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Sport Nur 1:1 in Ungarn

Den Franzosen war das Stadion zu voll

Weltmeister Frankreich stolpert im Hexenkessel von Budapest und kommt bei der EM gegen den großen Außenseiter Ungarn nur zu einem Remis. Torschütze Antoine Griezmann liefert danach überraschende Erklärungen.

Marco Rossi hatte geahnt, was seine Mannschaft gegen den Weltmeister erwarten würde. „Um gegen solche Teams zu gewinnen, musst du 110 Prozent bringen. Gleichzeitig musst du hoffen, dass der Gegner nicht sein Topniveau erreicht. Und du brauchst auch Glück“, sagte Ungarns Trainer.

Das Glück beim 1:1 (1:0) gegen Frankreich kam in der Nachspielzeit der ersten Hälfte. Da beendete Verteidiger Attila Fiola einen überfallartig inszenierten Konter mit dem Tor zur 1:0-Führung (45.+2) für die Gastgeber. Die voll besetzte Budapester Puskas-Arena stürzte in einen Adrenalinrausch, und die favorisierten Franzosen trauten ihren Augen nicht. Ungarn hatte das Spiel auf den Kopf gestellt.

Dass es dennoch nicht zum Sieg für Ungarn reichte, lag an Antoine Griezmann. Der französische Mittelfeldstar verhinderte mit seinem Ausgleichstreffer in der 66. Minute eine Niederlage des Weltmeisters. Didier Deschamps, Frankreichs Coach, hatte im Vorfeld vor einer solchen Situation gewarnt: „Wir sind Weltmeister und uns unserer Stärke bewusst“, sagte er WELT AM SONNTAG. „Aber wir dürfen nicht den Fehler machen, dass aus dem Selbstvertrauen Überheblichkeit wird.“

„Ich bin geschafft“, sagt Griezmann

Dass ausgerechnet der krasse Außenseiter Ungarn der „Equipe Tricolore“ die Grenzen aufzeigen würde, hatte kaum jemand erwartet. Angefeuert von 55.062 Zuschauern bot die taktisch äußerst diszipliniert agierende Rossi-Elf dem Gegner einen leidenschaftlichen Kampf. „Wir müssen uns aufraffen und ausruhen, um Portugal zu schlagen“, sagte Griezmann nach der kräftezehrenden Aufholjagd und wirkte ratlos: „Ich weiß nicht, was gefehlt hat ... Ich bin geschafft. Es war richtig heiß. Das war ein schwieriges Spiel mit den Fans. Es war das erste Mal für uns in einem vollen Stadion. Wir sind ein volles Stadion nicht mehr gewohnt. Wir haben uns nicht gehört.“

Und Deschamps sagte auch angesichts der Temperaturen: „Vielleicht hatten all diese Umstände mehr Einfluss auf uns als auf den Gegner. Wir tun unser Bestes, wir sind aber außer Atem.“

Hungary France Euro 2020 Soccer
Antoine Griezmann (l.) bejubelt seinen 1:1-Ausgleich
Quelle: AP/Laszlo Balogh

Die Atmosphäre in der Budapester Puskas-Arena erinnerte an die Zeiten vor der Corona-Pandemie. Offiziell waren im Stadion zwar nur (mindestens einmal) geimpfte Fans zugelassen. Dennoch hatten die Reisen der Zuschauer zu den Spielorten angesichts der unsicheren Pandemielage für Kritik gesorgt – übrigens ebenso wie die Protestaktionen einiger Mannschaften gegen Rassismus und Homophobie.

Daran hatten sich auch die Franzosen ursprünglich beteiligen wollen, waren dann aber zurückgerudert. „Wir spielen Fußball, wir machen keine Politik“, sagte Deschamps. „Der Rest kümmert uns nicht. Wir haben keinen Einfluss darauf. Und wir sind für etwas anderes hier.“ Diese Haltung erstaunt umso mehr, als etwa der europäische Fußballverband Uefa kein Problem damit hat, sich mit der Forderung nach Sonderrechten für VIPs in die Belange souveräner Staaten wie Großbritannien einzumischen.

Hitlergruß aus dem Hooligan-Block

In teils autokratisch regierten Staaten wie Ungarn oder EM-Co-Gastgeber Russland haben sie weniger Probleme mit solchen knallharten Vorgaben. Und auch sonst mutet die Deschamps-These vom unpolitischen Spiel seltsam an. Unübersehbar war auch an diesem Nachmittag die berüchtigte Ultragruppierung Carpathian Brigade im Budapester Stadion.

Fußball EM - Ungarn - Frankreich
Der schwarze Block von Budapest
Quelle: dpa/Alex Pantling

Die Hooligans der ungarischen Nationalmannschaft, zu erkennen an den schwarzen T-Shirts, setzen sich zu einem Gutteil aus Neonazis zusammen. Im ersten Gruppenspiel gegen Portugal waren einige von ihnen durch das Zeigen des Hitlergrußes aufgefallen. Zum gewaltbereiten schwarzen Block unter Ungarns Fans hat die Uefa sich bislang nicht geäußert.

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In der 59. Minute scheiterte Frankreichs Ousmane Dembélé dann nur knapp mit einem Pfostenschuss am Ausgleich. Der gelang schließlich Griezmann in der 66. Minute nach Vorlage von Kylian Mbappé. Doch Ungarn ließ sich von dem Rückschlag nicht beeindrucken und sorgte immer wieder mit gefährlichen Kontern für Entlastung. Frankreich schien dagegen zunehmend am ungarischen Abwehrbollwerk zu verzweifeln. Es werde ein Spiel, in dem „900 Millionen Euro gegen 60 Millionen Euro“ antreten, hatte Ungarn-Trainer Marco Rossi noch im Vorfeld der Partie konstatiert. Umso erstaunlicher war, was sein Team leistete.

Er hatte die Parole ausgegeben, mit seiner Mannschaft bei der EM den ein oder anderen Punkt holen zu wollen. Zugleich betonte der Italiener aber, notfalls würde er sich auch mit weniger zufriedengeben. „Ich könnte auch glücklich sein, wenn ich von meinen Spielern die richtige Einstellung, die richtige Persönlichkeit auf dem Platz sehe, um unsere taktischen Vorgaben umzusetzen.“ Insofern dürfte Rossi mit seiner Mannschaft nach dem Spiel gegen den Weltmeister überglücklich sein. Und der nächste Gegner in der Hammergruppe F ist nach diesem beeindruckenden Auftritt der Ungarn sicherlich gewarnt. Der Gegner heißt am Mittwochabend: Deutschland.

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