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FC Bayern München Kabinengeheimnisse

Egon Alzheimer und die geschwätzigen Maulwürfe

Der FC Bayern sucht den Informanten. Vermutlich erfolglos. Denn Maulwürfe gab es schon immer. Und fast nie wurde einer erwischt. Nur bei Lothar Matthäus ist man sich ziemlich sicher.

Bayern München sucht den Maulwurf. Dass sie ihn finden werden, ist unwahrscheinlich. Denn Maulwürfe gibt es, seit es Fußball gibt. Schon 1930 erschien im Berliner „8-Uhr-Blatt“ ein von einem unzufriedenen Reservisten lancierter Artikel über verbotene Handgeldzahlungen und doppelt verkaufte Eintrittskarten bei Hertha BSC, damals Deutscher Meister. Verbandsermittlungen erbrachten jedoch keine Belege, nur der Maulwurf wurde ermittelt: ein gewisser Otto Fritze.

So etwas blieb die Ausnahme; in der Regel wurden Maulwürfe nicht oder erst viel später enttarnt. Sepp Herberger etwa suchte Zeit Lebens den Spieler, der die Aufstellung vor dem legendären ersten Ungarn-Spiel 1954, dem einkalkulierten 3:8-Desaster mit einer B-Mannschaft, einer Zeitung verraten hatte. Herberger hatte einen Verdacht und fixierte den Spieler in der Sitzung auffällig lange, als er das Thema ansprach – aber ein Geständnis erhielt er nicht.

Vor großen Länderspielen, insbesondere bei Turnieren, wurden Maulwürfe regelmäßig aktiv. Nur selten konnte der jeweilige Bundestrainer den Gegner noch überraschen, am Spieltag stand die Elf fast immer korrekt in der Boulevard-Presse. Ein Problem, das noch bei der EM 2012 Joachim Löw beschäftigte. Damals schob man es auf das „Umfeld der Spieler“ und die Möglichkeiten der schönen neuen Medienwelt.

Unter Generalverdacht stand in den Achtzigern und Neunzigern Lothar Matthäus, dessen Hilfsbereitschaft und Redseligkeit Journalisten auszunutzen wussten. Auch bei Bayern München stand Matthäus im Verdacht, regelmäßig Kabinen-Interna auszuplaudern, beispielsweise als Mitspieler Mehmet Scholl eine Geldstrafe erhielt, weil er den Zapfenstreich überzogen hatte. „Der Lothar hat begriffen, dass, wenn er mitspielt, alles halb so schlimm ist“, hat Wolfgang Ruiner einmal im „Spiegel“ gesagt. Ruiner war damals Bayern-Reporter der „Bild“ und Matthäus-Intimus.

Verdacht gegen Matthäus

Überhaupt, die Neunziger: es war das Jahrzehnt, in dem Spielerverträge, Strafenkataloge und Gehaltsschecks wie von selbst in die Zeitschriften flatterten. 1998 etwa landete eine Kopie der Gehaltsabrechnung von Berti Vogts in einer Redaktion, nicht ganz zufällig direkt nach dem WM-Aus.

Auch der Bierdeckel-Vertrag von Schalke-Trainer Udo Lattek wurde öffentlich, war er doch so amüsant: Extra-Prämie, wenn Schalke vor Dortmund landet, das kann man ja schlecht für sich behalten. Schon gar nicht auf Schalke.

Maulwürfe wurden immer gern aktiv, wenn es galt Trainer zu schwächen oder abzuschießen. Als Jan Wouters in einer Spielersitzung der Bayern 1992 Erich Ribbeck vor den Kopf knallte er sei „der einzige in diesem Raum, der keine Ahnung von Taktik hat“, stand das Tage später in den Münchner Zeitungen. Es war der Anfang vom Ende der Ära Ribbeck.

1860 München entließ 1978 Heinz Lucas, als Spieler von seiner Zerstreutheit berichteten – anonym natürlich. Dauernd würde er Namen verwechseln. Hannovers Presse wurde 1996 zugespielt, die Mannschaft würde Egon Coordes nur noch „Egon Alzheimer“ nennen. Weshalb alle Spieler notariell beglaubigen lassen mussten, dass keiner der Maulwurf gewesen sei. Mindestens einer hatte gelogen, auch dieser Vorgang kam mitsamt Unterschriftenliste der Spieler heraus. „Wer hat hier Egon Alzheimer gesagt?“, fragte die „Sport-Bild“ amüsiert. Coordes war nicht mehr zu halten.

„Egon Alzheimer“ war nicht zu halten

HSV-Trainer Michael Oenning warnte 2011 seine Spieler vor einem Spiel gegen den FC Bayern vor Stürmer Miroslav Klose, der im Sommer schon nach Rom gewechselt war. Die Spieler lachten, Oenning merkte seinen Fehler sofort und sprach von „einer Freud’schen Fehlleistung“. Weil aber immer ein Reservist unzufrieden ist, kam auch das heraus. In der Krise war das der Tropfen, der das Fass überlaufen ließ.

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Werder Bremen beschäftigte im selben Jahr plötzlich einen Mental-Trainer. Das sollte geheim bleiben, stand aber schon bald in der Zeitung. Kapitän Torsten Frings tobte: „Wir haben einen Spinner in der Mannschaft, der einfach nicht dichthalten kann“ und ging auf Maulwurfsuche. Vergeblich.

Sein Kaiserslauterer Kollege Timo Wenzel ließ 2004 sogar die Handys aller Spieler einsammeln, weil Inhalte einer Brandrede von Präsident Rene C. Jäggi öffentlich geworden waren. Aber auch dieser Maulwurf entkam. Ebenso wie der von Schalke, der 2006 Kritik von Gerald Asamoah an Trainer Mirko Slomka und Details von Asamoahs Suspendierung haarklein weitergab. „Der Informant kann nur aus der Mannschaft kommen. Solange es diesen Maulwurf gibt, kann es kein Vertrauen zwischen den einzelnen Spielern geben“, schimpfte Kapitän Marcelo Bordon.

Journalisten aber wissen: viele Maulwürfe tragen Anzug, sitzen in Aufsichtsräten oder Berater-Agenturen und profitieren von Abhängigkeiten. All das macht die Maulwurf-Suche so schwierig.

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