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Steuerschätzung

„Für zusätzliche Ausgabenwünsche ist kein Raum“

Autorenprofilbild von Julia Witte genannt Vedder
Von Julia Witte genannt VedderManaging Editor Hamburg
Veröffentlicht am 28.05.2024Lesedauer: 4 Minuten
Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel
Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) im November vergangenen Jahres bei der Präsentation der regionalisierten SteuerschätzungQuelle: dpa/Gregor Fischer

Kürzlich hatte Finanzminister Christian Lindner (FDP) die Steuerschätzung für Bund, Länder und Kommunen vorgelegt. Die ging von deutlich weniger Einnahmen aus als bisher erhofft. Hamburg erwartet zwar bessere Zahlen, aber reichen werden die Einnahmen nicht.

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Auf einer Skala von 1 bis 10 würde Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) den Ergebnissen der neusten Steuerschätzung wohl eine 5 geben. Denn die Aussichten für die Steuereinnahmen der Hansestadt für dieses und die kommenden Jahre haben sich im Vergleich zu den letzten Hochrechnungen der Steuerschätzer verbessert. Anzunehmen war das nicht. Denn die bundesweiten Schätzungen, die Finanzminister Christian Lindner (FDP) vorgestellt hat, gehen von insgesamt sinkenden Einnahmen aus. Hamburg aber, so Dressel am Dienstag, stehe „auf der Einnahmeseite und in den Konjunkturdaten stabiler da als der Bund“. Vor allem dürfe man in der Hansestadt auf eine positivere Entwicklung der Gewerbesteuer und der Lohnsteuer hoffen als das bundesweit der Fall sei.

Für dieses Jahr werde mit einem Plus in Höhe von 30 Millionen Euro gerechnet, sagte Dressel im Rathaus. Nach einer Delle im Jahr 2025 folgten stabile Mehreinnahmen. Insgesamt gehe man bis 2028 von Steuermehreinnahmen von 254 Millionen Euro gegenüber der letzten Schätzung vom November vergangenen Jahres aus. Allerdings würden die Einnahmen zum Teil deutlich unter den Summen bleiben, auf die sich die Stadt nach dem langfristigen Steuertrend einstellen dürfte. Und das trübt die Stimmung ein.

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15,3 Milliarden Steuereinnahmen sagt die Mai-Steuerschätzung für das Jahr 2024 voraus. Da ein Teil der Einnahmen noch aus dem Jahr 2023 stammt und auch dort verrechnet werden wird, blieben 15,1 Milliarden Euro Einnahmen für 2024 übrig. Der langjährige Steuertrend, der sich maßgeblich aus den tatsächlichen Steuereinnahmen der vergangenen 14 Jahre berechnet, prognostizierte jedoch Einnahmen von 15,4 Milliarden Euro. Und nach der Hamburger Haushaltslogik sind die 15,4 Milliarden Euro auch die Summe, an der sich die Ausgaben im Haushalt der Stadt orientieren.

Die Lücke von 354 Millionen Euro zwischen Steuertrend und Steuerschätzung würde Hamburg aus seiner sogenannten Konjunkturposition finanzieren. Aktuell ist diese um 6,2 Milliarden Euro im Plus. Sollten die Steuereinnahmen allerdings, wie aktuell geschätzt, weiter deutlich unter den Zahlen des Steuertrends bleiben, müsste Hamburg daraus bis 2028 insgesamt 7,5 Milliarden Euro entnehmen. 2028 zum Beispiel wäre das Delta zwischen geschätzten Steuereinnahmen und dem Steuertrend bei 2,8 Milliarden Euro. Ein Szenario, das Dressel nach eigener Aussage nicht besonders beunruhigt, aber eines das zeige, dass trotz der vermeintlich guten Steuerschätzung kein Raum für zusätzliche Ausgabenwünsche sei.

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Im Sommer stellt der Senat den Haushaltsplanentwurf für die Jahre 2025 und 2026 auf. In wenigen Wochen gehen die Regierungsmitglieder in eine dreitägige Klausur, um die von ihren Behörden vorbereiteten Pläne zu besprechen und abzusegnen. Im Anschluss erhält die Bürgerschaft den Entwurf und wird ihn den Herbst über beraten und Ende des Jahres verabschieden. „Für mich hat Priorität, dass wir uns in Hamburg weiter wetterfest aufstellen und die staatlichen Grundfunktionen gewährleisten müssen“, sagte Dressel. Finanzpolitische Risiken gebe es weiter reichlich: „Kostensteigerungen überall, die Entwicklungen bei den gesetzlichen Leistungen und der Haushaltsstreit in der Bundesregierung.“ 500 Millionen Euro an zusätzlicher Belastung seien schnell erreicht, wenn die Risiken einträten, so der Finanzsenator.

Bei der Opposition in der Hamburgischen Bürgerschaft stieß die Steuerschätzung auf Skepsis. Darin spiegele sich „das schwache Umfeld aufgrund der verfehlten Wirtschaftspolitik der Ampelregierung wider“, sagte der Haushaltsexperte der CDU, Thilo Kleibauer. „Hier muss dringend gegengesteuert werden. Immer nur die Steuersätze zu erhöhen, wie es Rot-Grün bei der Grunderwerbsteuer und der Kulturtaxe gemacht hat, ist dagegen der falsche Weg.“

Der haushaltspolitische Sprecher der Linken, David Stoop, forderte, der rot-grüne Senat müsse „aus der Krise hinausinvestieren, statt in die Krise hineinzusparen“. Der Finanzsenator habe sich heute erfreut gezeigt, „dass die Corona-Notkredite schon vollständig getilgt sind und man jetzt nicht bis 2044 tilgen muss. Aber: Die Nichtverwendung beschlossener Mittel ist ein Problem und kein Grund zu feiern“, so Stoop. Gehe es so weiter, „werden die Steuern wegbrechen und am Ende hat man eine schlechter laufende Wirtschaft und noch schlechtere Staatsfinanzen“, warnte er.

Dass der Finanzsenator sparen müsse, liege nicht nur „an den falschen Akzenten, die SPD und Grüne in der Berliner Ampel setzen und so Deutschlands Wirtschaft zum Null-Wachstum geführt haben“, sagte die FDP-Abgeordnete Anna von Treuenfels-Frowein. „Das liegt auch an der schwachen Wirtschaftspolitik von Rot-Grün in Hamburg, die den Hafen schrumpfen lässt, den Mittelstand vernachlässigt und die Industrie nicht ausreichend fördert.“ Hier müsse durch Bürokratieabbau oder bessere Konzepte zur Fachkräftegewinnung gegengesteuert werden.

Der Bund der Steuerzahler zeigte sich ob der Mai-Schätzung besorgt. Zwar freue man sich über den Zuwachs bei der Lohnsteuer, sagte die Hamburger Landesvorsitzende Petra Ackmann. Bei den unternehmensgebundenen Steuern weise das Jahr 2024 jedoch stark negative Tendenzen auf. So würden die Einnahmen hauptsächlich aus der Körperschaftssteuer, aber aus Gewerbe- und die Kapitalertragssteuer sinken. Auch bei der Einkommensteuer gebe es einen Rückgang. Das seien keine guten Vorzeichen.