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Städtereisen Urlaub mit Kind

„Hamburg ist cool – besser als Berlin“

Sind Städtereisen etwas für Kinder? Unser Autor hat es ausprobiert. Er fuhr mit seinem sechsjährigen Sohn nach Hamburg. Im Gepäck hatte er zwei Reiseführer, die dem Kleinen die Stadt erklären sollten.
Am Hafen: Hamburgs Skyline mit Elbphilharmonie, vorn das Museumsschiff „Cap San Diego“ Am Hafen: Hamburgs Skyline mit Elbphilharmonie, vorn das Museumsschiff „Cap San Diego“
Am Hafen: Hamburgs Skyline mit Elbphilharmonie, vorn das Museumsschiff „Cap San Diego“
Quelle: Getty Images/Martin Deja

Mein Sohn Philipp ist sechs Jahre, nicht gerade das typische Alter für einen Hamburg-Reisenden. Wir fahren trotzdem hin. Denn ich will ihm die Stadt zeigen, in der ich früher mal gewohnt habe, aus der ich seine Mutter kenne, die immerhin 1,8 Millionen Einwohner und gut sieben Millionen Touristen pro Jahr hat.

„Das ist ja nur halb so groß wie Berlin!“, sagt Philipp. Wir wohnen in der Hauptstadt, hier spielt für ihn die Musik. Auf Hamburg ist er trotzdem ein bisschen neugierig, seit ich zwei Spezial-Reiseführer für Kinder besorgt habe, um ihm die Reise schmackhaft zu machen.

Mit beiden Büchern im Gepäck steigen wir in den ICE und rauschen durch das norddeutsche Flachland. Während draußen Kühe grasen, überkommen mich Restzweifel: Ist Städtetourismus für einen Sechsjährigen nicht eher ein zusammenhangloses Sammelsurium aus Sehenswürdigkeiten, die er langweilig findet? Hier ein Museum, da ein Platz, dort eine Kirche, außerdem Cafés, Parks und Läden, die es in Berlin genauso gibt.

Eine schlaue Ratte liefert Informationen zur Stadt

Doch Philipp blättert im Zug bereits eifrig in den Kinder-Reiseführern – was mich beruhigt, denn die sollten ja wissen, was Sechsjährige spannend finden und was nicht. Das Buch „Lilly und Anton entdecken Hamburg“ (Zielgruppe: Vier- bis Neunjährige) begleitet zwei Freunde auf 24 Kleinkind-dicken Seiten durch die Hafenstadt.

Aus dem Pappbuch-Alter ist Philipp längst raus, aber dafür geht es inhaltlich zur Sache: „Im Laufe der Jahrhunderte wuchs und gedieh die Stadt an der Alster, bis die Stadträte einen bedeutenden Entschluss fassten: Hamburg sollte Mitglied der deutschen Hanse werden. Durch diese Städtegemeinschaft konnte man viel leichter Handel mit anderen Städten betreiben.“

Das ist ordentlich Futter für einen Jungen im Wieso-weshalb-warum-Alter. „Was ist ein Stadtrat?“, will Philipp wissen. „Was ist ein Entschluss? Was ist Handel treiben? Warum geht das mit einer Städtegemeinschaft leichter?“

So zeigt der Kinder-Reiseführer „Lilly und Anton entdecken Hamburg“ die Speicherstadt
Fast nur gut gelaunte Leute und eine Ratte: So zeigt der Kinder-Reiseführer „Lilly und Anton entdecken Hamburg“ die Speicherstadt
Quelle: Del Medio Verlag

Da kann man als Vater schon mal ins Schwitzen kommen. Zum Glück assistiert eine schlaue Ratte auf jeder Seite mit Zusatzinfos. „Hier ist der Boden so feucht, dass das Rathaus auf 4000 Pfählen stehen muss“, erklärt sie. Das ist doch was!

Und als es heißt, dass die Hansestädte gemeinsam gegen Piraten kämpften, wird’s spannend für Philipp. „Wie sahen die aus? Hatten die Messer? Gibt es Schätze in Hamburg?“ Doch leider schweigen Lilly, Anton und die Ratte zu diesen naheliegenden Fragen.

Der Stadtführer für Kinder weckt Neugier

Antworten bietet dafür der zweite Titel, „Hamburg – der Stadtführer für Kinder“ (ab sechs Jahren). Er startet mit den Türmen der Stadt, und die sind alle interessant: Der Michel, Hamburgs Wahrzeichen, hat die größte Turmuhr Deutschlands, allein jede Ziffer ist 1,35 Meter hoch, zehn Zentimeter höher als Philipp – das entlockt ihm ein „Wow!“

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Und der Turm von St. Katharinen trägt an der Spitze eine Banderole, gemacht aus Gold. „Der Sage nach stammt das Gold aus dem Schatz des Piraten Klaus Störtebeker“, verrät das Buch. Philipp ist begeistert.

Ab jetzt ist Hamburg cool. Und wir steigen pünktlich am Hauptbahnhof aus.

Hunderte Male bin ich die Mönckebergstraße entlanggelaufen, die gut besuchte Einkaufsmeile, die vom Bahnhof Richtung Hafen führt („sind das hier die 1,8 Millionen Einwohner?“). Aber noch nie war ich auf dem Turm von St. Petri direkt an dieser Straße, den der „Stadtführer für Kinder“ empfiehlt. Wer die 544 Stufen hoch will, sollte schwindelfrei sein, oben ist er fast allein.

Das Buch „Hamburg – der Stadtführer für Kinder“ startet mit den Türmen der Stadt
Das Buch „Hamburg – der Stadtführer für Kinder“ startet mit den Türmen der Stadt
Quelle: Verlag Günter Strempel

Dort ist eine spitze Kammer mit acht Bullaugen und prächtigem Rundblick über den Hafen. Philipp staunt. „So groß hab ich mir den nicht vorgestellt.“ Schon kommt die erste Frage: „Wie lang ist so ein Schiff?“

Der „Stadtführer für Kinder“ weiß Bescheid. Eindrucksvoll zeigt eine Illustration einen senkrecht gestellten Container-Frachter neben dem Fernsehturm – und überragt ihn um über 80 Meter. Den Fernsehturm sehen wir vom Kirchturm aus, das Schiff daneben stellen wir uns vor. „Wahnsinn“, findet Philipp.

Hafen, Schiffe und Wasser als roter Faden

Mir wird klar: Hamburg ist für Kinder kein unübersichtliches Sammelsurium. Mit Hafen, Schiffen und Wasser hat die Stadt ein Thema, das alles zusammenhält. Wir müssen noch nicht mal U-Bahn fahren, entlang des Hafens gehen wir zu Fuß.

Zum Beispiel durch den Alten Elbtunnel an den Landungsbrücken, den beide Bücher empfehlen. „Ein Aufzug für Autos? So was gibt’s nicht“, sagt Philipp, bis er fassungslos davorsteht.

Unter Hamburgs Hafen: Die Röhren des Alten Elbtunnels kann man zu Fuß queren
Unterm Hafen: Die Röhren des Alten Elbtunnels kann man zu Fuß queren
Quelle: Getty Images/imageBROKER RF/Carsten Leuzinger
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Auf der anderen Elbseite zeigt sich ein weiterer Hamburger Vorteil für Kinder: Dank der freien Sicht über den Fluss auf die Stadt können sie sich leicht orientieren. Da ist St. Petri mit den Bullaugen, da ist der Michel mit der großen Uhr, da ist der Turm mit dem Piraten-Gold und links der Fernsehturm.

Die Hafenrundfahrt, ebenfalls gerühmt in beiden Büchern, ist natürlich ein Selbstläufer. Hier der breite Strom, dort die engen Fleete durch die Speicherstadt mit ihren roten Ziegeln. Wieder wird der Junge mit Zahlen gefüttert.

Am Kai liegt der Container-Frachter „Cosco Denmark“. Wir erfahren, dass 13.360 Container drauf passen. Hätte man vier solcher Schiffe und würde man die Container hintereinander stellen, rechnet der Kapitän unserer Barkasse vor, reiche die Schlange von Hamburg bis Berlin. Guter Vergleich, Philipp ist beeindruckt.

5000 PS bringen die Hafenschlepper, 14.000 Euro haben manche Fenster der Elbphilharmonie gekostet, sagt der Kapitän. Die Stärke von 5000 Pferden ist für Philipp schwer vorstellbar, bei 14.000 Kugeln Eis hört’s ganz auf. Macht aber nichts: Je höher die Zahlen, desto besser die Stadt.

Statt in die Herbertstraße geht es zu den Schädeln

Lilly und Anton vergnügen sich inzwischen auf dem „Dom“, dem Jahrmarkt von St. Pauli. Autoscooter und Zuckerwatte. Da will Philipp hin. Doch was sehen wir? Eine betongraue Fläche – wir sind außerhalb der Jahrmarkt-Saison gekommen. Und jetzt? Fragen wir Lilly und Anton, was wir hier sonst machen können. Wofür die benachbarte Reeperbahn berühmt ist, verschweigen die beiden diskret.

Aber die Ratte verrät ein pikantes Detail: „Wer ahnt denn so was?“, schlaumeiert sie, die Herbertstraße sei mit nur 60 Metern die „kürzeste Straße Hamburgs.“ Nein, das hat Philipp nicht geahnt, aber sein Interesse ist geweckt. „Schauen wir uns die Herbertstraße doch mal an“, schlägt er vor.

Eigentlich soll man Kindern die Welt zeigen, wie sie ist. Aber erklären, warum Frauen ihre Brüste in Schaufenster hängen? Da bin ich etwas konservativ. „Sooo interessant kann die Straße nicht sein, wenn sie so kurz ist“, rede ich mich raus und schlage schnell den „Stadtführer für Kinder“ auf. Und siehe da, um die Ecke steht das Museum für Hamburgische Geschichte mit seinem Killer-Exponat: Störtebekers Schädel.

Hamburg: Der Schädel des Freibeuters Klaus Störtebeker kann kleine Jungs begeistern
Der Schädel des Freibeuters Klaus Störtebeker kann kleine Jungs begeistern
Quelle: pa/dpa/Maurizio Gambarini

Zum Glück ist ein Schädel für einen Sechsjährigen faszinierender als Brüste. „Da will ich hin“, sagt Philipp sofort. Wir finden den alten Störtebeker, ausgeleuchtet in einer Vitrine, neben seinem Kopf sind Messer ausgestellt, Keulen und Kampf-Äxte, die man sich damals um die Ohren gehauen hat.

Ein Stück weiter wartet ein gutes Dutzend weiterer Piratenschädel, die man nach der Hinrichtung mit dicken Nägeln auf einen Balken geschlagen und auf dem Marktplatz ausgestellt hat. Meine Sorge, dass das Ensemble für Kinder vielleicht zu brutal ist, ist unbegründet.

Kinder sind Realisten. „So viele Piraten zu köpfen macht sehr viel Arbeit“, stellt Philipp nüchtern fest. Warum man sie nicht einfach verbrannt habe, fragt er dann, „das geht doch viel schneller“. Ich erkläre ihm die Idee der Abschreckung, die wirkt auch bei ihm. „Da bin ich froh, dass ich kein Pirat bin!“

„Das beste Museum, in dem ich bis jetzt war!“

Die genagelten Schädel sind schnell aus dem Kopf. Unten am Hafen steigen wir auf die „Cap San Diego“. In den 60ern war es eins der schnellsten Schiffe der Welt und fuhr zwischen Europa und Südamerika hin und her, erfahren wir bei Lilly und Anton. Heute ist es das weltgrößte fahrtüchtige Museumsschiff.

Das Beste: Überall darf man rein, alles darf man anfassen. Wir klettern hinab in den Maschinenraum, Ölgeruch steigt in die Nase. Vorbei geht es an haushohen Zylindern, an Druckmessern, Schaltern und Hebeln, an Ventilen, Knöpfen und einer Telefonzelle, damit der Maschinist auch bei Motorlärm mit dem Käpt’n auf der Brücke sprechen kann.

Hamburg
Quelle: Infografik WELT

Philipp kriecht begeistert durch den Wellentunnel, 50 Meter Enge, durch den der Motor mit der Schraube verbunden ist. „Das beste Museum, in dem ich bis jetzt war!“ Ein Mechaniker mit Vollbart zeigt uns den Rückweg hinauf zum Deck und spinnt ein bisschen Seemannsgarn. X-mal sei er durch den Panamakanal gefahren, besonders schön sei das bei Nacht. Philipp lauscht. An der Reling stehen, überall Dschungel, Vögel kreischen, Affen toben.

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Ein bisschen wie im „König der Löwen“-Musical, eine weitere Empfehlung von Lilly und Anton. Die Geschichte kennt Philipp von zu Hause, aber die Show hat einen entscheidenden Vorteil: Auf der Bühne sind „noch mehr Hyänen als in meinem Buch“. Auch die Kostüme findet er schön, die Büffel, die Giraffen.

Dass der Löwenprinz Simba von seinem fiesen Onkel in die Wüste geschickt wird und ihn ein Warzenschwein und ein Erdmännchen retten – alles logisch. Aber eine Feinheit der Musicalkultur leuchtet ihm beim besten Willen nicht ein: „Die Tiere könnten doch normal reden, warum müssen die ständig singen?“

„Hamburg ist besser als Berlin“

Am Lilly-und-Anton-Buch hat er ebenfalls etwas zu bekritteln. Da seien „nur gezeichnete Bilder drin und keine Fotos“ wie in dem anderen Buch. Außerdem stören ihn „diese komisch dicken Seiten“.

In der Tat hat der „Stadtführer für Kinder“ normale dünne Seiten und davon mehr als dreimal so viele. „Da ist doch viel mehr drin“, sagt Philipp – neben den ganzen Tipps etwa Rätsel, Sachen zum Ausmalen und ein Hafenschlepper-Bastelbogen. Eins müsse man dem Lilly-und-Anton-Buch allerdings lassen: „Die Ratte ist super!“

Nach drei Tagen ist unsere Zeit vorbei, und wir steigen in den ICE. „Hamburg ist besser als Berlin“, befindet Philipp, als der Zug anfährt. Warum? „In Berlin gibt’s ja nicht mal ’n Hafen.“

Vertiefung der Elbe kann beginnen

Nach jahrelangen Rechtsstreitigkeiten fällt der Startschuss für die Elbvertiefung. Damit sollen dann auch große Containerschiffe unabhängig von der Flut den Hamburger Hafen erreichen können.

Quelle: WELT

Tipps und Informationen

Anreise: Am kinderfreundlichsten reist man mit der Bahn, es gibt ICE- und Intercity-Verbindungen aus allen Teilen Deutschlands.

Unterkunft: Es empfiehlt sich eine Unterkunft in Hafennähe, von der aus vieles gut zu Fuß erreichbar ist und wo sich die Kinder (und Eltern) zwischendrin mal eine Stunde hinlegen können. Zum Beispiel hier: „Hotel Stella Maris“, gepflegtes kleines Hotel mit hanseatischem Flair nahe den Landungsbrücken, Doppelzimmer ab 97 Euro, hotel-stellamaris.de; „Hanse Clipper House“, mit Gartenterrasse und Holzspielplatz, am Michel gelegen, Apartment mit Küche zur Selbstversorgung ab 110 Euro, clipper-boardinghouses.de; „Jufa Hotel Hamburg Hafencity“, großes Hotel mit Kinderwagenverleih und Spielbereich innen und außen am Wasser, Doppelzimmer mit Frühstück ab 139 Euro, jufa.eu/deutschland/hamburg; „DJH Jugendherberge Auf dem Stintfang“, direkt an den Landungsbrücken gelegen, klassisches Jugendherbergs-Flair als günstige Alternative in bester Lage mit Elbblick, Übernachtung im Mehrbettzimmer mit Frühstück pro Person ab 27,50 Euro, Doppelzimmer (nur mit Etagenbetten) inklusive Frühstück ab 79 Euro, jugendherberge.de

Kinder-Reiseführer: „Lilly und Anton entdecken Hamburg“, Del Medio Verlag/Divan, 24 Seiten, für Kinder von vier bis neun Jahren, 14,90 Euro; „Hamburg – der Stadtführer für Kinder“, Verlag Günter Strempel, 80 Seiten, für Kinder ab sechs Jahren, 12,90 Euro.

Weitere Infos: hamburg-tourismus.de

Die Teilnahme an der Reise wurde unterstützt von Hamburg Tourismus. Unsere Standards der Transparenz und journalistischen Unabhängigkeit finden Sie unter axelspringer.de/unabhaengigkeit.

Dieser Text ist aus der WELT AM SONNTAG. Wir liefern sie Ihnen gerne regelmäßig nach Hause.

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Quelle: WELT AM SONNTAG

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