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Wissenschaft Mythos Rapa Nui

Kein Kollaps auf der Osterinsel

Rapa Nui – Geheimnisse der Osterinsel

Rund 1000 rätselhafte Steinriesen, die Moai, prägen das Landschaftsbild der Osterinsel. Welche Bedeutung hatten die Statuen für ihre Bewohner? In der TV-Dokumentation „Rapa Nui – Geheimnisse der Osterinsel“ enthüllen Archäologen die Siedlungsgeschichte der Pazifikinsel.

Quelle: WELT TV

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Um die Osterinsel ranken sich einige Geschichten. So soll ein Raubbau an der Natur für den Untergang der Zivilisation verantwortlich sein. Neue Erkenntnisse ziehen die These vom „Ökozid“ allerdings in Zweifel: Dank KI kommen US-Forscher jetzt zu einer ganz anderen Antwort.
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Wer den Bestseller „Kollaps“ des Evolutionsbiologen Jared Diamond gelesen hat, kennt die Gründe, warum die Zivilisation auf der Osterinsel dem Niedergang geweiht war: Überbevölkerung und Abholzung waren laut der von ihm propagierten These dafür verantwortlich.

Das Inselvolk beging ökologischen Selbstmord, indem es die einst dichten Palmenwälder rodete. Durch Kannibalismus und Kriege rotteten sich die Insulaner selbst aus.

Eine andere Theorie macht wiederum die von europäischen Seefahrern eingeschleppten Krankheiten verantwortlich. Beziehungsweise polynesische Ratten, die mit den ersten Siedlern die Insel erreichten und sich über die Samen der Palmen hermachten, somit deren Nachwachsen verhinderten.

Nun ziehen Wissenschaftler im Fachmagazin „Science Advances“ so ein Drama in Zweifel. Und dass dort überhaupt je so viele Menschen gelebt haben, wie generell angenommen wird. Den neuen Berechnungen zufolge musste die abgelegene Pazifikinsel weniger als 4000 Menschen ernähren – und nicht bis zu 25.000, von denen man bislang im besten Fall ausging. Zu diesem Schluss kommt jedenfalls ein fünfköpfiges Forschungsteam, darunter die beiden US-Anthropologen Terry L. Hunt und Carl P. Lipo, in einer aktuellen Studie.

Ressourcen waren knapp

Rapa Nui, wie die Osterinsel in der Sprache der Ureinwohner genannt wird, ist berühmt für meterhohe Steinskulpturen, die Moai. Um an die 900 solcher Monumente nebst 300 Kultstätten und weiteren Konstruktionen zu errichten, bedarf es einer blühenden Kultur – und einer Vielzahl von Menschen, so glaubte man zumindest.

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Allerdings umfasst die heute ausgesprochen karge Insel kaum mehr als 160 Quadratkilometer, auf denen die Landwirtschaft auch früher nicht üppig florieren konnte. Die natürlichen Ressourcen waren von jeher knapp, und vermutlich kam es gar nicht erst zu einem Ökozid.

„Was wir gefunden haben, ist das Gegenteil der Kollaps-Theorie“, erklärt Erstautor Dylan Davis von der Columbia-Universität in New York. Die Bevölkerung habe mit den wenig fruchtbaren Böden und dem raren Wasser auf der Insel ein erstaunlich gut funktionierendes System entwickelt, um sich zu ernähren. In jüngster Zeit waren bereits mehrere archäologische Untersuchungen zu dem Schluss gekommen, dass es vor Ankunft der Europäer im Jahr 1722 nicht zu einem drastischen Niedergang der Zivilisation auf der schroffen Vulkan-Insel gekommen war. Nun legt das Team mit der Analyse besonderer Satellitenbilder neue Belege vor.

Die Osterinsel gilt als verhältnismäßig trocken, es mangelt an Süßwasser; die Küsten sind steinig und fallen steil ab, was sowohl Fischerei als auch Landwirtschaft erschwert. Um dennoch Nutzpflanzen anzubauen, vor allem Süßkartoffel, aber auch Flaschenkürbis oder Yams, legten die Bewohner ausgeklügelte Steingärten an.

Statt wie zuvor mit Holzasche zu düngen, versuchten sie mittels „Steinmulch“ die Böden einerseits feucht zu halten sowie mit Nährstoffen anzureichern und gleichzeitig die Erosion einzudämmen. Sie zerbrachen dafür Steine und arbeiteten die Stücke ins Erdreich ein, darüber wurden faustgroße Steine und größere Felsbrocken ausgelegt. Was dann dazwischen gedieh, war auch besser vor Wind und Temperaturextremen geschützt.

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Historische Auszeichnungen lassen annehmen, dass diese Steingärten rund zehn Prozent der Insel bedeckten. Und in einer Studie aus dem Jahr 2013 schätzte man anhand von Satellitenaufnahmen, dass diese Anlagen zwischen 2,5 bis 12,7 Prozent der Landfläche einnahmen (vier bis zwanzig Quadratkilometer). Und laut einer Folgestudie 2017 wohl rund 17.500 Insulaner ernährten. Eine vage Schätzung.

Zumal nicht jeder Steinhaufen zwangsläufig ein Garten war, manchmal wurden in der Studie moderne Anbauflächen, Straßen und erkaltete Lavaströme als solche fehlgedeutet, wie sich bei genauerem Hinsehen zeigte. Deshalb trainierten Davis und seine Kollegen eine Künstliche Intelligenz, die Gartenanlagen auf Satellitenbildern der verschiedenen Aufnahmetechniken zu erkennen.

Ausgewertet wurden hochauflösende Nah- und Kurzwellen-Infrarot-Daten (short-wave infrared, SWIR), die über fünf Jahre per Satellit gewonnen wurden. Als besonders gut geeignet erwiesen sich dabei SWIR-Aufnahmen, da sich anhand der unterschiedlichen Muster von Vegetation und Bodenzusammensetzung die prähistorischen Konstruktionen identifizieren ließen.

Vergleich der Aufnahmetechniken: in Echtfarben (li.), wie sie das menschliche Auge sieht; Nahinfrarot (m.) verdeutlicht die Vegetation, kurzwelliges Infrarotlicht (re.) unterscheidet Feuchtigkeit und Mineralität der Böden
Ein Vergleich der Techniken zeigt, dass sich die Steingärten dank kurzwelligem Infrarotlicht (rechts) leichter auf Satellitenbildern identifizieren lassen
Quelle: Maxar/Dylan Davis

Im Ergebnis geht das Team jetzt davon aus, dass die Steingärten nur einen kleinen Teil der Insel einnahmen: 0,76 Quadratkilometer. Mit Blick auf potentielle Ernteerträge und den Kaloriengehalt der Süßkartoffel als Hauptnahrungsmittel hätten diese kultivierten Anbauflächen ausgereicht, um etwa 2000 Menschen zu versorgen. Rechne man noch Früchte wie Bananen und Fisch sowie andere Meerestiere hinzu, lasse sich die Bevölkerung auf rund 3000 Menschen schätzen, 3900 waren es höchstens. Jedenfalls keine 4000.

Diese aktuelle Schätzung stimmt ungefähr mit den Zahlen überein, die sich aus den Beobachtungen der europäischen Seefahrer Anfang des 18. Jahrhunderts ergaben. Demnach lebten damals 1500 bis 3000 Menschen auf Rapa Nui.

„Was wir hier wirklich sehen, ist, dass die Insel wegen der ökologischen Einschränkungen nie viele Menschen ernähren konnte“, erläutert Davis. Die Menschen hätten es im Gegenteil geschafft, ihre Lebensräume anzupassen und so die Fläche, die sie bewirtschaften konnten, zu vergrößern. Das sei kein Beispiel für eine ökologische Katastrophe, sondern dafür, wie Menschen trotz begrenzter natürlicher Ressourcen auf nachhaltige Weise über lange Zeit hinweg überleben konnten.

Die Osterinsel liegt abgeschieden im Pazifik. Die nächsten Menschen leben 2000 Kilometer westlich auf den Pitcairn-Inseln; das Festland von Chile ist mehr als 3500 Kilometer entfernt. Um die Besiedelung ranken sich einige Legenden, sicher ist: Es geschah vergleichsweise spät, dass Menschen aus Polynesien ins Unbekannte aufbrachen, das Meer überquerten, hier an Land gingen und sich niederließen. Im ersten Jahrtausend n.Chr. oder womöglich erst um das Jahr 1200, wie Terry L. Hunt und Carl P. Lipo aufgrund von ihren Untersuchungen annehmen.

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Rund 500 Jahre später trafen die ersten Europäer auf Rapa Nui ein: Am späten Nachmittag des 5. April 1722, Ostersonntag, entdeckte die Crew der „Afrikaansche Galeydie Insel und signalisierte den Fund an die beiden anderen Schiffe („Arend“ und „Thienhoven“), die unter Kommando des niederländischen Seefahrers Jacob Roggeveen fuhren.

Sie waren jedoch nicht, wie erhofft, auf den unbekannten südlichen Kontinent (Australien) gestoßen, „terra australis incognita“, sondern hatten die Osterinsel entdeckt. Diese gehört mittlerweile politisch zu Chile und ist seit 1995 Teil des Unseco-Weltkulturerbes. Heute leben schätzungsweise 8600 Menschen auf Rapa Nui.

mit dpa

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