„Die Wellen des Meeres auf und nieder / Tragen mich und meine Lieder / Von Hafenplatz zu Hafenplatz“, schrieb Joachim Ringelnatz. Wer in Cuxhaven zum Schiffe-Gucken auf der Alten Liebe steht, spürt das Fernweh wie einst der humoristische Schriftsteller. Als Schiffsjunge fuhr er zur See, war im Ersten Weltkrieg Kommandant eines Minensuchboots in Cuxhaven und erfand später als Dichter den Seemann Kuttel Daddeldu, der seinen über die ganze Welt verstreut lebenden Kindern Anker auf die Beinchen tätowiert, wenn ihre Mütter nicht hinsehen.
Die Alte Liebe wurde 1733 als Pier erbaut, dafür versenkte man drei Schrottschiffe. Eines hieß „Die Liebe“, sagt eine Legende, daher der Name. Heute dient sie als Aussichtsplattform. Riesige Pötte aus aller Welt ziehen auf der Elbe vorbei, Richtung Hamburg oder raus zur Nordsee. Fähren nach Helgoland, Frachter, Kreuzfahrtschiffe – wohin, verrät der Schiffsansagedienst über Lautsprecher.
Urlauber essen hier passenderweise Fischbrötchen und freuen sich auf die nächsten Tage in Deutschlands größtem Nordseeheilbad, das zugleich Hafenstadt und Fischereihochburg ist, wo sich Stadt- und Meeresurlaub wunderbar miteinander verbinden lassen.
Der Kopfbahnhof im Stadtzentrum, nur 20 Gehminuten von der Alten Liebe entfernt, ist das Ziel der Bahn aus Bremerhaven (Fahrtzeit 50 Minuten) sowie der aus Hamburg (1,5 Stunden). Bei der Ankunft grüßen die Möwen, die Nordseebrise und der Alte Wasserturm aus Backstein.
Am meisten sieht, wer Cuxhaven zu Fuß oder per Rad erkundet, es fahren aber auch Linienbusse durch die Stadt. Sogar zur Insel Neuwerk (die zu Hamburg gehört) kann man laufen, jedenfalls bei Ebbe: Von Cuxhaven-Duhnen sind es zwölf Kilometer, etwa vier Stunden. Parallel fahren Pferdewagen durchs Watt und bei Flut Schiffe.
Was man in Cuxhaven sehen sollte
An der Alten Liebe stehen der alte Hamburger Leuchtturm (jahrhundertelang bis 1937 gehörte die Stadt zu Hamburg) sowie das Windsemaphor von 1884, das Schiffen Wetterinformationen übermittelt – europaweit das letzte funktionstüchtige Exemplar.
Unbedingt besuchenswert ist das Wrack- und Fischereimuseum Windstärke 10. Besucher heuern auf einem Dampfer an, erleben virtuell Schiffsuntergänge und sehen echte Wracks. Im Foyer zeigt Peter Meister, genannt „Knoten-Peter“, an ausgewählten Tagen die Kunst der Seemannsknoten und erzählt von seinem Leben auf See, er ankerte vor 131 Ländern.
In den Hapag-Hallen ist das historische Passagierterminal der Hamburg-Amerika-Linie zu besichtigen – vom Kuppelsaal für Erste-Klasse-Passagiere bis zum „Kai der Tränen“, wo sich Auswanderer oft für immer verabschiedeten. Hier startete 1891 auch eine Dampferreise in den Orient – die erste Luxuskreuzfahrt der Geschichte.
Im Stadtzentrum stehen zwischen Bausünden viele schöne alte Häuser. Und Cuxhavens Ursprung: Schloss Ritzebüttel. Vor 600 Jahren als hamburgischer Außenposten erbaut, war das Backsteinschloss mit dem Barockvorbau bis 1937 Sitz der Hamburger Amtmänner. Der Schlosspark mit den alten Bäumen, Teichen und dem Schweizer Haus ist ein malerischer Ort.
In einem Fachwerkhaus gegenüber zeigt das Ringelnatz-Museum Werke des Schriftstellers und Kabarettisten, der bis zum Arbeitsverbot durch die Nationalsozialisten auch Gemälde schuf.
Von hier führen ein einstündiger Spaziergang oder eine kurze Radtour entlang der Elbe und dem mit grünem Deichrasen bedeckten Badestrand der Grimmershörnbucht zur Kugelbake, Cuxhavens Wahrzeichen im Kurviertel Döse. Sie markiert die Mündung der Elbe in die Nordsee und war lange ein wichtiges Seezeichen.
Hinter dem Deich liegt in einem geheimnisvollen Wald das Fort Kugelbake, 1879 durch Preußen zur Sicherung des Seewegs errichtet. Bei einer Führung durch die einzige erhaltene Marine-Artillerie-Festung an der deutschen Nordseeküste erleben Gäste 145 Jahre Geschichte.
Entspannen am Strand mit Blick auf die Nordsee
Oder man bleibt am Strand, guckt Schiffe und lässt sich den Alltag aus dem Kopf pusten. Immerhin gehört schon das Atmen der salzhaltigen Nordseeluft zur Thalassotherapie – die Heilpflege durch das Meer, die schon Hippokrates begründet haben soll. Vier Kilometer feinsandiger Nordseestrand erstrecken sich von der Kugelbake bis zum Ende der Strandpromenade im Stadtteil Duhnen, das noch heute den Charakter eines eigenen Seebads hat.
Hier lässt es sich herrlich abschalten – und Wattwandern. In Cuxhaven geht das auch ohne Führung, überlebenswichtig ist es nur, sich an die Wattwanderzeiten zu halten, die überall angeschlagen sind. Einsame Reiter im Watt oder die von Pferden gezogenen Wattwagen nach Neuwerk wirken wie aus einer anderen Zeit.
Wer die Magie des Meeres ganz auskosten will, radelt an der Küste weiter zum Unesco-Weltnaturerbe Wattenmeer-Besucherzentrum Cuxhaven am Sahlenburger Strand. Die Ausstellung ist exzellent, hier starten auch spannende Naturführungen zu Tier- und Pflanzenwelten von Watt, Salzwiesen, Küstenheide und Geestkliff.
Zurück in Duhnen, wartet das Thalassozentrum Ahoi mit Saunadorf und Wellenbad. Gäste schwimmen in erwärmtem Nordseewasser, schwitzen in der Panoramasauna, lassen Massagen, Meersalzpeelings oder Algen auf sich wirken. Neu und gemütlich ist die Strandkorbsauna mit Meerblick. Sie bietet Platz für ein bis zwei Personen und wird privat gebucht. Aber Achtung: Es ist eine Textilsauna, da sie außerhalb des Nacktbereiches liegt – nämlich direkt am Strand. Hartgesottene rennen durch Wind und Wetter in die frühlingskalte Nordsee.
Empfehlenswerte Hotels
Im historischen Ortskern von Duhnen, hinter den modernen Strandhotels, gibt es schöne traditionsreiche Häuser. Etwa das „Aparthotel Am Meer“, seit 100 Jahren in Familienbesitz, in einer Jugendstilvilla 100 Meter vom Nordseestrand (Doppelzimmer ab 120 Euro, aparthotel-am-meer.de).
Schmuckstücke stehen auch am Grünstrand Grimmershörnbucht in Dösen, von der „Villa Caldera“ am Seedeich sind es 15 Gehminuten zur Alten Liebe (Doppelzimmer ab 80 Euro, villa-hus-austernbank.de/hotels/hotel-villa-caldera). Eine große Auswahl an Ferienwohnungen, viele mit Meerblick, bietet der Cuxhavener Anbieter André Rupprecht (ferienwohnung-nordsee.de).
Essen und Trinken
Frischen Nordseefisch, Krabben, Matjes – in der Fischereistadt gibt es dafür viele gute Adressen. Eine der besten ist das „Alte Fischkontor“ im Alten Fischereihafen. Weniger bekannt ist, was die Stadt kulinarisch sonst noch bietet. In den 60er-Jahren wurden busseweise „Gastarbeiter“ aus Portugal und anderen Ländern für die Fischindustrie angeworben, mit eigenen Rezepten im Gepäck. Das Ergebnis sind hervorragende, authentische Restaurants wie das portugiesische „Sagres“ und die italienische Osteria „La Fenice“.
Bei ihrer „Cuxgenusstour“ mit dem Fahrrad durch das charmante Lotsenviertel zeigt Martine Susann Thürcke eine Auswahl ihrer Lieblingsläden, Kostproben inklusive – vom südländischen Spezialitätengeschäft „Bei Ciro“ bis zu „Fitters Sturmflut“ mit Cuxhavener Bier und Likör. Oder darf es ein Michelin-Stern sein? Im „Sterneck“ in Duhnen zaubert Spitzenkoch Marc Rennhack Sieben-Gänge-Menüs mit viel Fisch und Meeresfrüchten.
Der beste Platz für einen lässigen Drink direkt am Strand mit Wow-Sonnenuntergang über dem Watt ist das Strandbistro „Duhner Spitze“. Wer sich dazu ein Absacker-Fischbrötchen gönnt, sollte aufpassen – sonst stibitzen es die Möwen.
Weitere Informationen: nordseeheilbad-cuxhaven.de