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Grundsteuerreform

Hamburg stellt Hebesätze für künftige Grundsteuerzahlungen vor

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Von Julia Witte genannt VedderManaging Editor Hamburg
Veröffentlicht am 01.07.2024Lesedauer: 5 Minuten
Grundsteuer
Der Grundsteuerbescheid für 2024 war der letzte mit der alten Grundsteuer. Ab 2025 gelten neue Regeln - auch in HamburgQuelle: dpa/Bernd Weißbrod

Nach Beratungen mit zahlreichen Verbänden hat die Hamburger Finanzbehörde am Montag neue Hebesätze für die Grundsteuer vorgeschlagen. Nach der Vorstellung gab es überwiegend Lob für den Hamburger Weg. An einem Punkt entzündet sich jedoch ein Streit.

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Ab 2025 werden auch Hamburger Immobilienbesitzer ihre Grundsteuer nach einem neuen Modell zahlen müssen. Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) versprach am Montag bei der Vorstellung der neu geplanten Hebesätze, dass insgesamt nicht mehr Geld kassiert werde. Einzige Ausnahme sind Spekulationsobjekte.

Demnach erhöht sich der Satz im Bereich Wohnen (Grundsteuer B) von 540 auf 975 Prozent. Für Land- und Forstwirtschaft (Grundsteuer A) soll ein Satz von 100 Prozent statt bislang 225 Prozent gelten. Ein besonders hoher Hebesatz von 8.000 Prozent ist für unbebautes, aber baureifes Land (Grundsteuer C) vorgesehen, um die Schaffung von Wohnraum zu beschleunigen.

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Senator Dr. Andreas Dressel, Finanzsenator der Freien und Hansestadt Hamburg
Andreas Dressel, Finanzsenator der Freien und Hansestadt Hamburg, hat die neuen Hebesätze am Montag vorgestelltQuelle: Bertold Fabricius/WELT

Multipliziert werden die Prozentwerte mit dem jeweils speziell für das Gebäude, das Grundstück und die Wohnfläche berechneten Grundsteuermessbetrags. Für den wiederum ist wichtig, wie viele Quadratmeter Grundstück und Wohn- oder Gewerbefläche haben, und in welcher Wohnlage sie liegen. In guten Wohnlagen wird mehr Grundsteuer fällig (Faktor 0,7) als in normalen Wohnlagen (Faktor 0,52) und Gewerbeeinheiten (Faktor 0,87) sind grundsätzlich teurer in der Steuer als Wohnungen. Dazu gibt es noch Ermäßigungen, wenn es sich bei Immobilien um denkmalgeschützte Bauten oder gefördertes Wohnen handelt (jeweils 25 Prozent Abzug beim Faktor).

Nach Beispielrechnungen der Behörde müssten Eigentümer eines 100 Quadratmeter großen Einfamilienhauses in guter Wohnlage mit einer Grundstücksfläche von 1.000 Quadratmetern ab nächstes Jahr 731 Euro zahlen. Liegt das Haus in einer normalen Wohnlage, so wären es jährlich nur 646 Euro. Für eine 100 Quadratmeter große Eigentumswohnung in normaler Wohnlage wären 353 Euro zu entrichten.

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Einnahmen von einer halbe Milliarde Euro

Die vom Bundesverfassungsgericht verlangte Reform werde insgesamt und in den Bereichen Wohnen und Nicht-Wohnen aufkommensneutral bleiben, sagte Finanzsenator Dressel. Bislang nimmt Hamburg jährlich 510 Millionen Euro an Grundsteuer ein. Diese Summe soll in etwa gleich bleiben. Die neuen Hebesätze und die Messzahl werden in das neue Grundsteuergesetz aufgenommen, das im September vom Senat und danach von der Bürgerschaft beschlossen werden soll.

Nach der Vorstellung durch den Finanzsenator gab es überwiegend Lob für den Weg, den Hamburg bei der Umsetzung der Steuerreform geht. Das Hamburger Modell sei aus Sicht des Bundes der Steuerzahler ein „einfaches und transparentes Modell, das auch in Zukunft eine Wertermittlung für Grundsteuerzwecke erlaubt, die unabhängig vom tatsächlichen Wert des Grundstückes ist. Das ist vorbildlich und zukunftsfähig“, sagte die Hamburger Landesvorsitzende Petra Ackmann. Hervorzuheben sei aus ihrer Sicht, dass Hamburg seit 2005 die Grundsteuer nicht mehr angehoben habe. Damit sei „eine faire Basis dafür geschaffen“ worden, dass die anvisierte Aufkommensneutralität auf der Vergangenheit beruht „und nicht, wie in vielen Gemeinden geschehen, auf einer in 2023 oder sogar 2024 erhöhten Grundsteuer basiert.“

Das von Hamburg gewählte Modell bedeute „weniger Bürokratie und mehr Planbarkeit“ als das vom Bund vorgeschlagene Modell, lobte auch Handwerkskammerpräsident Hjalmar Stemmann. Im Bundesmodell müssen alle sieben Jahre umfangreiche Neuberechnungen vorgenommen werden. Dass das in Hamburg nicht vorgesehen sei, sei „ein klarer Vorteil für Betriebe“, so Stemmann. Man werde jedoch genau darauf achten, dass die Stadt mit dem neuen Modell wirklich insgesamt nicht mehr Geld einnehme, und auch die Verteilung zwischen Wohnen und Nicht-Wohnen gleich bleibe.

In Hamburg werde die Grundsteuerreform nicht zu sozialen Verwerfungen führen. Das sei für die im Verband Norddeutscher Wohnungsunternehmen organisierten sozialen Vermieter das Wichtigste, sagte deren Direktor Andreas Breitner. Angesichts der vielen Probleme von Bundesländern, die das Bundesmodell übernommen haben, erweise „sich Hamburgs Schritt als goldrichtig, ein eigenes Modell zu entwickeln. Bezahlbares Wohnen wird auch künftig überall in der Stadt möglich sein.“ Grundsätzlich, und das gehöre zur Wahrheit dazu, werde durch die Reform die Grundsteuer in sehr guten Lagen eher steigen. Das aber habe das Bundesverfassungsgericht so gewollt. In nicht so guten Lagen könnte die Steuerbelastung dafür sinken.

Anders als in anderen Kommunen, in denen die aktuellen tatsächlichen Bodenrichtwerte als Bemessungsgrundlage gelten, sorge Hamburg durch sein Wohnlagenmodell dafür, dass die Grundsteuerkosten in besonders nachgefragten Quartieren nicht so deutlich steigen wie es bei einer Anwendung des Bundesmodells der Fall gewesen wäre. Breitner: „Damit sichert Hamburg, dass künftig bezahlbarer Wohnraum auch in besonders nachgefragten Quartieren angeboten werden kann und Menschen mit mittlerem oder geringem Einkommen nicht auf Grund einer deutlich höheren Grundsteuer von dort wegziehen müssen.“

Kritik am Vorgehen des Senats gibt es allerdings auch. Beispielsweise hätte sich der Bund der Steuerzahler gewünscht, dass Hamburg den Spielraum durch die Neuberechnung der Grundsteuer nutzt, um die Belastung durch diese Steuerart im Bereich Wohnen zu verringern. „Durch die Hebesätze wäre politisch Raum gewesen, die Wohnnebenkosten ab Januar 2025 spürbar zu senken“, sagte die Vorsitzende Ackmann. Der Senat sehe von dieser Möglichkeit unter Hinweis auf die Haushaltslage ab. „Das finden wir bedauerlich.“ Zudem hätte man sich in der Interessenvertretung der Steuerzahlenden gewünscht, mehr als zwei Wohnlagen zu haben. Nur zwischen normal und gut halte man „für zu wenig differenziert, um die Wohnumgebung der Stadt gerecht abzubilden.“ Zwischen Blankenese, Eimsbüttel und Billstedt gebe es Unterschiede, die sich nun nicht abbildeten.

Aus der Opposition heraus wurde vor allem bemängelt, dass Dressel angekündigt hat, die Grundsteuerbescheide erst im kommenden März zu verschicken. Das sei „völlig unverständlich“, sagte Thilo Kleibauer, haushaltspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion am Montag. Bereits im Herbst 2024 werde das Gesetzgebungsverfahren abgeschlossen sein. „Dies erweckt den Eindruck, dass die Hamburgerinnen und Hamburger hier unliebsame Nachrichten erst nach der kommenden Bürgerschaftswahl erhalten sollen.“ In Hamburg wird Anfang März 2025 neu gewählt. Kleibauer: „Die Steuerzahler haben ihre Hausaufgaben gemacht und rechtzeitig die Steuererklärungen für die neue Grundsteuer abgegeben. Es gibt keinen nachvollziehbaren Grund, nun den Versand der Bescheide bis in den März 2025 hinaus zu verzögern.“

Ähnliche Kritik äußerte auch der Finanzexperte der AfD-Fraktion, Thomas Reich: „Trotz hohem Bearbeitungsaufwand ist es kaum nachvollziehbar, warum die Bürger bis zum Frühjahr 2025 auf die Grundsteuerbescheide warten müssen. Hamburgs Steuerzahler haben ein Recht auf frühzeitige Klarheit.“ Dressel argumentierte dagegen. Mit den nun vorgestellten Hebesätzen und Bemessungsfaktoren könne sich jeder Eigentümer schon grob seine künftige Steuerschuld errechnen.