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Wissenschaft Nitrat im Spinat

Keine Angst vor überdüngtem Gemüse

Redakteurin im Ressort Wissen
Ein Kind isst Spinat Ein Kind isst Spinat
Spinat ist Bäh? Von wegen. Sogar das enthaltene Nitrat ist offenbar gesund
Quelle: Getty Images/Westend61
Nitrat im Gemüse – und Dünger als Verursacher waren lange in Verruf: Der Stoff soll die Blutgefäße unter Stress setzen, Krebs auslösen. Eine epidemiologische Analyse kommt jetzt zu einem anderen Ergebnis: Es schützt das Kreislaufsystem und verhindert Tumore. Was ist da los?
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Wenn sie Nitrat hören, dann wiegen Ernährungsberater bedenklich den Kopf: Der Mineralstoff ist ungiftig, aber im Darm kann daraus gesundheitsschädliches Nitrit werden. Das wiederum stört nicht nur die roten Blutkörperchen beim Sauerstofftransport. Vor allem ist es laut Bundesamt für Risikobewertung ein Auslöser für Krebs.

Gesundheitsbewusste Menschen brachte diese ausgiebig wiederholte Botschaft in Konflikte: Wer sich gemüsereich ernähren möchte, für den sind die sogenannten Blatt- und Wurzelgemüse Grundzutaten in der Küche. Ausgerechnet sie, also Spinat und Mangold, Salat, Karotten oder Rote Bete, speichern aber reichlich Nitrat. Vor allem dann, wenn es die Bauern zu gut meinen mit dem Dünger.

Jetzt scheint mit einem Mal alles anders: Neue Untersuchungen der Edith Cowan University im australischen Joondalup haben ergeben, dass Nitrat aus pflanzlichen Quellen die Sterblichkeit senkt. Während Nitrat aus anderen Quellen wie tierischen Lebensmitteln und Leitungswasser das Leben im statistischen Mittel verkürzt.

Auf den ersten Blick ist das verwirrend, vor allem für diejenigen, die in Chemie aufgepasst haben. Denn das eine Nitrat und das andere, chemisch sind beide identisch: negativ geladene Ionen, bestehend aus einem Stickstoff- und drei Sauerstoffatomen. Was ist aber der entscheidende Unterschied zwischen Nitrat aus pflanzlichen oder aus tierischen Nahrungsmitteln?

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Zuerst ein kurzer Blick auf die Daten: Die Studie erschien im „European Journal of Epidemiology“. Ausgewertet wurden Daten aus Dänemark, von 52.247 Teilnehmern der dortigen Ernährungskrebs- und Gesundheitsstudie. Die verfolgte das Leben und Sterben der Registrierten im Durchschnitt über 24 Jahre. Die Forscher um die Epidemiologin Nicola Bondonno brachten die Sterbezeitpunkte und Todesursachen mit den Ernährungsgewohnheiten zusammen. Eine rechnerische Unschärfe gibt es dabei: Die Forscher mussten schätzen, wie viel Nitrat die Menschen aufnahmen, aus den Angaben zu den von ihnen bevorzugten Nahrungsmitteln.

Was dabei herauskommt, scheint trotzdem eindeutig: Eine moderate bis hohe Aufnahme von pflanzlichem Nitrat senkte die Gesamtsterblichkeit insgesamt um 17 Prozent. Die Esser von überwiegend „grünem“ Nitrat lebten also im Schnitt einige Jahre länger; sie starben um 14 Prozent seltener an Herz-Kreislauf-Erkrankungen, in Bezug auf Krebs waren es sogar 24 Prozent.

Nitrat tierischen Ursprungs dagegen war mit einer um 9 Prozent höheren Sterblichkeit verbunden. Ein Hang zu nitrithaltigen Produkten, typischerweise solche, die mit Nitritpökelsalz hergestellt werden, also Wurst und Speck, erhöhten die Sterblichkeit insgesamt um 25 Prozent. Todesfälle durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen stiegen um 29, jene durch Krebs um 18 Prozent. Dass Nitrit das eigentliche Problem ist, kann die Studie also bestätigen. Wurst, in der das Nitrit bereits mitgeliefert wird, ist fast dreimal tödlicher als Fleisch, aus dessen Nitrat im Körper erst Nitrit entstehen muss.

Die Erklärung für das, was bei den Pflanzen geschieht, ist so komplex wie die Biochemie von Nahrungsmitteln. Gemüse enthält eben nicht allein Nitrat. Sondern außerdem „eine ganze Reihe schützender Stoffe, die mit einem geringeren Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und Mortalität verbunden sind“, wie es in der Pressemitteilung der australischen Universität heißt.

Eine mögliche Erklärung der paradoxen Studienergebnisse ist, dass die pflanzlichen Inhaltsstoffe die schädliche Nitrat-Wirkung aufwiegen. Möglich ist auch, dass bei pflanzlicher Kost jene Reaktion im Darm, die das Nitrat gefährlich macht, gar nicht stattfindet: Dazu muss es nämlich im Nahrungsbrei mit anderen Molekülen reagieren, die ihm ein Sauerstoffatom entziehen. Die Inhaltsstoffe der Pflanzen könnten diese Reaktion blockieren.

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Studienleiterin Nicola Bondonno hat den Eindruck, dass genau das, also die andere chemische Umgebung in einem Nahrungsbrei voller Pflanzenbestandteile, den entscheidenden Unterschied macht. Es gehe auch gar nicht so sehr um das Nitrit, sondern vor allem um das, was stattdessen daraus wird, erklärt sie: „Nitrat kann zwei verschiedene Wege durchlaufen, wenn es in den Körper kommt. Auf dem einen entsteht (auf dem Umweg über Nitrit) eine Gruppe von Verbindungen namens Nitrosamine, die als krebserregend gelten.“

Auf dem anderen Weg bildete sich eine Verbindung namens Stickstoffmonoxid. Das verbessere die Durchblutung, senke den Blutdruck und unterstütze die kardiovaskuläre Gesundheit. „Die antioxidativen Verbindungen, die in Gemüse enthalten sind, forcieren diese Reaktion, die zu dem gesundheitsfördernden Stickstoffmonoxid“, erklärt Bondonno. Auf diese Weise bestimme die Quelle des Nitrats die Reaktion des Körpers.

Und die australische Gesundheitswissenschaftlerin hat noch einen wichtigen Hinweis an die Ärzte: „Die meisten Ängste vor dem Nitratkonsum stammen aus der Sorge um Krebs. Aber eines der interessantesten Ergebnisse ist, dass Nitrat aus Wasser stärker mit Todesfällen durch Herzerkrankungen verbunden war.“

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Tatsächlich ergab sich, als die Forscher den Nitratgehalt des Leitungswassers mit den Todesrisiken in Verbindung brachten, ein gemischtes Bild: Wer nitratreicheres Wasser trank, hatte im Vergleich zu anderen ein höheres Risiko, an Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu sterben, aber das Risiko für einen Krebstod blieb unverändert. Eine Erklärung dafür könnte sein: Das Milieu im Verdauungstrakt begünstigt die Reaktion von Nitrat zu Nitrit, dem Störfaktor für die Blutkörperchen. Aber anders als tierische Bausteine im Nahrungsbrei bietet es kein Umfeld, in dem daraus Nitrit Nitrosamin werden kann.

Die Universität warb mit der Überschrift, „Pflanzen-Nitrat zeigt eine positive Wirkung auf die menschliche Gesundheit“, für die Studie, nach dem genauen Blick auf die Daten wirkt das übertrieben bis falsch. Nachgewiesen wurde etwas anderes: Gesund ist es, Pflanzen zu essen.

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