Der Bundesgesundheitsminister macht es vor: Am gesündesten ist es, salzfrei zu essen. Denn die Natrium-Ionen aus dem geschmackvollen Zusatz belasten Nieren, Blutgefäße und damit auch das Herz. Der Haken: Kaum einer bringt so viel kulinarische Disziplin auf wie Karl Lauterbach (SPD). Salzfrei mag gesund sein, nur schmeckt es den meisten viel zu fade.
Da ist es doch schön zu hören, dass man stattdessen auf natriumfreien Salzersatz zurückgreifen könnte. Diese Idee gibt es schon länger, dabei wird das „Kochsalz“ Natriumchlorid teilweise durch Kaliumchlorid oder auch durch Magnesium- und Calciumsalze ersetzt. Calciumchlorid schmeckt salzig und wirkt als Geschmacksverstärker ähnlich dem Glutamat. Kaliumchlorid und Magnesiumchlorid schmecken ebenfalls salzig, allerdings auch bitter.
Das in Kauf zu nehmen lohnt sich gesundheitlich, wie eine aktuelle Studie im Fachmagazin „Annals of Internal Medicine“ vorrechnet. Epidemiologen um Hannah Greenwood, einer Herz-Kreislauf-Forscherin an der Bond University im australischen Queensland, hatte 16 internationale Studien rund um Kochsalz-Ersatz ausgewertet. Insgesamt gingen die Lebensgeschichten von 35.321 Probanden in die Analyse ein, sieben Studien beschäftigten sich mit älteren Menschen mit einem Durchschnittsalter von 62 Jahren.
Weniger Natrium, weniger Herzinfarkte
Greenwood fand heraus: Auf Natrium-Salz zu verzichten, „senkt die Sterblichkeit messbar“, verlängert also das Leben. Nebenwirkungen durch den Salzersatz, andere Gesundheitsschäden etwa, fand sie nicht.
Das ist umso erstaunlicher, da Kaliumchlorid durchaus seine Tücken hat. Das Mittel findet sich in Elektrolytzubereitungen fürs Krankenhaus, auch in hoher Dosierung – für Menschen mit akutem Kaliummangel. Dabei ist laut dem Arzneimittelregister „Gelbe Liste“ genau auf die zugeführte Menge zu achten, sonst können Herzrhythmusstörungen, Übelkeit oder allergische Reaktionen auftreten.
Menschen mit Sichelzellanämie oder diabetesbedingter Stoffwechselentgleisung sollen gar kein oder nur sehr vorsichtig Kalium bekommen. Nicht geeignet für den Salzersatz dürften auch Menschen mit Nierenschäden sein, ihnen wird in der Regel von ihrem Arzt geraten, sich kaliumarm zu ernähren.
Ansonsten scheinen aber besonders ältere Menschen mit erhöhtem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen von Salzersatz zu profitieren: Nach mindestens einem halben Jahr Kochens mit möglichst wenig Natrium sank die allgemeine Sterblichkeit bei ihnen um 12 Prozent, die durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen ging sogar um 29 Prozent zurück. Dem gegenüber stand eine leichte Erhöhung bei Nebenwirkungen, etwa von Nierenproblemen, um vier Prozent. Probanden bemerkten auch, dass der Salzersatz Magnesiumchlorid in größerer Menge abführend wirken kann.
Nun ist nur noch ein statistisches Problem auszuräumen, bevor eine allgemeine Empfehlung ausgesprochen werden kann: Die meisten Daten in der Berechnung stammen aus China und Taiwan. Ob sich die Ergebnisse auf Länder mit westlichem Lebensstil oder auf Indien, Afrika und Südamerika übertragen lassen, muss sich noch weisen, in entsprechenden Studien. Auch was das für junge Menschen bedeutet, ist noch offen.