Wenn ein Hochwasser den Wahlkampf verwässert – wie in diesen Tagen –, ist für Deutschlands Politiker Gummistiefelzeit. Dann legen sie wasserdichtes Schuhwerk an, danken den Fluthelfern (zu Recht), machen sich „vor Ort ein Bild“ und den Bürgern Versprechungen.
Vor allem aber nutzen sie diese Auftritte zur Verbreitung eigener Botschaften. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) fordert mehr Geld für die Flutbewältigung, verbunden mit dem Appell, dass der „Ampel-Norden“ bitte den Süden diesmal nicht hängen lassen dürfe.
Die SPD ist sich nicht zu schade, um wie so oft schon beim geringsten Anlass gegen die Schuldenbremse Sturm zu laufen. Hilfe für Flutopfer ja, aber ohne den drückenden Sparzwang, für den die FDP stehe. Und das bei Rekordeinnahmen des Bundes. Die grünen Umweltaktivisten erklären: Seht ihr, mit stärkeren Anstrengungen für den Klimaschutz wäre es nicht so schlimm gekommen.
All das ist durchschaubar. Aber wirklich ärgerlich, geradezu besorgniserregend, ist die erneut sichtbar gewordene Tatsache, dass wir immer wieder vor einem ähnlichen Problem stehen – und einfach nichts passiert.
Beim Hochwasserschutz ist es ähnlich wie beim Thema Migration: Man müsste sich mit einem gescheiten Konzept kümmern und endlich handeln. Das wird immer wieder versprochen. Aber es passiert nichts.
Thema Bundeswehr. Kaputtgespart. Schwarz, rot, grün, egal welche politische Couleur: Keine Partei hatte in den vergangenen 30 Jahren Lust, nur einen Finger für die Streitkräfte krumm zu machen. Müsste man eigentlich aufrüsten, hieß es. Könne ja sein, dass Putin bald an die Tür klopft. Nicht mit dem Finger, sondern mit einer AK-47. Aber es passiert nichts. Im Fall der diversen Fluten ist es ähnlich.
Das wäre gut angelegtes Steuergeld
Nun ist Hochwasserschutz komplex, und im trockenen Redaktionsstübchen lassen sich leicht gute Ratschläge geben. Aber die Wassermassen kommen immer öfter, sie werden immer heftiger, die Schadenssummen steigen. Und jeder Tote ist einer zu viel. Da dürfen die Bürger erwarten, dass die zum Teil seit Jahren diskutierten Vorschläge zur Prävention wenigstens zum Teil angepackt werden.
Erstens: Privatgrundstücke sollten in begründeten Fällen beschleunigt enteignet werden, wenn damit die nötigen Rückhalteflächen realisierbar und die Menschen in den Städten und Gemeinden nachweislich besser geschützt werden können. Selbstverständlich müssen die Besitzer vollumfänglich entschädigt werden. Was beim Autobahnbau gelingt, muss im Fall des Katastrophenschutzes erst recht gehen.
Zweitens: Jeder darf leben, wo er will. Wenn er das allerdings in einem Haus tut, das in einem Areal liegt, welches regelmäßig von Hochwassern heimgesucht wird, sollte er eine Elementarschadenversicherung abschließen müssen. Ja, das macht Wohneigentum teurer – aber noch kostspieliger wäre es, in einem Hochwasser Haus und Hof zu verlieren und dann alles wieder aufbauen zu müssen.
Drittens: Wenn man an einer Stelle nicht sparen sollte, dann beim Hochwasser- oder Katastrophenschutz. Dafür die nötigen Mittel bereitzustellen, wäre ein echter Beitrag zur inneren Sicherheit. Wie kann man Geld für den viel zitierten Radweg in Peru ausgeben, aber nicht genug für die Flutprävention bei uns?
Zuletzt: Die Natur ist nicht romantisch oder nur Opfer menschlichen Gestaltungswillens, sie produziert ganz ohne unser Zutun Lagen, die wir als Katastrophen wahrnehmen. Die Natur braucht Raum, Dämme und Deiche allein werden vor den kommenden Hochwassern nicht schützen. Geben wir der Natur den Raum, den sie braucht – für Rückhaltebecken, Auenwälder und Böden, die Wasser aufsaugen. Das ist teuer, aber gut angelegtes Geld.