In einigen Gebieten Deutschlands hilft auch kein Ruckeln an der Antenne: Der kleine Fernseher in der Küche will einfach kein einwandfreies Bild zeigen. Mancherorts reicht dafür selbst eine leistungsfähige Dachantenne nicht aus. Und dann sind oft nur die öffentlich-rechtlichen, nicht aber private Programme zu sehen.
Der Empfang wird sich jedoch in wenigen Jahren bundesweit deutlich verbessern – mithilfe von DVB-T2, des neuen Standards für digitales Antennenfernsehen. Auch sonst bietet die innovative Technik einige Vorteile, der Umstieg vom derzeit noch eingesetzten DVB-T auf die zweite Version hat allerdings auch so seine Tücken.
Seit 2003 ist das analoge Antennenfernsehen abgeschaltet. Seitdem bietet DVB-T abseits von Kabel, Satellit oder Internet eine kostenlose Alternative für den TV-Empfang zu Hause und unterwegs.
Bessere Bildqualität
Trotz aller Möglichkeiten, Videos und TV auf mobilen Geräten über das Handynetz zu empfangen, ist das Antennenfernsehen in Deutschland weiterhin beliebt. 18,5 Prozent der deutschen Haushalte holen sich ihre TV-Programme per DVB-T. Das sind immerhin 7,4 Millionen Haushalte.
Manche nutzen die Technik, um auf einem großen TV-Gerät fernzusehen, die meisten aber bestücken damit kleine Fernseher im Garten oder Hobbykeller. Oder sie stöpseln eine spezielle DVB-T-Antenne an ihren Laptop und machen aus dem Rechner einen kleinen Fernseher.
Diese Fernseher zeigen bereits das neue DVB-T2
Künftig also soll es DVB-T2 richten. Technisch bietet es entscheidende Vorteile. Zum einen braucht es weniger Frequenzen. Und das ist dringend erforderlich, DVB-T musste schließlich einige Frequenzen zugunsten des Mobilfunks abgeben.
Zum anderen bringt DVB-T2 eine bessere Bildqualität auf die Displays. Bislang liefert das digitale Antennenfernsehen nur selten die nötige Auflösung für moderne, große TV-Bildschirme. Oft bilden sich Klötzchen, das Bild ist matschig und pixelig oder zeigt Unschärfen bei Actionszenen. Das wird sich ändern.
Neben den Öffentlich-Rechtlichen werden wohl auch Privatsender wie RTL und ProSiebenSat.1 ihre Programme in HD für den Antennenempfang ausstrahlen. Sogar Full-HD ist möglich, wenn auch nur mit einigen technischen Tricks. RTL und das ZDF wollen die besonders hohe Auflösung angeblich auch auf Fernseher mit terrestrischem Empfang bringen.
Knackpunkt: verschlüsselte Programme
Nicht nur die Bildqualität wird steigen, es werden zusätzlich mehr Programme zu empfangen sein. ARD und ZDF entscheiden bald, welche das neben dem ersten und dem zweiten Programm sein werden. Denkbar ist auch, dass sich zum Beispiel KiKa und ZDF Neo nicht mehr einen Kanal teilen müssen, sondern durchgehend zu empfangen sind.
Hinzukommen werden diverse Shopping- und weitere Spartenprogramme sowie einige Regionalprogramme. Und natürlich die Programme mehrerer Privatsender. Die Ausstrahlung läuft über den Plattformbetreiber Media Broadcast. Hier entscheiden die jeweils zuständigen Landesmedienanstalten mit, wie die Kanäle zu belegen sind.
Bald sind DVB-T-Empfänger schrottreif
Das bedeutet Ärger: Wer einen DVB-T-Empfänger zu Hause stehen hat, kann ihn vielleicht bald in den Müll schmeißen. Denn der Standard wird auf DVB-T2 umgestellt. Den können alte Geräte nicht empfangen.
Quelle: Die Welt
Und hier zeigt sich auch schon der erste Knackpunkt rund um DVB-T2: Mehrere der privaten Programme werden verschlüsselt ausgestrahlt. Die Empfangsgeräte brauchen also eine Möglichkeit, um sie zu decodieren. Verfügt das TV-Gerät nicht darüber, lässt es sich mithilfe einer Schnittstelle nachrüsten. Auch die Empfangssticks, die in die USB-Buchsen des Laptops gestöpselt oder im Auto angeschlossen werden, brauchen ein Interface zur Entschlüsselung.
Die bisher eingesetzten Antennen funktionieren auch weiterhin, für die Receiver gilt das mit dem Umstieg auf DVB-T2 nicht, sie sind künftig nicht mehr zu gebrauchen. Die neue Technik ist nicht abwärtskompatibel. Wer seinen alten Fernseher behalten möchte, muss daher einen neuen Receiver anschließen, der DVB-T2 beherrscht. Und wer die terrestrisch ausgestrahlten Programme in HD-Qualität sehen möchte, muss sich auch einen entsprechend hochauflösendes TV-Modell zulegen.
Neue Receiver kommen Ende des Jahres in den Handel
Doch es ist noch ein wenig komplizierter. In zwei Dutzend Ländern läuft DVB-T2 bereits, daher sind schon diverse Fernseher und Receiver auf dem Markt, die das neue digitale Antennenfernsehen beherrschen. Sie werden online und in einigen Fachgeschäften auch angeboten.
Deutsche Zuschauer sollten davon allerdings die Finger lassen: Diese Receiver werden hierzulande nicht funktionieren, da die deutschen Sender ihre Programme mit einem anderen, besseren Komprimierungsverfahren ausstrahlen werden. Diese HEVC genannte Technik kann Bildsignale noch stärker komprimieren und somit noch mehr Programme in einem Kanal unterbringen, ohne dass die Bildqualität darunter leidet.
Nur Empfänger also, die HEVC beherrschen, können die in Deutschland ausgestrahlten Programme empfangen. Und diese Geräte werden voraussichtlich zum Ende dieses Jahres in den Handel kommen. Zu erkennen sind sie an einem grünen Logo, auf dem „DVB-T2 HD“ steht.
Umstieg dürfte Mitte 2019 abgeschlossen sein
Nach einigen Tests und Pilotprojekten in einzelnen Städten wie Berlin und München sollen zur Fußball-Europameisterschaft im nächsten Jahr die ersten Programme in DVB-T2 zu sehen sein. Der reguläre Betrieb wird wohl im ersten Quartal 2017 zunächst in Ballungsgebieten starten. Bis Mitte 2019 dürfte der Umstieg abgeschlossen sein.
Kostenlos wird der Umstieg für die Zuschauer nicht zu haben sein. In den künftigen TV-Geräten wird DVB-T2 – einschließlich der HEVC-Technik – zwar eingebaut sein. Doch für die älteren Modelle müssen die Nutzer mit einem neuen Receiver nachrüsten, der einen mindestens zweistelligen Euro-Preis kosten wird. Die Empfangssticks für Laptops wird es ab 20 Euro geben.
Die öffentlich-rechtlichen Programme sind weiterhin unentgeltlich zu empfangen, für die verschlüsselten Privatprogramme aber werden die Zuschauer zahlen müssen. Erst dann sind sie freigeschaltet und erscheinen auf dem Bildschirm. Auf der Fachmesse Angacom im Juni dieses Jahres haben die Betreiber angedeutet, dass pro Monat zusätzlich Kosten im einstelligen Euro-Bereich fällig sein werden.