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Claus Ruhe Madsen

„Es könnte zeitlich knapp werden“

Autorenprofilbild von Olaf Preuß
Von Olaf PreußWirtschaftsreporter
Veröffentlicht am 16.09.2022Lesedauer: 4 Minuten
Der Däne Claus Ruhe Madsen (parteilos) ist seit Juli Wirtschafts- und Verkehrsminister in Schleswig-Holstein
Der Däne Claus Ruhe Madsen (parteilos) ist seit Juli Wirtschafts- und Verkehrsminister in Schleswig-HolsteinQuelle: dpa

Schleswig-Holsteins neuer Wirtschafts- und Verkehrsminister fürchtet, dass es auf deutscher Seite beim Bau des Fehmarnbelttunnels zu langsam vorangeht. Der Bau von Verkehrswegen müsse beschleunigt werden.

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Der Däne Claus Ruhe Madsen (50) ist bekannt für offene Worte und pragmatisches, unkonventionelles Handeln. Als Oberbürgermeister von Rostock von 2019 bis 2022 machte er sich damit zwar viele Gegner, erwarb sich aber – als erster ausländischer Oberbürgermeister einer deutschen Großstadt – mit seinen schnellen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie auch viel Respekt.

Seit Juli 2022 ist der parteilose Madsen Wirtschafts- und Verkehrsminister im neuen schwarz-grünen Kabinett von Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) in Schlweswig-Holstein. Als Verkehrsminister spricht er aus, was offensichtlich ist – der Bau von Infrastruktur und Verkehrswegen in Deutschland kommt kaum voran, Projekte stocken und werden durch juristische und politische Auseinandersetzungen immer wieder zurückgeworfen. Das gelte ganz besonders auch „im Land, in dem die Autobahnen enden“, sagte Madsen am Donnerstagabend beim Club Hamburger Wirtschaftsjournalisten, mit Blick auf die Autobahnen A20 bei Bad Segeberg und die A23 bei Heide, die seit Jahren nicht verlängert werden, wie ursprünglich geplant.

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Große Sorge bereitet Madsen Nordeuropas größtes Verkehrsprojekt, der Fehmarnbelttunnel zwischen der dänischen Insel Lolland und dem deutschen Fehmarn. Die staatliche dänische Realisierungsgesellschaft Femern A/S kommt mit dem Bau der Tunnelportale auf Lolland und auf Fehmarn und mit dem Bau der Tunnelrinne durch die Ostsee zwar zügig voran. Weit komplexer aber ist die Inlandsanbindung des Tunnels per Schiene auf deutscher Seite. Sie soll auf 88 Kilometern Länge durch Ostholstein verlaufen, wird von der Deutschen Bahn realisiert, ist in mehrere Planungsabschnitte aufgeteilt und kann vielfältig beklagt werden. Widerstand gegen das Projekt auf deutscher Seite ist zu erwarten, so, wie in früheren Jahren bereits gegen den Tunnelbau selbst.

Die Inlandsanbindung, so die Planung, soll 2029 zeitgleich mit dem Tunnel in Betrieb gehen. „Mir kommt der Verdacht, dass es knapp werden könnte“, sagte Madsen nach seinen ersten Besuchen bei verschiedenen Verkehrsprojekten in Schleswig-Holstein. Die Realisierung solcher Vorhaben sei in Deutschland ungleich schwieriger als in Dänemark, sagte Madsen, der seit Jahrzehnten in Deutschland lebt, aber nach wie vor dänischer Staatsbürger ist. In Dänemark würden solche Projekte kontrovers diskutiert. Seien sie dann beschlossen, würde daraus, wie auch beim Fehmarnbelttunnel, ein Gesetz gemacht und das Geplante umgesetzt.

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„In Kopenhagen hat man begriffen, Hamburg, das ist unsere Sache“, sagte Madsen zum Fehmarnbelttunnel, der beide Metropolen enger miteinander verbinden soll. Die Fahrzeit zwischen den Städten mit dem ICE soll künftig von etwa viereinhalb auf nur noch zweieinhalb Stunden sinken. Der Güterverkehr zwischen Norddeutschland und Dänemark verläuft mit der neu zu bauenden Schienentrasse um 160 Kilometer kürzer als derzeit auf der Strecke über Flensburg, Fredericia und den Großen Belt. Entlang der Bahn- und Autobahnverbindung zwischen den beiden Großstädten wird, so erwarten es die Unterstützer des Tunnelbaus, der Tourismus ebenso einen Aufschwung nehmen wie die regionale Wirtschaft.

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Zu den seit Anfang 2017 bestehenden Grenzkontrollen an der deutsch-dänischen Grenze sagte Madsen, aus wirtschaftlicher und ökonomischer Sicht sei dies „ein Desaster“. Vor der Grenze auf deutscher Seite stauen sich immer wieder Pkw, Lkw und Busse. Die damalige liberal-konservative Minderheitsregierung in Dänemark, toleriert von der rechtspopulistischen Dänischen Volkspartei, hatte die Grenzkontrollen seinerzeit umgesetzt, als Reaktion auf die Flüchtlingsbewegung nach Deutschland und Nordeuropa. Weil dies dem Schengen-Abkommen für offene Grenzen innerhalb der Europäischen Union widerspricht, bekam Dänemark eine Ausnahmegenehmigung für zeitlich befristete Kontrollen.

Auch während der Pandemie allerdings blieben die Kontrollstellen etwa an der Autobahn A7 und am Grenzübergang Kruså bei Flensburg bestehen, als in vielen EU-Staaten die Grenzen ohnehin zeitweise geschlossen wurden. Seit mehr als fünfeinhalb Jahren sind die teils massiven Behinderungen bei der Einreise nach Dänemark nun ein Dauerzustand, für die es längst keine nachvollziehbare Begründung mehr gibt.

Madsen sagte, weder in Dänemark noch in der Europäischen Kommission sei man derzeit offenbar daran interessiert, das Thema anzugehen. „Diese Kontrollen machen keinen Sinn. Die Bundesregierung müsste hier massiven Druck ausüben, was sie aber nicht tut.“