Ganz Europa beneidet uns um Jamal Musiala und Florian Wirtz. In welcher anderen Mannschaft findet man ein vergleichbares Traum-Duo?
Mit ihrer unbändigen Spielfreude, ihrer Geschwindigkeit und ihren technischen Fähigkeiten speziell im Eins-gegen-eins sind Musiala und Wirtz herausragend. Einzigartig sogar! Sie harmonieren blendend und ergänzen sich trotz ihrer ähnlichen Anlagen perfekt.
Das ist das Ergebnis ihrer exzellenten Entwicklung, die aber noch lange nicht abgeschlossen ist. Musiala und Wirtz sind die Superstars der Zukunft! Sie werden den Fußball in den nächsten zwölf bis 15 Jahren prägen. Ich bin sogar überzeugt davon, dass jeder von ihnen das Zeug hat, als mein Nachfolger der zweite deutsche Weltfußballer zu werden.
Gemeinsam sind sie schon jetzt das größte Versprechen auf viele, viele Titel für den deutschen Fußball, natürlich auch auf den EM-Titel.
Unsere Gegner müssen immer zwei Superspieler bewachen
Wirtz und Musiala beweisen inzwischen, dass sie in der Lage sind, auf höchstem Niveau den Unterschied zu machen. Und das mit einer Unbekümmertheit, die mir große Freude macht. Sie verlieren diese Leichtigkeit auch nicht nach Fehlern. Sie machen dann einfach weiter, weil sie Lust aufs Spielen haben. Gib Wirtz und Musiala einen Ball – und sie lächeln! Das wirkt ansteckend, mitreißend, auch auf die Mitspieler. Ganz abgesehen davon, dass die gesamte Mannschaft profitiert. Nicht nur von ihren Toren und Vorlagen, sondern, weil sie immer zwei, drei, vier Verteidiger auf sich ziehen und so Räume für die anderen schaffen. Unsere Gegner müssen immer zwei Zauberfüße bewachen.
Warten wir mal die EM ab, die nächsten drei Wochen. Wenn Jamal Musiala und Florian Wirtz so weitermachen – und das werden sie, wenn sie hoffentlich verletzungsfrei bleiben –, wird ihr Marktwert bei 150 bis 200 Millionen Euro liegen. Für jeden von beiden.
Die große Frage ist jetzt, bei welchen Vereinen sie in Zukunft spielen. Sie haben die Qualität, sich bei Klubs wie zum Beispiel Real Madrid, dem FC Barcelona oder Manchester City durchzusetzen. Und natürlich haben die größten Klubs der Welt längst ein Auge auf die beiden geworfen.
Ich weiß, dass beide gute, seriöse Berater haben und jeweils ein sehr starkes familiäres Umfeld. Da geht es nicht ums schnelle, große Geld, sondern um eine weiterhin solide Entwicklung dieser hochbegabten, jungen Spieler. Trotzdem ist natürlich die Gefahr da, dass die Bundesliga beide verliert. Das darf eigentlich nicht passieren!
Am besten Verträge bis 2035 ...
Der FC Bayern, der deutsche Klub mit der größten Strahlkraft und finanziellen Stärke, muss jetzt wirklich alles tun, um mit Musiala zu verlängern, was die Bayern bekanntlich auch wollen. Dazu müssen sie Wirtz aus Leverkusen holen und langfristig unter Vertrag nehmen. Falls es sofort nicht möglich ist, würde ich – wäre ich Bayern-Manager – alles versuchen, um bereits jetzt eine Einigung ab 2025 zu finden.
Es ist kein Muss, aber Wirtz und Musiala gemeinsam in einem Klub, das würde auch für die Nationalelf ein Vorteil sein, weil beide dann täglich miteinander arbeiten und sich zusammen entwickeln könnten.
Normalerweise müsste der FC Bayern Musiala und Wirtz Verträge bis 2035 geben – ich weiß natürlich, dass leider nur maximal Fünfjahresverträge möglich sind. Ich kann mir aber sehr gut vorstellen, dass die Bayern längst auch mit Wirtz, seinem Berater und seiner Familie an einer perspektivischen Lösung arbeiten.
Allerdings steckt der neue Sportvorstand Max Eberl dabei mindestens in einem Dilemma. Unter seinem Vorgänger Hasan Salihamidzic und CEO Oliver Kahn wurde viel Geld – sagen wir mal so – nicht gut angelegt. Sondern in hohe Ablösen für Spieler und Trainer gesteckt und in deren Abfindungen.
Seit Hernández 2019 hat Bayern für sechs Innenverteidiger, inklusive jetzt Ito vom VfB, allein an Ablöse rund 300 Millionen Euro ausgegeben. Und Hernández mit seinem 20-Millionen-Gehalt war auch der Auslöser dafür, dass die Gehälter explodiert sind. Einige Spieler bei Bayern waren und sind überbezahlt.
Ich traue Tah zu, es bei Bayern zu schaffen
Deswegen sollen die Gehälter in den nächsten Jahren um 20 Prozent sinken. Ich frage mich nur, warum potenzielle Neuzugänge, die Bayern unbedingt will, weniger als die bekannten Gehälter der Topverdiener akzeptieren sollten. Zumal dann, wenn es internationale Alternativen gibt.
Für Zugänge – erst recht in der Kategorie Wirtz – sollen zudem vorher andere Stars verkauft werden. Coman zum Beispiel gilt als Kandidat, oder auch Gnabry. Und de Ligt weiß inzwischen, dass er bei einem passenden Angebot gehen darf, weil Bayern sich mit Jonathan Tah einig ist und ihn aus Leverkusen holen will.
Ich traue Tah zu, es bei Bayern zu schaffen. Er hat sich unter Xabi Alonso gut entwickelt und spielt auch in der Nationalelf stabil. De Ligt sehe ich aber als den gesetztesten aller Innenverteidiger bei Bayern – und nicht als Verkaufskandidat.
Nachteil für Bayern sind auch bei den Verkäufen die hohen Gehälter, die nicht viele andere Klubs zahlen können. Und dass der Marktwert für Spieler eher fällt, wenn bekannt ist, dass man sie loswerden will. Mögliche Interessenten werden zudem erst die EM abwarten.
Der Artikel wurde für das Sport-Kompetenzcenter (WELT, SPORT BILD, BILD) recherchiert und zuerst in SPORT BILD veröffentlicht.