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Deutschland In der Wildnis

Hier wird das Paddeln auf der Havel zur Safari

Ein Feuchtgebiet der Superlative – das ist die Untere Havelniederung im Grenzgebiet von Brandenburg und Sachsen-Anhalt. Paddler entdecken seltene Vögel, baden im klaren Fluss und kehren beim Fischer ein. Dessen Kreationen sind einfallsreich.
Ziemlich urwüchsig: die Gülper Havel, ein Nebenarm der Havel Ziemlich urwüchsig: die Gülper Havel, ein Nebenarm der Havel
Die Gülper Havel ist ein Nebenarm der Havel - ein zudem ziemlich urwüchsiger
Quelle: picture alliance/ZB/Patrick Pleul
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Der Graureiher lässt sich nicht überlisten. Zum dritten Mal fliegt er mit einem Krächzen vor dem Kajak auf und flüchtet die Gülper Havel stromaufwärts. Dabei versuchen die Paddler schon, lautlos heranzugleiten, um ihn aus möglichst kurzer Distanz bewundern zu können.

Aber auch andere Sichtungen lassen nicht lange auf sich warten: ein Storch beim Picken in der Wiese, eine Familie Höckerschwäne, ein Schwarm Wildgänse hoch in der Luft, ein scheuer Eisvogel.

Man kann es so sehen: Eine Paddeltour auf der Gülper Havel wird zur Safari mitten in Deutschland.

Rund 250 Vogelarten kommen an dem renaturierten Altarm der Havel vor, nicht nur nordische Wildgänse und Kraniche, deren Zahl in die Zehntausende geht, sondern auch vom Aussterben bedrohte: Rohrdommel, Tüpfelsumpfhuhn, Uferschnepfe, Bekassine und Trauerseeschwalbe.

Quelle: Infografik WELT

Laut Bundesamt für Naturschutz ist die Untere Havelniederung das größte zusammenhängende Feuchtgebiet im Binnenland des westlichen Mitteleuropas. Vor ein paar Jahrhunderten erstreckten sich die jährlichen Hochwasser über weite Teile des Havellandes, und auch heute noch entsteht hier jeden Winter ein Wasserreich aus überschwemmten Wiesen und Wäldern.

Die Gülper Havel – eine perfekte Strecke

Der Naturschutzbund Deutschland Nabu arbeitet seit Jahren an der Renaturierung der Havel, die sich bis zum Ausbau zur Wasserstraße Ende des 19. Jahrhunderts noch in fünf Arme verzweigte. Die Naturschützer pflanzen neue Auenwälder, beseitigen Uferbefestigungen, schließen Altarme wieder an, bauen Deiche zurück und reaktivieren Flutrinnen.

Im Herzen dieser „Wildnis im Werden“ im Grenzgebiet von Brandenburg und Sachsen-Anhalt verlaufen die Haupthavel und die stille Gülper Havel über zehn Kilometer parallel – eine perfekte Strecke für eine Paddeltour.

Die Luft ist erfüllt vom Rauschen des Windes im meterhohen Schilf, dem Pfeifen der Schwalben und dem Sirren der Libellen, die zu Tausenden umherschwirren: Die großen dunklen brummen zielstrebig in eine Richtung. Die kleinen türkis schillernden sind flatterhafter, wuseln in kleinen Gruppen hin und her. Sie lassen sich kaum einmal für eine Sekunde nieder.

Eine einsame Paddlerin im Abendlicht auf der Gülper Havel
Auf der Gülper Havel unterwegs: eine einsame Paddlerin im Abendlicht
Quelle: Oliver Gerhard/www.srt-bild.de

Ein lauter werdendes Rauschen kündigt die Gülper Schleuse an – die Pforte zum urwüchsigsten Flussabschnitt. Voller Körpereinsatz ist gefordert an dem meterlangen Haken zum Schließen des Tores, dann am Eisenrad für den Wasserzufluss. Von ihren Campingstühlen aus sehen ein paar Angler dem Treiben stoisch zu.

Dorfbewohner mit Handtuch um die Hüfte

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Die lebende grüne Wand zu beiden Seiten des Ufers öffnet sich erst wieder an der Badestelle von Gülpe. Kinder planschen am Sandstrand, Jugendliche schlafen – nach einer Party? Frösche quaken in einem Hain aus Kopfweiden. Gelegentlich schlendert ein Dorfbewohner, nur ein Handtuch um die Hüfte geschlungen, vom Kirchplatz für eine Abkühlung herunter.

Schließlich ist der Wasserwanderrastplatz an der Haupthavel erreicht. „Heute Nacht habt ihr die ganze Wiese für euch“, sagt die Chefin der Marina von Molkenberg. Bald steht das Zelt am Ufer, beschattet von Weiden und eingerahmt von zwei Sandstränden – mehr Biwakluxus geht nicht. In einem Nest hoch auf einem Pfahl füttert am Abend ein Storch unter lautem Schnabelklappern die Küken.

Fliegender Kormoran nahe dem kleinen Ort Gülpe in Brandenburg. Das größte zusammenhängende Feuchtgebiet im westlichen Mitteleuropa ist ein idealer Rastplatz für Zugvögel
Nahe dem kleinen Ort Gülpe in Brandenburg: ein fliegender Kormoran
Quelle: picture alliance/ZB/Patrick Pleul

Auf dem Rückweg begleitet Naturführer Michael Ilg die Tour. Der gebürtige Schwabe geht dank seines Großvaters als halber Ureinwohner durch: „Mein Opa half als Ingenieur beim Havelausbau und lebte damals in einem Hausboot auf dem Fluss.“ Der Name Strodehne übte auf Ilg schon als Kind eine exotische Faszination aus. Heute lebt er in diesem Dorf als Künstler und Vermieter von Ferienwohnungen.

Beim Fischer gibt es Brassen-Burger

Unterwegs erklärt der Guide Flora und Fauna: Wo Laien nur große oder kleine Libellen sehen, unterscheidet er zwischen Vierfleck und Azurjungfer. Wo Nichtbotaniker sich über bunte Blüten freuen, identifiziert er Sumpf-Vergissmeinnicht, Blutweiderich und Ziest.

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Auch für das laute Platschen, das die Stille immer wieder durchbricht, hat er eine Erklärung: „Das ist der Rapfen. Dieser Raubfisch erschlägt seine Beute mit einer peitschenartigen Bewegung seines Körpers.“

Vorbei am Bilderbuchdorf Garz mit seiner achteckigen Kirche geht es wieder nach Strodehne, zur schönsten Einkehr entlang der Strecke: Gemütliche Sitzecken unter Obstbäumen verteilen sich im großen Garten von Wolfgang Schröder. Beim Fischsnack blickt man auf ein seltenes hölzernes Nadelwehr, große Kähne und aufgehängte Netze.

Michael Ilg ist Naturführer. Er begeleitet Touren und erklärt Flora und Fauna
Mit Michael Ilg in einem Boot: Der Guide erklärt die Natur
Quelle: Oliver Gerhard/www.srt-bild.de

Der Fischer in vierter Generation hat schon mehrere Preise für seine nachhaltige Arbeit gewonnen – so verarbeitet er auch weniger beliebte Fische wie Brassen, Plötzen oder Schleien. Dabei entstanden im Laufe der Jahre einige ungewöhnliche Rezepte, etwa Brassen-Burger mit hausgemachter Räucherfisch-Mayonnaise oder sauer eingelegte Bratbrasse.

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In die Zukunft blickt der Fischer optimistisch: „Die Renaturierung der Havelauen zeigt Wirkung. Es sind wieder mehr Flächen überflutet, auf denen Fische laichen können, und es kommt wieder mehr Jungfisch auf“. Der Nachschub an Brassen-Burgern ist gesichert – für die nächste Paddeltour auf der Gülper Havel.

Tipps und Informationen:

Anreise: Das Westhavelland ist mit dem Regionalexpress bis Rathenow, Friesack oder Neustadt/Dosse erreichbar (auch in Kombination mit dem Fahrrad), mit dem Auto über die Autobahn A 2 und die A 24. Aus Berlin führt die B 5 in die Region.

Paddeln: Auf der Gülper Havel darf man ab Mitte Juni paddeln. Infos zu Biwakplätzen findet man unter westhavelland-naturpark.de. Mehrere Anbieter verleihen Kanus an der Unteren Havel, Transfers und Rückholservice werden angeboten.

Unterkunft und Touren: Im einsamen Westhavelland sind Hotels Mangelware, dafür findet man individuell eingerichtete Ferienwohnungen: Michael Ilg vermietet zwei Ferienwohnungen in Strodehne/Havelaue ab 85 Euro für zwei Personen je Nacht (Ferienwohnung). Auch im Dörfchen Wolsier ist eine komfortable dein-havelland.de buchbar (85 Euro für zwei Personen).

Auskunft: westhavelland.de; westhavelland.de

Die Reise wurde unterstützt vom Wassersportzentrum Alte Feuerwache. Unsere Standards der Transparenz und journalistischen Unabhängigkeit finden Sie unter go2.as/unabhaengigkeit.

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