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Wissenschaft Klimaforschung

Wieder sagt eine Studie Gefahr für den Golfstrom voraus

Redakteurin im Ressort Wissen
Ein Schiff auf dem Atlantik Ein Schiff auf dem Atlantik
Überall Strömungen: Der Atlantik bringt warmes Wasser nach Europa. Ob das so bleibt, wird gerade erforscht
Quelle: Getty Images/Image Source/Rodrigo Friscione
Wieder stellt eine Studie die Frage, ob der Golfstrom bald versiegen wird. Kein Modell, eine echte Messung: Forscher haben die Schalen winziger Meerestiere, die vor vielen Millionen Jahren lebten, untersucht. Was der Welt bevorstehen könnte.

Die Ozeane sind wichtige Wettermacher. Sie transportieren warmes Wasser vom Äquator in Richtung Nord- und Südpol und sorgen so für einen Temperaturausgleich auf der Erde. Ohne dieses Zirkulationssystem wären die Tropen viel wärmer und die Pole viel kälter. Veränderungen in diesem System sind mit deutlichen und abrupten Klimaänderungen verbunden.

Für das angenehme Klima in Europa ist etwa der Golfstrom entscheidend. Er bringt das warme Wasser aus der Karibik an die englische Küste. Die Frage, die Wissenschaftler seit Jahren treibt, ist, wie diese Strömungen reagieren, wenn sich die Erde weiter erwärmt. Werden sie schneller? Oder versiegen sie?

Das ist unter Klimaforschern umstritten, je nach Rechenmodell kommen sie zu unterschiedlichen Ergebnissen. Allerdings haben im vergangenen Jahr gleich mehrere Studien den Stopp des Golfstromes für möglich erklärt. Die meisten fußten vor allem auf theoretischen Berechnungen.

Eine aktuelle Studie in den „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS) liefert nun handfestere Daten: Forschern der University of California in Riverside ist es gelungen, einen Blick in eine Zeit zu werfen, in der genau das schon eingetreten ist, was für das Ende dieses Jahrhunderts vorhergesagt wird: eine Erwärmung um mehrere Grad-Celsius. Damals im Eozän, vor etwa 49 bis 53 Millionen Jahren, heizte sich das Oberflächenwasser um drei, die Tiefsee sogar um bis zu zwölf Grad Celsius auf.

Eiszeit ist ein schlechtes Modell

„Die Ozeane sind heute der mit Abstand größte Kohlenstoffspeicher auf der Erdoberfläche“, sagt Sandra Kirtland-Turner, Erstautorin der Studie. 40.000 Milliarden Tonnen Kohlenstoff seien in den riesigen Gewässern gebunden, mehr als 40 Mal so viel wie in der Atmosphäre.

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„Die Ozeane nehmen auch etwa ein Viertel der vom Menschen verursachten CO₂-Emissionen auf“, sagt sie. „Wenn sich die Ozeanzirkulation verlangsamt, kann das auch die Aufnahme von Kohlenstoff in den Ozean ausbremsen, sodass mehr CO₂ in der Atmosphäre verbleibt.“ Die Erderwärmung würde sich weiter beschleunigen.

Frühere Studien hatten sich die Veränderungen der Ozeanzirkulation in der jüngeren geologischen Vergangenheit der Erde angesehen, etwa als es nach der letzten Eiszeit vor etwa 11.600 Jahren wärmer wurde. Damals enthielt die Atmosphäre aber viel weniger Kohlendioxid, und auch die Erwärmungsgeschwindigkeit war viel geringer als heute, argumentiert die Paläoklimatologin Kirtland-Turner. „Die Stoffkreisläufe aus dieser Periode sind nicht unbedingt auf heute übertragbar.“

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Anders im Eozän: Hier sei nicht nur die Temperatur insgesamt hoch gewesen, es habe auch immer wieder „hyperthermale Ereignisse“ gegeben, bei denen sowohl die Kohlendioxidmenge in der Atmosphäre als auch die Temperatur stark anstiegen. „Das ist ganz ähnlich wie heute, es sind die besten Modelle, die wir für den menschengemachten Klimawandel haben“, sagt Kirtland-Turner.

Um etwas über die Meere des Eozäns zu erfahren, sammelte sie mit ihrem Team zunächst winzige fossile Schalen am Meeresboden ein, in der Tiefsee, rund um den Globus. Die Schalen stammen von Mikroorganismen, sogenannten Kammerlingen oder Foraminiferen, die damals wie heute in allen Weltmeeren leben, sowohl an der Oberfläche als auch am Meeresboden. Sie seien ungefähr so groß wie ein Punkt am Ende eines Satzes, schreiben die Forscher.

Kohlenstoffspeicher in der Tiefsee

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Die Einzeller sind Teil der „Biologischen Kohlenstoffpumpe“, sie „transportieren für Kohlenstoff von der Meeresoberfläche in die Tiefsee“, heißt es auf der Plankton-Seite des Kieler GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung. Phytoplankton nehme in Wasser gelösten Kohlenstoff auf und setzen ihn mithilfe von Sonnenlicht in organisches Material und Sauerstoff um. Die Phytoplankter werden von Zooplankton wie den Kammerlingen gefressen, die Kohlenstoffverbindungen der Minipflanzen als biologischer Baustoff weitergenutzt.

So produziert diese Lebensgemeinschaft ständig neue kleine bis große kohlenstoffhaltige Partikel, die ebenfalls aus dem Kohlendioxid der Luft stammen. „Ein Teil dieser Partikel sinkt durch die Oberflächenschicht in die Tiefsee und lagert sich schließlich am Meeresboden ab. So ist der Kohlenstoff aus dem Stoffkreislauf entfernt und kommt erst nach einigen tausend Jahren wieder hervor.“

„Während sie ihre Schalen bauen, nehmen Kammerlinge Elemente aus den Ozeanen auf, und wir können die Unterschiede in der Chemie dieser Schalen messen, darin stecken Informationen über alte Ozeantemperaturen und Zirkulationsmuster“, sagt Kirtland-Turner. Die Schalen bestehen aus Calciumcarbonat.

Sauerstoffisotope im Calciumcarbonat sind Indikatoren für die Temperaturen im Wasser, in dem die Organismen wuchsen, und für die Menge an Eis auf dem Planeten zu dieser Zeit. Kohlenstoffisotope in den Schalen spiegeln das „Alter“ des Wassers wider, in dem sich die Schalen bildeten – sie zeigen, wie lange es in der Tiefsee von der Meeresoberfläche isoliert war.

„Wasser, das kürzlich an der Oberfläche war, enthält viel Kohlenstoff-13“, erklärt die Forscherin. „Umgekehrt enthält Wasser, das lange Zeit in der Tiefe verweilte, relativ mehr Kohlenstoff-12.“ Mit diesem Wissen und mit einem genauen Blick in die Mini-Fossilien lassen sich Tiefseewasser-Bewegungen und Wärmeströme zu anderen Erdzeitaltern rekonstruieren.

Bremse für den Golfstrom

Kirtland-Turner kommt zu einem beunruhigenden Ergebnis: Während der Hitzeperioden ging der Oberfläche und Tiefsee zurück, also ja, der Golfstrom könnte, wenn vielleicht nicht versiegen, so doch sehr viel langsamer werden. Mit den entsprechenden Folgen für das Klima in Westeuropa.

Das Eozän ist ein besseres Modell als die letzte Eiszeit, aber kein perfektes: Heute enthält die Atmosphäre etwa 425 Teile Kohlendioxid pro einer Million Luftteilchen, damals waren es doppelt so viele, nämlich etwa 1.000 Teile pro einer Million.

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Noch gibt es einen großen Unterschied zu damals, der Zeit der stehenden Meere. „Aber der Mensch emittiert jedes Jahr fast 37 Milliarden Tonnen CO₂ in die Atmosphäre, und wenn das so weitergeht, könnten durchaus bis zum Ende des Jahrhunderts Bedingungen wie im frühen Eozän herrschen“, heißt es in der Pressemitteilung der kalifornischen Universität.

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„Das ist keine Alles-oder-Nichts-Situation“, sagt die Forscherin. „Jede Veränderung ist wichtig, jede Verringerung der Kohlenstoffemissionen hilft. Unsere Daten zeigen auch, dass selbst kleine CO₂-Reduktionen einen Effekt haben, die Auswirkungen auf die Natur verringern.“

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