Der zweite Prozess gegen Thüringens AfD-Chef Björn Höcke kommt am Landgericht Halle nur schleppend in Gang. Noch bevor die Staatsanwälte die Anklage verlesen können, stellen die beiden Verteidiger des 52-Jährigen am Montag gleich mehrere Anträge. Darin bezweifeln sie, dass das Landgericht überhaupt zuständig ist, und beklagen eine mediales „Trommelfeuer“ gegen ihren Mandanten. Ein faires Verfahren sei nicht möglich, der Prozess müsse eingestellt werden.
Das Gericht lehnt die Forderung nach mehreren Unterbrechungen dann aber ab. Es gebe keine Fehler im bisherigen Verfahren und auch keine Verfahrenshindernisse, sagte der Vorsitzende Richter Jan Stengel. Höcke beteuert anschließend seine Unschuld. Als er am Morgen den Saal betrat, hatte es zudem eine neue Entwicklung gegeben: Der 52-Jährige wollte nicht fotografiert werden, Fotografen und Kameraleute wurden deshalb aus dem Raum geschickt.
Zu Beginn des Verhandlungstags am Montag wurde zudem ein Befangenheitsantrag der Verteidigung gegen den Vorsitzenden Richter abgelehnt.
Höcke muss sich bereits zum zweiten Mal vor dem Landgericht Halle verantworten. Es geht auch dieses Mal um den Vorwurf, dass er eine verbotene Losung der Sturmabteilung (SA) verwendet haben soll. Das war die paramilitärische Kampforganisation der Nazi-Partei NSDAP. Beim ersten Prozess waren die Zuschauerplätze im Gericht dabei noch voll belegt, weitere befanden sich in einem zusätzlichen Zuhörraum für Journalisten. Der zweite Prozess stößt nun auf ein weniger großes Interesse. Diesmal blieben etliche Plätze leer.
Im Dezember 2023 soll Höcke als Redner auf einer AfD-Veranstaltung in Gera in Thüringen die ersten beiden Wörter der Parole „Alles für Deutschland“ ausgesprochen haben. Er animierte das Publikum durch Gesten, das dritte Wort der Parole zu rufen, so die Staatsanwaltschaft.
Sie vertritt die Ansicht, der Angeklagte und auch das Publikum hätten gewusst, dass es sich um einen verbotenen Nazi-Spruch handelte. Höcke wird das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen zur Last gelegt. Laut dem Landgericht Halle hat der Angeklagte eine strafrechtliche Relevanz seines Verhaltens in Abrede gestellt.
Das Landgericht Halle hatte den AfD-Politiker am 14. Mai wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen bereits zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen je 130 Euro verurteilt.
Revision gegen das erste Urteil eingelegt
Es ging um eine Rede Höckes bei einer Wahlkampfveranstaltung in Merseburg in Sachsen-Anhalt im Mai 2021, an deren Ende er die Parole aussprach. Die Kammer um den Vorsitzenden Richter Jan Stengel war überzeugt, dass Höcke wusste, dass die SA-Parole verboten ist. „Sie sind ein redegewandter, intelligenter Mann, der weiß, was er sagt.“
Rechtskräftig ist das Urteil nicht. Höckes Verteidiger legten Revision ein. Der Politiker hatte stets seine Unschuld betont. Er habe die Parole nicht gekannt, auch nicht als ausgebildeter Geschichtslehrer.
Bei dem zweiten Fall im Dezember 2023 soll Höcke die Parole angestimmt haben, obwohl er wusste, dass wegen des ersten Falles schon ein Strafverfahren gegen ihn lief. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft wusste er somit zu dem Zeitpunkt sicher von der Strafbarkeit. Im Fall einer Verurteilung erwartet den 52-Jährigen laut Landgericht Halle eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe.
Nach dem Prozessauftakt an diesem Montag ist für Mittwoch ein zweiter Verhandlungstag geplant. Dann könnte das Urteil fallen.
Höcke steht auch noch ein dritter Prozess ins Haus. Das Landgericht Mühlhausen in Thüringen hat eine Anklage gegen Höcke wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung zugelassen. Konkret geht es um einen Post von Höcke bei Telegram aus dem Jahr 2022, in dem es um eine Gewalttat in Ludwigshafen und das angebliche Verhalten vieler Einwanderer geht. Verhandlungstermine stehen hier noch nicht fest.