WELTGo!
Ihr KI-Assistent für alle Fragen
Ihr KI-Assistentfür alle Fragen und Lebenslagen
Nach TV-Debakel ihres Ehemanns

Jill Biden posiert auf dem „Vogue“-Cover – und das Echo ist verheerend

Autorenprofilbild von Kerstin Rottmann
Von Kerstin RottmannRedakteurin Nachrichten & Gesellschaft
Veröffentlicht am 02.07.2024Lesedauer: 5 Minuten

Kurz nach dem desaströsen Auftritt Joe Bidens beim TV-Duell prangt die First Lady lächelnd auf dem Cover der amerikanischen Vogue. Die Schlagzeile dazu: „Wir entscheiden über unsere Zukunft.“

Ist der US-Präsident ein hilfloser Greis, der von seiner herrschsüchtigen Frau am Rückzug gehindert wird? Nach dem desaströsen TV-Duell von Joe Biden gibt es auch Kritik an dessen Ehefrau Jill. Und dann ist da noch ein Hochglanz-Titelbild zu einem gefühlt falschen Zeitpunkt.

Anzeige

Es ist eine Szene, die im Gedächtnis bleibt: Der mächtigste Mann der Welt steht auf der Bühne und wirkt überfordert. Seine Ehefrau Jill lobt ihn überschwänglich: „Joe, du hast so einen großartigen Job gemacht. Du hast alle Fragen beantwortet. Du kanntest alle Fakten.“ Der US-Präsident verharrt regungslos.

Joe Biden ist in diesem Moment wohl selbst schon klar, dass er mit seinem Auftritt bei der TV-Debatte gegen seinen republikanischen Herausforderer Donald Trump keinen so großartigen Job gemacht hat. Nur kurz vor dieser Szene in Atlanta im US-Bundesstaat Georgia hatte der 81-Jährige bei dem TV-Spektakel vor einem Millionenpublikum seinem Herausforderer Donald Trump gegenübergestanden. Die Kommentare bezeichneten seinen Auftritt „desaströs“, doch seine Ehefrau lobt ihn dafür – fast wie einen Schuljungen.

Anzeige

Es sei nun Zeit für den „beschissenen Teil“ einer Ehe

Seit dem TV-Duell findet in den USA eine Debatte darüber statt, ob Joe Biden wirklich der richtige Kandidat für die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten ist – oder ob er nicht doch besser Platz für eine jüngere Alternative machen sollte. Und dabei rückt auch zunehmend Jill Biden in den Fokus.

Lesen Sie auch

„Es ist an der Zeit, dass Jill Biden ein schwieriges Gespräch mit ihrem Mann führt“, schrieb etwa die „Washington Post“. Es sei nun Zeit für den „beschissenen Teil“ einer Ehe. „Der Teil, in dem die Unterstützung des Ehepartners bedeutet, ihm sehr, sehr harte Dinge zu sagen.“

Anzeige
Genießt das Rampenlicht: Jill Biden, rechts Ehemann Joe
Genießt das Rampenlicht: Jill Biden, rechts Ehemann JoeQuelle: dpa/Evan Vucci

Die Bidens sind seit fast einem halben Jahrhundert verheiratet, die 73-jährige Jill gilt als die engste Vertraute des US-Präsidenten. Nach dem Tod seiner ersten Ehefrau und Tochter bei einem Autounfall wurde sie zur Mutterfigur für Bidens Söhne, die das Unglück überlebten. Das Paar hat noch eine gemeinsame Tochter.

Die Lehrerin – die darauf besteht, als Dr. Jill Biden angesprochen zu werden – lässt bislang zumindest öffentlich keinerlei Zweifel an ihrem Ehemann aufkommen. Ihre eiserne Unterstützung sorgte in den vergangenen Tagen für viel Häme.

„Jill Biden weigert sich, aus dem Rennen um die Präsidentschaft auszusteigen“, spottete die christlich-konservative Satire-Webseite „The Babylon Bee“ und macht sie so indirekt zur eigentlichen Kandidatin. Jill Biden habe angekündigt, ihren Ehemann bis nach der Wahl in eine Art Schlaf zu versetzen und in der Zwischenzeit das Land selbst weiterzuführen, hieß es weiter.

Auf X trendet ein Hashtag über den „Missbrauch älterer Menschen“

Jill, die Frau mit den Fäden in der Hand? Auch die Tochter des 2018 gestorbenen republikanischen Senators John McCain, Meghan McCain, fand bitterböse Worte. „Jill Biden wird in der amerikanischen Geschichte nicht in guter Erinnerung bleiben“, schrieb die konservative Publizistin im Internet. Auf der Plattform X trendete bei Trump-Anhängern der Hashtag #elderabuse – also Missbrauch älterer Menschen.

Am Montag machte zudem der neue Titel des Modemagazins „Vogue“ Schlagzeilen. Die First Lady ist darauf in einem weißen Outfit des Designers Ralph Lauren zu sehen. Auf dem Cover wird sie zitiert mit den Worten: „Wir werden über unsere Zukunft entscheiden.“ Ob das gutes oder schlechtes Timing ist – darüber lässt sich streiten. Das Echo in den sozialen Netzwerken war teils verheerend.

„Eine herrischere, antidemokratischere Selbstdarstellung und Einstellung kann man sich kaum vorstellen“, kommentierte etwa der Historiker Sam Haselby auf X.

Stanley Pignal vom renommierten britischen „Economist“ schlug in eine ähnliche Kerbe: „Jill Biden auf dem Cover der ,Vogue‘ sieht aus wie ein übler Fehlschlag. ,Wir werden über unsere Zukunft entscheiden‘ hat einen leicht autokratischen Anstrich. Als würden Madame Ceaușescu oder Asma ,Rose der Wüste‘ al-Assad dem Volk sagen, es solle sich um seinen eigenen Kram kümmern“, wundert er sich, ebenfalls bei X.

Abgehoben wirkt das Cover in der Tat: Die Fotos wurden bereits vor einiger Zeit gemacht, der – freundlich gesonnene – Text beschreibt Jill Bidens Unterstützung für ihren Ehemann während des Wahlkampfs. Vor dem Erscheinen hakte die „Vogue“ immerhin noch einmal bei Jill Biden nach und fragte auch nach dem TV-Debakel. Die machte unmissverständlich klar, dass man nicht zulassen werde, dass „diese 90 Minuten“ die vier Jahre von Bidens Präsidentschaft bestimmten. „Wir werden weiter kämpfen.“

Das „Vogue“-Cover zeige, „wie realitätsfremd“ die Bidens seien

Die „New York Post“ kommentierte am Dienstag dennoch unter der Überschrift: „Jill Bidens ,Vogue‘-Cover beweist, wie schmerzlich realitätsfremd die Familie des Präsidenten ist“.

Dazu fertige die Boulevardzeitung extra eine Fotomontage als Satire an: Zu sehen war eine Zeitschrift namens „Vague“ (zu deutsch: vage, undeutlich) und dem US-Präsidenten als Titelmodell – mit einem unvorteilhaften Foto, das den 81-Jährigen gaffend und mit offenem Mund zeigt. Dazu werden „Artikel“ aus dem angeblichen „Magazin“ beworben, sie lauten etwa: „Jill Biden beantwortet Fragen an ihren Mann“ oder „5 Wege, um eine ,schlechte Nacht‘ wegzuerklären“.

Eine Ende all dessen ist nicht abzusehen. Im Gegenteil: Je häufiger Jill Biden in den vergangenen Tagen auftrat oder sich äußerte, desto größer wurde der Spott im Netz. Einige Vorwürfe, etwa der, Jill Biden gehe es nur um ihre eigene Macht, bedienten dabei im Tonfall auch offen sexistische und frauenfeindliche Klischees.

Dennoch fragen sich viele US-Amerikaner, warum die First Lady ihrem Mann nicht ins Gewissen redet. „Es ist nicht Jill Bidens Job, den Präsidenten in den heikelsten Angelegenheiten und bei schwierigen Entscheidungen zu beraten. Sie wurde nicht gewählt, Punkt“, urteilte auch die angesehene „New York Times“ in einem Meinungsstück. Sich auf Jill Biden zu konzentrieren, entlasse Joe Biden aus seiner Verantwortung, schreibt das Blatt weiter und mahnt: „Es liegt an ihm, die nötige Selbstreflexion und den Charakter zu beweisen, um die richtige Entscheidung zu treffen.“

mit dpa