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Berliner Telefonseelsorge

„Er genoss das volle Vertrauen und nutzte dieses aus“

Von Annelie Naumann
Veröffentlicht am 02.06.2019Lesedauer: 3 Minuten
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Die Telefonseelsorge kann jederzeit kostenlos und anonym erreicht werdenQuelle: Getty Images/By Wunderfool

Nach einem Bericht in WELT AM SONNTAG über finanzielle Unregelmäßigkeiten bei der Berliner Telefonseelsorge hat sich der Vereinsvorstand offiziell geäußert. In einer Stellungnahme kommt ihr ehemaliger Geschäftsführer nicht gut weg.

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Nachdem finanzielle Unregelmäßigkeiten bei der Berliner Telefonseelsorge öffentlich geworden sind, hat der tragende Verein Konsequenzen gezogen und sich von seinem ehemaligen Geschäftsführer distanziert. Dieser habe das Vertrauen missbraucht.

Ende Mai hatte WELT AM SONNTAG über Probleme bei der Berliner Telefonseelsorge berichtet. Darin war beschrieben worden, wie sowohl der Verein (bis 2014) als auch die Stiftung zum Erhalt der Telefonseelsorge in Berlin (bis 2017) Aufträge ausgerechnet an die PR-Agentur des eigenen Geschäftsführers vergeben hatte.

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Anselm Lange war von 2009 bis 2016 Geschäftsführer sowohl des Vereins als auch der Stiftung. 2016 schied er als Geschäftsführer der Stiftung aus, blieb es aber weiterhin im Verein. Ende 2017 kündigte Lange im Verein, seit Anfang 2018 ist er erneut als Geschäftsführer der Stiftung tätig.

An Langes PR-Firma sollen im Laufe der Zeit für „sämtliche Aspekte der Öffentlichkeitsarbeit“ mehr als 100.000 Euro geflossen sein. Lange betonte, stets transparent gehandelt zu haben. Seine Agentur sei durch die jeweiligen Vorstände beauftragt worden.

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Dies sei laut eines ehemaligen Schatzmeisters auch möglich gewesen, weil im Rahmen von Langes „drei Geschäftsführertätigkeiten jährlich Aufträge von bis zu 50.000 Euro an seine Agentur vergeben wurden, ohne dass dafür eine ausreichende Kontrolle stattfand.“

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Der Verein hat in dieser Woche mit einer offiziellen Stellungnahme reagiert. „Anselm Lange genoss das volle Vertrauen der damaligen Vorstandsmitglieder und nutzte dieses Vertrauen aus“, heißt es darin. Man wolle nun das Geschehene aufarbeiten und den Mitgliedern darlegen.

Der Vereinsvorstand machte noch einmal deutlich, dass die Stiftung in ihrer Rechtsform eine vom Verein unabhängige Organisation ist: Die Stiftung wurde im Jahr 2007 gegründet, um die Arbeit des Vereins langfristig zu sichern. Die ehrenamtliche Seelsorge am Notruftelefon findet seit 1956 „ausschließlich“ in dem Verein statt.

„Wir haben die Stiftung bereits aufgefordert, die Wortmarke (Telefonseelsorge, Anm. d. Red.) unverzüglich aus ihrem Stiftungsnamen zu entfernen“, schreibt der Vereinsvorstand. Noch allerdings trägt die Stiftung ihren bisherigen Namen. Eine Stellungnahme der Stiftungsverantwortlichen liegt bislang nicht vor.

Der Verein habe außerdem die Berliner Stiftungsaufsicht darüber informiert, dass sie keinerlei Zuwendung durch die Stiftung erhalten hätte.

Mögliche Nutzungsverletzung des Markennamens

Der Finanzvorstand des Vereins hatte schon in der vergangenen Woche beklagt, dass die Stiftung seit 2016 „weder den Bekanntheitsgrad unserer Arbeit wesentlich erhöht noch Mittel für die Konfliktberatung und Suizidverhütung an die Telefonseelsorge weitergegeben“ habe. Dies könnte ein satzungswidriges Verhalten darstellen, ist die „Förderung der Arbeit und des Bekanntheitsgrades der Telefonseelsorge Berlin e.V.“ doch Zweck der Stiftung.

Der Dachverband der Telefonseelsorge hatte bereits vor einer Veröffentlichung deutlich gemacht, dass falls eine Nutzungsverletzung des Markennamens „Telefonseelsorge“ vorliegen sollte, rechtlich dagegen vorgehen zu wollen. Seit 1999 ist der Name Telefonseelsorge als Wortmarke geschützt.

Lange sprach damals von einem „Imageschaden für alle Beteiligten“. Und auch der Leiter der kirchlichen Telefonseelsorge in Berlin und Brandenburg, Uwe Müller, beklagte, dass Anrufende und Spender schwer unterscheiden könnten, dass es in Berlin zwei Telefonseelsorgen gibt. Es sei „unendlich mühsam“, Vertrauen zu gewinnen. „Ich habe Sorge, dass all unsere Bemühungen der letzten Jahre nun die Spree hinabfließen.“