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90 Prozent langsamer als im Vertrag? So wehren Sie sich gegen Tricks der Netz-Anbieter

Wirtschaftsredakteur
Die geplanten Rahmenbedingungen bei den Geschwindigkeiten unterscheiden sich zwischen Stadt und Land enorm Die geplanten Rahmenbedingungen bei den Geschwindigkeiten unterscheiden sich zwischen Stadt und Land enorm
Die geplanten Rahmenbedingungen bei den Geschwindigkeiten unterscheiden sich zwischen Stadt und Land enorm
Quelle: Getty Images/Anita Kot
Klaffen beim mobilen Internet versprochene und tatsächliche Geschwindigkeit zu weit auseinander, dürfen Kunden ihre Zahlungen kürzen. Bislang sie ihre Ansprüche schwer beweisen, doch das soll sich bald ändern. WELT erklärt, wie Sie Ihre Rechte geltend machen.
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E-Mails laden in Zeitlupe, die WhatsApp-Nachricht geht nicht raus, der Videostream ruckelt – Smartphone-Nutzer kennen das Problem. All das geschieht nicht nur im Wald, sondern auch im Bus, auf dem Weg zur Arbeit, in der Schule, auf der Autobahn oder im Wohnzimmer. Was jedoch viele Nutzer nicht wissen:

Sollte ihr mobiles Internet zu sehr von der Geschwindigkeit abweichen, die ihnen Anbieter versprechen, dürfen sie ihre monatlichen Zahlungen reduzieren. So sieht es seit Dezember das neue Telekommunikationsgesetz (TKG) vor.

Doch das steht nur auf dem Papier. Wirklich durchsetzen können Smartphone-Nutzer ihre Rechte bislang nicht. Denn die Wirklichkeit sieht anders aus. Beschwerden per E-Mail werden nicht beantwortet, Hotlines sind nicht erreichbar. Und dringen Nutzer doch einmal zu ihrem Anbieter durch, können sie nicht beweisen, dass ihr mobiles Internet nur dürftig funktioniert.

Das soll sich künftig ändern. Die Bundesnetzagentur arbeitet derzeit an einer Allgemeinverfügung, die klären soll, was eine erhebliche, kontinuierliche oder regelmäßig wiederkehrende Abweichung bei der Geschwindigkeit ist. Nach dem Gesetz ist das nämlich Voraussetzung für eine Tarifminderung.

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Was diese Begriffe im Detail bedeuten, erklärt der Gesetzestext allerdings nicht. In einem Eckpunktepapier hat die Netzagentur inzwischen ihre Vorstellungen dazu auf den Tisch gelegt. Aber statt dem Verbraucher dabei zu helfen, seine Rechte durchzusetzen, könnte nun das Gegenteil geschehen. Das zumindest fürchten Verbraucherschützer.

Denn es soll Toleranzbereiche geben. „Die von der Netzagentur vorgeschlagenen Abschläge sind unserer Meinung nach zu hoch“, sagt Felix Flosbach, Jurist und Experte für Telekommunikation bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Tatsächlich gibt die Regulierungsbehörde den Mobilfunkern in ihrem Papier großen Spielraum.

So können Nutzer Ihre Geschwindigkeit überprüfen

Auch wenn die Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica ihren Kunden Datengeschwindigkeiten von 300 oder 500 Megabit pro Sekunde versprechen, müssen sie davon – je nach Standort – nur einen Bruchteil liefern. In Städten gewährt der Regulierer in seinem Eckpunktepapier den Netzbetreibern Abschläge von 75 Prozent, 85 Prozent in halbstädtischen Bereichen und 90 Prozent auf dem Land.

Um festzustellen, ob diese Schwellen eingehalten werden, sollen die Nutzer mit ihren Smartphones die Geschwindigkeit selbst messen. Dafür will die Netzagentur ihre Funkloch-App ausbauen, die es bisher schon für iPhones und Android-Geräte gibt.

Viele Deutsche surfen immer noch im Schneckentempo

Das heimische Internet hat in Tausenden Fällen noch immer große Defizite. Von Mitte Dezember bis Ende Juni seien rund 22000 Messungen mit der Breitbandmessung-App der Bundesnetzagentur abgeschlossen worden, fast ausschließlich sei dabei ein Minderungsanspruch festgestellt worden.

Quelle: WELT

Am Ende erstellt dieses Programm ein Messprotokoll, das den Netzbetreibern gegenüber als Nachweis gelten soll. Ein Blick auf das vorgeschlagene Messsystem zeigt, was auf die Nutzer zukommt, die mit ihrer Internetgeschwindigkeit unzufrieden sind.

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Um ihren Minderungsanspruch rechtlich absichern zu können, müssen sie manuell 30 Messungen vornehmen, verteilt auf fünf Kalendertage, je sechs Messungen pro Tag.

Zwischen der dritten und vierten Messung eines Messtages muss zudem eine dreistündige Pause liegen, zwischen allen anderen Messungen eine fünfminütige Pause.

In diesen Fällen haben Sie Anspruch auf Tarifminderung

Ob sie dann ihren Tarif mindern können, hängt von den Ergebnissen ab. Welche Folge die hohen Abschläge haben, wird deutlich, wenn man die Zahlen umdreht:

Sollten in ländlichen Regionen auch nur zehn Prozent der von den Anbietern versprochenen Geschwindigkeit gemessen werden, ist eine Tarifminderung nicht möglich. In halbstädtischen Bereichen liegt die Schwelle bei 15 Prozent und in der Stadt bei einem Viertel.

Dabei müssen diese Geschwindigkeiten gar nicht ständig zur Verfügung stehen. Auf dem Land etwa reicht es, wenn an drei von fünf Messtagen nur jeweils einmal ein Zehntel der versprochenen Geschwindigkeit gemessen wird.

Vielerorts Maximalgeschwindigkeit gar nicht möglich

„Die Eckpunkte stellen nur recht moderate Leistungsanforderungen an die Mobilfunknetzbetreiber, sie sind also nicht sonderlich ambitioniert“, sagt Torsten Gerpott, Telekommunikationsexperte von der Universität Duisburg-Essen.

Die Abschläge bezeichnet er als zu hoch. „Nicht zuletzt um Anreize für die Netzbetreiber zu setzen, ihre hohen Angaben zu geschätzten Maximalgeschwindigkeiten realistischer zu gestalten, müssen die Abschläge niedriger, wohl unter 50 Prozent liegen.“

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Grundsätzlich stecken die Mobilfunker in einem Dilemma: Neue Kunden können sie nur noch gewinnen, wenn sie ihren Konkurrenten die Nutzer abwerben. Nicht zuletzt deswegen werben sie mit hohen Maximalgeschwindigkeiten.

Die neueste Mobilfunkgeneration bezeichnet Vodafone nicht als 5G, sondern gleich als 5G+, um die Konkurrenz ein wenig zu ärgern: „Während Du im Vodafone LTE-Netz mit maximal 500 Megabit pro Sekunde surfst, können Daten über das 5G+ Netz schon heute mit bis zu 1000 Megabit pro Sekunde übertragen werden.“

Die Fantasiegeschwindigkeiten der Anbieter

Mit dem Alltag der Smartphone-Nutzer haben die Fantasiegeschwindigkeiten natürlich nichts zu tun. Das sieht auch die Netzagentur so.

Von einigen Anbietern werde die geschätzte Geschwindigkeit so interpretiert, dass hierunter ein Wert zu fassen sei, der unter idealen Bedingungen von einem einzelnen in der Funkzelle aktiven Nutzer erzielt werden könne, schreibt sie in ihrem Eckpunktepapier. Tatsächlich aber halten sich meist mehrere Menschen in einer Funkzelle auf – und teilen sich die Höchstgeschwindigkeit.

Doch selbst wenn gerade nur eine Person eine Funkzelle nutzen sollte, ist an vielen Orten eine solche Maximalgeschwindigkeit gar nicht möglich. Denn die Mobilfunknetze setzen an ihren Standorten unterschiedliche Frequenzen ein.

Die Mobilfunkstandorte seien im ländlichen Bereich derzeit nicht dafür ausgelegt, die in den einzelnen Verträgen angegebenen geschätzten Maximalgeschwindigkeiten von bis zu 500 Megabit pro Sekunde zu erreichen, stellt auch die Netzagentur fest.

Auf dem Land ist den Mobilfunkern die Reichweite wichtiger als die Geschwindigkeit. Deswegen setzen sie dort langwelligere Frequenzen ein, die zwar weniger Daten transportieren, dafür aber mit weniger Antennen weiter reichen. Nicht zuletzt deshalb plant der Regulierer – je nach Standort – drei unterschiedliche Abschläge.

„Dreiklassengesellschaft“ im Mobilfunk

Doch das ruft Unbehagen in der Politik hervor. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion befürchtet eine „Dreiklassengesellschaft“ im Mobilfunk.

„Dass die Kunden auf dem Land Abschläge von mindestens 90 Prozent von der vertraglich vereinbarten Leistung im Mobilfunk nachweisen sollen, ist nicht akzeptabel“, sagt der digitalpolitische Sprecher der Fraktion, Reinhard Brandl. „Von gleichwertigen Lebensverhältnissen kann keine Rede sein, und der ländliche Raum wird wieder einmal vernachlässigt.“

Trotz der hohen Abschläge fürchten sich die Mobilfunker vor den Messungen ihrer Kunden. Das liegt auch daran, dass sie es nicht immer in der Hand haben, welche Geschwindigkeit tatsächlich möglich ist.

Die Empfangsqualität schwankt je nach Entfernung und Position zur Mobilfunkantenne und wird beeinflusst von der Vegetation, dem Wetter, der Topologie und Abschirmung durch Gebäude. Im Dachgeschoss ist der Empfang meist besser als im Keller.

„Die Nutzer gehen davon aus, dass die Maximalwerte, die das Netz technisch erreichen kann, mit Sicherheit nicht immer und überall verfügbar sein können“, sagt Jürgen Grützner, Geschäftsführer beim Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM), in dem auch die Mobilfunker organisiert sind.

Derzeit bereiten die Mobilfunkunternehmen ihre Stellungnahmen vor, um noch auf die Allgemeinverfügung Einfluss nehmen zu können. Nach Informationen von WELT AM SONNTAG verlangen sie Änderungen am Messverfahren.

Diese Daten sollen die Messprotokolle sammeln

Zwar sollen den Planungen zufolge die Messprotokolle neben den Ergebnissen der Messungen auch Informationen über das verwendete Smartphone, das Betriebssystem, die Art der Mobilfunkverbindung, den Standort und die Standortgenauigkeit enthalten.

So lässt sich beispielsweise auch feststellen, ob der Nutzer sich während der Messungen im Auto oder mit der Bahn bewegt hat. Aber nicht erfasst werden Information, ob sich der Nutzer in einem Gebäude aufhält oder möglicherweise parallel eine andere Anwendung wie Netflix nutzt, die Daten verbraucht und so die Geschwindigkeit reduziert.

Anbieter sollten „ihrer Werbung realistischere Werte angeben“

Messungen an Orten, wo es um das mobile Internet besonders schlecht gestellt ist, sollen nach Angaben der Netzagentur gar nicht zählen.

Dabei könnten die Netzbetreiber die Lage selbst entschärfen. „Es wäre grundsätzlich wünschenswert, wenn die Anbieter in ihrer Werbung realistischere Werte angeben würden“, sagt Flosbach von der Verbraucherzentrale NRW.

Auch die Netzagentur macht einen Vorschlag, wonach es denkbar wäre, „nicht nur einen einzigen bundesweit geltenden Wert anzugeben, sondern lokal differenzierte Werte vertraglich vorzugeben“. Dies könne über eine Abdeckungskarte geschehen.

Bis Ende September haben Unternehmen, Verbände und Organisationen Zeit, Stellungnahmen bei der Netzagentur abzugeben. Im Anschluss erarbeitet die Behörde die Allgemeinverfügung, so, wie sie es im vergangenen Jahr für die Minderungsregelungen im Festnetz gemacht hat, wo Nutzer bereits ihre Rechte mithilfe eines Messprotokolls geltend machen können.

Die Verzögerung für den Mobilfunk begründet die Netzagentur mit den technischen Unterschieden zum Festnetz. Das Verfahren für das mobile Internet sei „erheblich anspruchsvoller“. Dass sich an den Plänen etwas grundlegend ändern wird, ist unwahrscheinlich.

„Nach den Erfahrungen mit der Allgemeinverfügung für die Minderung im Festnetz ist nicht zu erwarten, dass die Regeln sich am Ende für den Verbraucher im Vergleich zum Eckpunktepapier verbessern“, sagt Verbraucherschützer Flosbach. Zudem sei die Wahrscheinlichkeit eher gering, dass es noch in diesem Jahr zu einer Allgemeinverfügung komme.

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