Anlass für Kritik gab es in den vergangenen Jahren genug. Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft lieferte nur selten gute Spiele ab, insbesondere bei Turnieren. Mit Julian Nagelsmann, dem Bundestrainer, der im September 2023 installiert wurde, aber funktionierte es zunehmend besser. Seit dem Frühjahr weiß die DFB-Auswahl zu überzeugen.
Wie gut sie wieder performen kann, bewies sie eindrucksvoll am vergangenen Freitag, als sie gegen Schottland zum EM-Auftakt 5:1 gewann. Da war sie dann auch endlich effizient vor dem Tor.
Die mangelnde Effektivität– beim 0:0 im Vorbereitungsspiel gegen die Ukraine reichten 27 Schüsse nicht für einen Treffer – war immer mal wieder ein Thema in der Öffentlichkeit. Die Stürmer um Kai Havertz, Niclas Füllkrug & Co. standen im Fokus von Debatten. So auch am Sonntag, obwohl Havertz und Füllkrug beide gegen die Schotten getroffen haben.
„Die Deutschen kennen das Problem“, sagt der Kommentator
Was war passiert?
In der ersten Hälfte des parallel bei RTL und Magenta TV übertragenen EM-Spiels zwischen den Niederlanden und Polen (2:1) deutete Kommentator Wolff-Christoph Fuss an, dass das DFB-Team über keinen Weltklasse-Mittelstürmer verfüge. Zu Beginn der zweiten Hälfte der Partie aus Hamburg ruderten Fuss und sein Co-Kommentator Lothar Matthäus dann zurück – offenbar nach einem Hinweis vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) direkt aus Herzogenaurach, wo die deutschen Spieler, Trainer und Betreuer im Homeground von Adidas wohnen. Teile des Teams schauten offenbar die Partie – und waren offenbar „not amused“.
In der sechsten Spielminute kamen Fuss und Matthäus, die sonst bei Sky zusammen kommentieren, nach einer verpatzten Aktion von Memphis Depay, dem Stürmer der Niederlande, auf die Lage im Angriff der Oranje-Elf zu sprechen. „Das ist das Einzige, Lothar, was den Holländern vielleicht im Moment fehlt zur absoluten Weltspitze, wir haben es ja schon einmal thematisiert: So ein Mittelstürmer von internationalem Format – die Deutschen kennen das Problem“, sagte Fuss – und verstimmte damit offenbar die Zuschauer im DFB-Lager. Dort gibt es zwei große Leinwände, wo die EM-Spiele gemeinsam geschaut werden können.
Nach Information von „Bild“ griff Co-Trainer Sandro Wagner zu seinem Handy und schrieb Fuss direkt per WhatsApp an. Daraufhin erfolgte die Entschuldigung. Fuss sagte zu „Bild“: „Das Gejohle im Homeground soll laut gewesen sein. Ich hoffe, dass sich die Jungs revanchieren und Weltklasse abliefern.“
In der Liveübertragung hatte Fuss gesagt: „Dann kann ich Ihnen sagen, dass wir Nachricht bekommen haben aus dem deutschen Lager, wo es leichte Irritationen gab, dass wir die Probleme im Sturmzentrum – also die Probleme in An- und Abführung – bei der niederländischen Nationalmannschaft mit denen der deutschen Nationalmannschaft verglichen haben. Das ist natürlich auch Quatsch.“ Er war um Wiedergutmachung bemüht und verwies darauf, dass die deutsche Mannschaft mit Havertz, Füllkrug, Undav oder Maxi Beier ganz andere Möglichkeiten in der Breite und Spitze habe. „Liebe Grüße nach Herzogenaurach“, sagte Fuss.
Was die Offensivkräfte betrifft, hatte die deutsche Mannschaft ihre Kritiker gegen Schottland Lügen gestraft: Jamal Musiala, Florian Wirtz, Havertz (per Elfmeter) und Füllkrug hatten getroffen – dazu noch Emre Can.