Einwohnern liegt an der Nordostküste Südamerikas und macht selten internationale Schlagzeilen. Mitte Februar war das anders, da stürmten Demonstranten das Parlament und verwüsteten Geschäfte, um gegen die steigenden Lebenshaltungskosten zu protestieren. Zuvor hatte das überschuldete Land auf Druck des Internationalen Währungsfonds die Subventionen unter anderem für Benzin und Strom zurückgefahren – was die Preise auch für andere Güter in die Höhe trieb. Quelle: Mauritius Images](https://cdn.statically.io/img/www.wiwo.de/images/07_surinam_all_mauritius_images-16-2g463kd-highres/29069218/3-format10620.jpg)
![Platz 6: Türkei (57,7 Prozent)Recep Tayyip Erdogan ist einsamer Anhänger einer exklusiven ökonomischen Theorie: Hohe Inflation, so glaubt der türkische Staatspräsident, lasse sich am besten durch niedrige Zinsen bekämpfen. Die Folgen spürt die türkische Bevölkerung nun jeden Tag beim Einkaufen. Nachdem sich Erdogan die Notenbank gefügig gemacht hat, ist die türkische Lira nach unten gerauscht. Das verteuert die Importe und heizt die Inflation kräftig an. Quelle: REUTERS](https://cdn.statically.io/img/www.wiwo.de/images/06-tuerkei-reuters-rtsbjv7q-highres/29041478/4-format10620.jpg)
![Platz 5: Sudan (83,6)Seit vielen Jahren ist die politische Lage im Sudan instabil – und damit auch die Lage der Wirtschaft. Seit Oktober 2021 hat wieder das Militär das Sagen, die hohen Auslandsschulden haben Weltbank und Internationalen Währungsfonds alarmiert. Immerhin gibt es ein bisschen Hoffnung: Die aktuelle Inflationsrate von knapp 84 Prozent ist für sudanesische Verhältnisse fast schon moderat – 2021 hatte sie im Schnitt bei 359 Prozent gelegen. Und auch politisch wächst ein zartes Pflänzlein der Entspannung. Das Militär und zivile Parteien haben ein Papier unterschrieben, wonach es 2024 Wahlen und den Übergang zu einer Zivilregierung geben sollen. Quelle: REUTERS](https://cdn.statically.io/img/www.wiwo.de/images/05-sudan-reuters-rtxa0i26-highres_1/29041476/4-format10620.jpg)
![Platz 4: Argentinien (102,5 Prozent)Argentinien gilt traditionell als Land mit ausufernden Schulden, wenig stabilitätsorientierter Geldpolitik und daraus resultierend: hoher Inflation. Jetzt ist eine schwere Dürre hinzugekommen, die vor allem Soja, Mais und Fleisch drastisch verteuert. Die Teuerungsrate insgesamt lag im Februar auf dem höchsten Stand seit September 1991. Für die Politik kommt dies zur Unzeit: Im Oktober finden in Argentinien Parlaments- und Präsidentschaftswahlen statt. Quelle: imago images](https://cdn.statically.io/img/www.wiwo.de/images/04-argentien-100-pro-imago-life-2-104493866-highres/29041474/4-format10620.jpg)
Wer gehört zu den Verlierern der Inflation?
Vor allem betroffen sind Geringverdiener, Rentner, Sozialhilfeempfänger und Arbeitslose – Menschen, die ihr Einkommen hauptsächlich für Grundbedürfnisse wie Nahrungsmittel und Miete sowie Energie ausgeben. Da die Zinsen weit unter der Inflationsrate liegen, sind Sparer ebenfalls im Nachteil und verlieren einen Teil ihres Vermögens.
Wie können Verbraucher von der Inflation in Deutschland profitieren?
Es gibt verschiedene Wege: Vor allem Schuldner profitieren davon, dass die Preise steigen und die Schulden an Wert verlieren. Durch steigendes Einkommen zum Beispiel kann der Schuldner seinen Kredit schneller zurückzahlen. Das gilt übrigens auch für den Staat und Unternehmen.
Bis zuletzt waren die Zinsen sehr niedrig, sodass sich eine Anlage auf einem Sparkonto nicht lohnte. Dafür ist die Geldanlage an der Börse profitabler. Die Investition in Aktien oder Fonds macht Aktionäre zum Anteilseigner eines Unternehmens. Die Erträge liegen meist höher als die der Sparer. Hierbei ist es wichtig, eine möglichst breite Vielfalt an Aktien zu wählen, um kein Risiko mit nur einem Unternehmen einzugehen.
Eine weitere Möglichkeit ist die Anlange in Gold. Der Wert einer Feinunze hat sich seit dem Jahr 2000 vervielfacht. Experten sind allerdings überzeugt, dass der Goldpreis in Zukunft weniger stark steigen wird. Zudem ist es wichtig, zu erwähnen, dass es auf Gold keine Zinsen gibt. Der Goldpreis ist sehr stark von der Nachfrage abhängig. Das führt vor allem in Krisenzeiten dazu, dass die Nachfrage im Regelfall steigt und somit auch der Goldwert.
Inflationsrate in Deutschland von 2005 bis heute in der Tabelle
Jahr | Inflationsrate in Deutschland |
2024 | *2,2 bis 2,7 Prozent |
2023 | 5,9 Prozent |
2022 | 6,9 Prozent |
2021 | 3,1 Prozent |
2020 | 0,5 Prozent |
2019 | 1,4 Prozent |
2018 | 1,8 Prozent |
2017 | 1,5 Prozent |
2016 | 0,5 Prozent |
2015 | 0,5 Prozent |
2014 | 1,0 Prozent |
2013 | 1,4 Prozent |
2012 | 2,0 Prozent |
2011 | 2,1 Prozent |
2010 | 1,1 Prozent |
2009 | 0,3 Prozent |
2008 | 2,6 Prozent |
2007 | 2,3 Prozent |
2006 | 1,5 Prozent |
2005 | 1,6 Prozent |
Quelle: Statistisches Bundesamt
*Schätzung für das laufende Jahr
Transparenzhinweis: Dieser Artikel erschien erstmals im Dezember 2020 bei der WirtschaftsWoche. Wir haben ihn aktualisiert und zeigen ihn aufgrund des Leserinteresses erneut.
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