Dass bereits im antiken Griechenland über die faule Jugend geschimpft wurde, ist für Chefs nur ein schwacher Trost. Die Generation Z – also die Jahrgänge von 1997 bis 2012 – erscheinen vielen wie eine neue Spezies von Beschäftigten. Anspruchsvoll, aber wenig leistungsbereit, lautet ein Vorwurf. Dabei ist die erste komplett mit dem Internet aufgewachsene Generation digital so kompetent wie keine vor ihr. Genau das führt in Firmen zu Machtkämpfen – und umgekehrter Altersdiskriminierung, sagt etwa Yaël Meier, Mitgründerin der Schweizer Agentur Zeam.
Die Firma der 24-Jährigen hilft Unternehmen, die junge Generation zu verstehen. Die kenne den Status quo der Arbeitswelt noch nicht und stoße mit ihren hohen Forderungen ältere Kollegen vor den Kopf. „Man war anderes gewohnt“, resümiert Meier. Durch den demografischen Wandel hätten junge Menschen allerdings mehr Macht als die Generationen vor ihr. „Dadurch verändert sich vieles sehr schnell, was nicht zwingend etwas Schlechtes ist“, sagt die Expertin.
Vorurteile gegenüber Gen Z
Den Generationenkonflikt am eigenen Leib erfahren hat Maria Obermeier. Sie übernahm mit 20 Jahren nach dem Unfalltod ihres Vaters die Geschäftsführung von OBM Baumaschinen. Die neue Chefin wurde nicht nur mit offenen Armen empfangen. „Zu Beginn waren einige ältere Kollegen eher skeptisch und wollten die altbewährten Arbeitsweisen lieber fortführen“, erinnert sich Obermeier, die fast noch zur Gen Z gehört. Einige Mitarbeiter fühlten sich in den Vorurteilen bestätigt, als die junge Chefin erst einmal definieren wollte, für welche Werte der Baumaschinenverleih stehen soll.
Viele junge Menschen fühlen sich im Job nicht ernst genommen. Das betraf in einer Umfrage von Zeam mit dem Hamburger Marktforschungsinstitut Appinio jeden dritten Teilnehmer, wie Meier berichtet. 72 Prozent der Befragten hatten demnach das Gefühl, die fehlende Wertschätzung habe nichts mit ihren Fähigkeiten und allein mit ihrem Alter zu tun gehabt. Die Folge: Der Nachwuchs wird demotiviert, wie Meier warnt.
Obermeier hat darauf geachtet, nicht lange die Jüngste im Team zu bleiben. Ihre Mitarbeiter seien zwischen 25 und 55 Jahre alt, berichtet sie. Das ist für die Unternehmerin ein entscheidender Wettbewerbsvorteil. „Je mehr Sichtweisen, desto besser“, findet Obermeier. „Das hilft uns auch, auf die Bedürfnisse unterschiedlicher Kunden besser einzugehen.“
Herrschaftswissen TikTok
Ihrer Ansicht nach ticken jüngere Generationen, auch in der Kundschaft, heute tatsächlich anders. In den vergangenen Jahrzehnten hätten sich Lebensweisen etwa durch den schnellen digitalen Wandel drastisch verändert. Dadurch hätten sich auch ureigene Eigenschaften und Werte entwickelt, die weit über die üblichen Konflikte zwischen Jung und Alt hinausreichen, meint Obermeier.
Wie sehr die digitale Welt für Menschen ab 40 ein Rätsel sein kann, zeige sich etwa, wenn in politischen Talkshows über TikTok diskutiert wird. Die Bedeutung sozialer Netzwerke wie Instagram oder Twitter ließ sich auch für Laien vergleichsweise einfach nachvollziehen: viele Follower = große Reichweite. Die Videoplattform TikTok funktioniert nach ganz eigenen Gesetzen. Da bleibt Firmen oft am Ende nichts anderes übrig, als jungen Mitarbeitern die Verantwortung dafür zu übertragen, um sich nicht mit einem peinlichen Auftritt zu blamieren.
Auf TikTok zeigt sich somit, wie wichtig die Generation Z im Betrieb ist, damit eine Firma bei jungen Kunden relevant bleibt oder überhaupt auf deren Schirm auftaucht. Dass der Nachwuchs Lust auf eigene Projekte hat, hat Agentur-Mitgründerin Meier festgestellt. Junge Berufstätige möchten laut der von ihr lancierten Umfrage durchaus Leistung bringen und Verantwortung übernehmen – aber eben auch gehört werden. Forderung Nummer eins der Expertin an Vorgesetzte lautet deshalb: „Beteiligt junge Talente an Entscheidungen.“ Dabei geht es jungen Kollegen laut Meier meist weniger um Macht, sondern um Wertschätzung und Teilhabe. Denn die Gen Z hat der Expertin zufolge auch ein neues Verhältnis zu Hierarchie und Führung.
Anstatt von oben herab Befehle zu erteilen, müssten Vorgesetzte deshalb nah an den jungen Menschen dran sein, um deren volles Potenzial auszuschöpfen und künftige Führungskräfte zu entwickeln. Und wenn vom Nachwuchs scheinbar unrealistische Forderungen kommen? Auch hier plädiert Meier dafür, offen zu sein: „Alte Denkmuster ablegen und überdenken.“
Die Generationen auf dem Arbeitsmarkt
Die Baby-Boomer (1946 – 1964) sind die älteste Generation auf dem Arbeitsmarkt. Diese Jahrgänge verzeichneten die höchste Geburtenrate, daher rührt auch der Name.
Die Jahrgänge der Generation X (1965 – 1979) haben einiges miterlebt: Wirtschaftskrisen, Techniksprünge, Arbeitslosigkeit, Umweltkatastrophen. Sie gilt als eine, die vor allem Wert auf ein gutes Einkommen und einen sicheren Arbeitsplatz legt.
Die Generation Y, auch Millennials genannt, wurde zwischen 1980 und 1995 geboren. Sie sind die erste Jahrgangskohorte, die als Digital Natives gelten.
Sie treten seit einigen Jahren in den Arbeitsmarkt ein: Die Generation Z, geboren von 1996 bis 2010. Sie sind von klein auf mit dem Internet aufgewachsen, digitale Medien haben ihr Leben von Beginn an geprägt.
Obermeier schätzt an ihren jungen Mitarbeitern besonders deren große Flexibilität und Anpassungsfähigkeit in ungewohnten Situationen. Dies sei gerade in der heutigen Zeit sehr wertvoll. Zugleich zeigen Umfragen, dass junge Beschäftigte ein Unternehmen schnell verlassen, wenn es ihren Ansprüchen nicht genügt. Hohe Ansprüche gebe es in der Gen Z vor allem bei der Work-Life-Balance, stellt Obermeier fest.
Konflikte zwischen Generationen
Insbesondere die Trennung von Job und Privatleben führt laut der Firmenchefin zwischen den Generationen schnell zu Reibereien. Für Millenials und ältere Generationen sei es normal geworden, ständig für den Chef erreichbar zu sein, sagt Obermeier. Die Jüngeren hätten dafür kein Verständnis: „Die Generation Z möchte nur zu Arbeitszeiten erreichbar sein.“
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Die Firmenchefin hat deshalb einen freien Nachmittag pro Woche eingeführt. Der halbe Tag wird durch etwas längere Arbeitszeiten an den übrigen Wochentagen ausgeglichen. Von dieser Entscheidung hätten letztlich auch die älteren Beschäftigten profitiert – denn die seien durch die flexible Regelung ebenfalls zufriedener und produktiver geworden, bilanziert die Unternehmerin.
Sie stellt fest: Im Grunde wollen Ältere und Jüngere im Job dasselbe, nämlich eine angenehme Arbeitsatmosphäre, finanzielle Sicherheit und dass ihre Arbeit Wertschätzung erfährt. Lediglich die Gewichtung sei je nach Alter – aber auch Lebensumständen – anders und müsse individuell betrachtet werden, sagt Obermeier.
Ältere Mitarbeiter sind für die Unternehmerin aber genauso wertvoll. „Vom Ehrgeiz und Biss, auch bei schwierigen Projekten dranzubleiben und sich durchzukämpfen, können jüngere Generationen sicherlich lernen“, meint Obermeier. Das gilt offenbar auch für sie selbst. Sie habe eine gesunde Skepsis gegenüber Trends entwickelt – und bespreche das lieber erst mal im Team.
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