Börsenwoche 465: Analyse Die Airbnb-Aktie profitiert vom Reiseboom

Quelle: imago images

Unser Musterdepotwert Airbnb macht die ganze Welt zum Hotel. Das Unternehmen profitiert vom Tourismusboom. Und das schlanke Geschäftsmodell sorgt für schöne Gewinne.

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Die Gründungsgeschichte von Airbnb ist der Stoff, aus dem Legenden sind. Im Jahr 2007 waren die WG-Genossen Brian Chesky und Joe Gebbia knapp bei Kasse und wussten nicht, wie sie ihre Miete bezahlen sollten. Ihre Idee: Sie kauften drei Luftmatratzen und ließen Gäste darauf schlafen, für jeweils 80 Dollar pro Nacht. Die Luftmatratze ist bis heute im Namen verewigt: Ein Bed and Breakfast (B&B), kombiniert mit einer Luftmatratze (Air Mattress), ergibt Airbnb.

Chesky und Gebbia waren überzeugt, dass hinter ihrem aus der Not geborenen Einfall ein großes Geschäft steckte. Sie holten Gebbias Bekannten Nathan Blecharczyk an Bord, ein talentierter Programmierer, und starteten die Internetseite Airbedandbreakfast.com. Die neue Plattform war aber kein Selbstläufer und die Nachfrage blieb hinter den Erwartungen zurück. Die Neugründung drohte zu scheitern, auch wegen einer hohen Schuldenlast. In seiner Verzweiflung beschloss das Trio zur US-Präsidentschaftswahl 2008, zusätzlich mit Cornflakes Geld einzunehmen. Mit Erfolg: Die Frühstücksflocken Obama O’s und Cap‘N McCains spülten ihnen 30.000 Dollar in die Kasse.

Groß geworden

Nach und nach baute Airbnb sein Geschäft aus. Ein großer Schritt nach vorn war die Teilnahme am Start-up-Programm Y Combinator. Im Laufe der Jahre wuchs Airbnb zu einem Tourismusriesen heran. Heute sind über 7,7 Millionen Unterkünfte auf der Plattform gelistet. Fünf Millionen Gastgeber bieten an 100.000 Orten auf der ganzen Welt ein Zimmer, eine Wohnung oder ein ganzes Haus zum Übernachten an. Seit Gründung wurden eineinhalb Milliarden Aufenthalte über Airbnb gebucht. Das Unternehmen profitiert vom Netzwerkeffekt: Je mehr Unterkünfte auf der Plattform zu finden sind, desto nützlicher wird sie für Kunden. Und je mehr Kunden über die Plattform buchen, desto attraktiver wird sie wiederum für Gastgeber.

Von selbst kam der Erfolg aber nicht. Airbnb hat von Anfang an einiges richtig gemacht. Vor allem bei Design und Nutzererlebnis kann das Buchungsportal punkten. Das liegt an der DNA des Unternehmens: Brian Chesky und Joe Gebbia haben Industriedesign an der angesehenen Rhode Island School of Design studiert. Der dritte Gründer, Nathan Blecharczyk, hat im Silicon Valley einen Ruf als erstklassiger IT-Profi. Kunden, die die oft ruckelige Buchungssysteme von Fluggesellschaften gewohnt sind, werden bei Airbnb geradezu verwöhnt.

Unternehmenschef ist Brian Chesky. Alle drei Gründer sind dem Unternehmen bisher erhalten geblieben. Sie waren nicht nur findig, sondern hatten auch Rückenwind: Der weltweite Reisemarkt wächst seit Jahrzehnten stärker als der Rest der Wirtschaft. Auch jetzt, in Zeiten erhöhter Inflation, wollen die Menschen aufs Verreisen nicht verzichten. Der Datenspezialist Statista geht davon aus, dass sich die globalen Ausgaben für Reisen jeglicher Art zwischen 2024 und 2034 deutlich erhöhen werden, von 11,1 auf 16 Billionen Dollar.

Airbnb spielt noch ein weiterer Trend in die Karten: mobiles Arbeiten. Seit der Coronapandemie können und dürfen immer mehr Dienstleistungsjobs auch außerhalb des Firmenbüros erledigt werden. Und zwar nicht unbedingt von zu Hause aus, sondern manchmal auch am Strand.

Börsengang und Bewertung

Spätestens seit dem Börsengang im Dezember 2020 muss sich Airbnb der Frage stellen, ob sich die schöne neue Reisewelt auch in besseren Zahlen bemerkbar macht. Bisher kann sich das Ergebnis sehen lassen: Seit 2019 hat sich der Umsatz des Unternehmens verdoppelt. Profitabel ist Airbnb seit 2022. Analysten schätzen, dass es dieses und nächstes Geschäftsjahr ungefähr drei Milliarden Dollar Gewinn machen wird.

Noch besser sieht es beim freien Cashflow aus, dem Geld, das ein Unternehmen nach Abzug aller Ausgaben zur Verfügung hat. Hier werden für das laufende Geschäftsjahr 4,4 Milliarden Dollar und für das kommende Jahr 4,7 Milliarden Dollar erwartet. Für 2025 wird Airbnb aktuell mit der 20-fachen Schätzung des freien Cashflows bewertet. Nicht viel für ein Technologieunternehmen mit einer beliebten Plattform.

Herzstück der BörsenWoche sind zwei Musterdepots, bei denen die Geldanlage auf eigene Faust im Vordergrund steht.

Das Geschäft ist hochprofitabel. Fast 40 Prozent des Umsatzes bleiben als freier Cashflow hängen, weil Airbnb als Vermittler nicht viel Kapital benötigt. Es kassiert einfach bei jeder Buchung Gebühren. Die Unternehmensbilanz kann sich sehen lassen: Auf über zehn Milliarden Dollar dürften die Nettorücklagen dieses Jahr anwachsen.

Einige Risiken bleiben

Allerdings ist die Airbnb-Aktie nicht ohne Grund eher günstig bewertet. Ein paar Risiken lauern durchaus. Vor allem drei Faktoren könnten den Erfolg schmälern: Zum einen will die Konkurrenz etwas abhaben vom Kuchen. Hotelplattformen wie Booking.com vermitteln vermehrt auch Wohnungen und andere Unterkünfte, nicht selten zu besseren Konditionen als Airbnb. Außerdem können Gastgeber mit schlanker Software immer einfacher Direktbuchungen anbieten und sparen sich so die Plattformgebühren. Generell sind Nutzer aber träge. Die einfache Handhabung und große Auswahl an Unterkünften sprechen dafür, dass Airbnb beliebt bleiben dürfte.

Ein weiteres Problem sind Missbrauch und Vertragsbrüche. Airbnb-Unterkünfte werden etwa oft für Partys zweckentfremdet. Hier steuert das Unternehmen mit neuen Regeln und integrierten Versicherungen gegen. Als Drittes lauert noch die Regulierung. In bei Touristen beliebten Städten wird Wohnraum immer knapper. Die Einheimischen wollen gegenüber Touristen nicht das Nachsehen haben. Gerade erst machte Barcelona mit dem Plan Schlagzeilen, bis 2029 alle Angebote wie die von Airbnb verbieten zu wollen. Aber so banal es klingt: Die Welt ist groß, und viele Landstriche hungern nach mehr Touristen und Einnahmen.

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Fazit: Airbnbs Plattform ist einzigartig, der Tourismusboom spült dem Unternehmen Milliarden in die Kasse. Angesichts der Stärken ist die Aktie günstig.

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