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  3. Ozempic: Das zwielichtige Geschäft mit den Abnehmspritzen

Wissenschaft Abnehmspritzen

„Da läuft viel über Mediziner, die wenig Skrupel haben“

Adipöser Mann im rosafarbenen Hemd mit Maßband um den Bauch Adipöser Mann im rosafarbenen Hemd mit Maßband um den Bauch
Bei extrem übergewichtigen Menschen können die Präparate "Wegovy" und "Ozempic" sehr hilfreich sein
Quelle: Getty Images
Seit diesem Sommer können Ärzte in Deutschland das Präparat „Wegovy“ verschreiben. Genau wie das Diabetes-Medikament „Ozempic“ soll es beim Abnehmen helfen. Nun zeigt eine erste Bilanz: Beide Mittel werden nachgefragt – doch das begünstigt auch ihren Missbrauch.
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Knapp ein Vierteljahr nach dem Marktstart einer neuen Abnehmhilfe für Menschen mit Adipositas berichten Ärztinnen und Ärzte von einiger Nachfrage in Deutschland. Wie viele Menschen das Präparat „Wegovy“ schon anwenden, lässt sich bisher aber nicht beziffern.

Mehrere Stellen berichten von zeitweisen Lieferengpässen oder der Sorge davor. Manche Experten gehen von mehreren Tausend Spritzen pro Woche für den deutschen Markt aus, der Hersteller selbst macht auf Anfrage keine Angaben.

„Wir als plastische Chirurgen fürchten, dass es in einem Grauzonenmarkt unglaublich viele Anwendungen gibt“, sagt Sixtus Allert, Plastischer Chirurg und Ärztlicher Direktor des Sana Klinikums Hameln-Pyrmont, mit Blick auf die Präparate „Wegovy“ und „Ozempic“.

Letzteres ist ein Diabetes-Medikament, das oft in einem Atemzug mit der Adipositas-Spritze genannt wird. Beide Präparate enthalten den Wirkstoff Semaglutid, aber in unterschiedlicher Dosis.

Hersteller distanziert sich von Verharmlosung

Semaglutid wirkt nach Angaben der europäischen Arzneimittelagentur EMA im Körper auf die gleiche Weise wie ein natürliches Hormon und scheint unter anderem den Appetit zu regulieren. Laut EMA soll „Wegovy“ in Kombination mit Ernährungsumstellung und körperlicher Aktivität verwendet werden.

Die Kosten werden bisher nicht von den Krankenkassen übernommen. Der Hersteller gab den Apothekenabgabepreis einer Vier-Wochen-Ration für die höchste Dosis (2,4 mg) vor dem Marktstart Mitte Juli mit gut 300 Euro an. Weil Diabetiker wegen der Nachfrage durch Abnehmwillige teils nur noch schwer an ihre Medikamente kommen, sprechen sich einige Fachleute seit Monaten gegen einen „Ozempic“-Einsatz außerhalb des zugelassenen Einsatzbereichs (sogenannter Off-Label-Use) aus.

Auf der Website der dänischen Pharmafirma Novo Nordisk heißt es, man empfehle verschreibungspflichtige Medikamente ausdrücklich nur innerhalb der von der EMA zugelassenen Indikation. Man distanziere sich entschieden von jeglicher Form von Werbung, Social-Media-Posts und Berichten, die zum nichtbestimmungsgemäßen Gebrauch aufriefen oder diesen verharmlosten.

Die Mittel werden Allert zufolge teils als einfacher Weg angepriesen, um zum Beispiel einige wenige Kilos ohne Sport und Diät abzunehmen. „Da läuft viel über das Internet und über Kollegen, die wenig Skrupel haben und Dinge tun, die medizinisch nicht gerechtfertigt sind“, sagte der Vorstand der Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen (VDÄPC).

Warnung vor gefälschten Pens

Behörden in Deutschland warnten Anfang Oktober vor gefälschten „Ozempic“-Pens. In Österreich geht die Justiz davon aus, dass mindestens fünf Menschen mutmaßlich gefälschte Diabetesmittel von einem Salzburger Arzt erhalten haben.

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Bei drei von ihnen seien anscheinend Gesundheitsprobleme aufgetreten, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Steyr. Die Staatsanwaltschaft ermittle gegen den Mediziner sowie zwei führende Vertreter zwei kleinerer Unternehmen, die gefälschtes „Ozempic“ vertrieben haben könnten.

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Allert appellierte angesichts der Fälschungen dringend, solche Mittel nur über einen Arzt und über ein Rezept in der Apotheke zu beziehen, auch wenn das teurer sei als über andere Wege. Wie eine Sprecherin der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände sagte, sind in deutschen Apotheken noch keine Fälschungen aufgetaucht.

Ein erheblicher Eingriff in körperliche Abläufe

Zum Vorgehen an seiner Klinik sagte Allert, „Wegovy“ werde in ausgewählten Fällen verschrieben, wenn danach gefragt wird. „Da geht es um Patienten, bei denen es medizinisch gerechtfertigt ist.“ Patienten müssten sich dann auch dazu verpflichten, ergänzend ihre Ernährung umzustellen und sich mehr zu bewegen.

Bei Kollegen in der konventionellen plastischen Chirurgie geht der Mediziner von einem zurückhaltenden Einsatz der Präparate aus – auch aus Respekt: „Wir reden immerhin von einem Medikament, das die Insulin-Wirkung optimiert. Da greifen wir schon erheblich in die körperlichen Abläufe ein.“ Zudem seien etwaige Nebenwirkungen bei einer Langzeiteinnahme noch unklar.

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Hausärztinnen und Hausärzte berichteten von einer gestiegenen Nachfrage, teilte Til Uebel mit, Sprecher der AG Diabetes der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin (Degam). „Hierbei wird von Patientenseite häufig von Off-Label-Therapien anderer Betroffener berichtet.“

Die Erfahrung aus seiner eigenen diabetologischen Praxis sei, dass insbesondere Menschen mit Diabetes nach den Präparaten fragten, bei denen eigentlich keine Indikation für den Wirkstoff vorliege. Zudem gehe es etwa um jüngere Menschen, „die an sich nicht sonderlich übergewichtig sind“.

Operative Eingriffe womöglich künftig seltener

Susanne Reger-Tan, Expertin der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie, berichtet von Interessenten mit Adipositas und teils zusätzlich Diabetes. Insbesondere seien das Menschen, die bisher mehrfach vergeblich versuchten abzunehmen, die sich sehr wegen gesundheitlicher Adipositas-Langzeitrisiken sorgten oder die die Spritzen als Alternative zu sogenannter bariatrischer Chirurgie in Erwägung zögen, also etwa dem Einsetzen eines Magenbandes.

Für Patienten mit Adipositas sieht Allert die Präparate als eine mögliche Alternative der Behandlung und als erst einmal sehr hilfreich an; vorausgesetzt, es bleibe bei den bisherigen Erkenntnissen zu Nebenwirkungen. Das könne auch dazu führen, dass operative Eingriffe bei manchen Adipositas-Betroffenen künftig seltener nötig sind. Zu den bekannten und häufigen Nebenwirkungen von „Wegovy“ zählen Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Verstopfung und Bauchschmerzen.

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dpa/cél

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