Ungeachtet der Debatte um seine körperliche und geistige Fitness für eine zweite Amtszeit hat US-Präsident Joe Biden eine Reihe von Wahlkampfauftritten im Bundesstaat Pennsylvania absolviert. Der 81-jährige Demokrat sprach zunächst in einer vor allem von Schwarzen besuchten Kirche in Philadelphia.
Später tauchten auf der Plattform X erneut Videos auf, die angebliche Gangunsicherheiten und einen der berüchtigten „Freeze“-Momente des Politikers zeigen sollen – Biden schien zuletzt bei öffentlichen Auftritten immer wieder kurz wie erstarrt zu sein. Seriös verifizieren lassen sich die kurzen Schnipsel allerdings nicht. Dennoch zeigen sie das Ausmaß der öffentlichen Beobachtung, unter der der 81-Jährige steht.
In derselben Stadt legte der US-Präsident danach einen überraschenden Zwischenstopp bei Wahlkampfhelfern ein, bevor er schließlich im weiter westlich gelegenen Harrisburg lange mit Anhängern sprach, für Selfies posierte und Limonade trank. Auf dem Rückweg zum Flughafen besuchte Biden noch ein Café.
Entscheidend sind die Sponsoren
Der 81-Jährige schien damit dem Narrativ der vergangenen Woche entgegenwirken zu wollen, er sei dem Wahlkampf körperlich nicht mehr gewachsen. Aber auch in der eigenen Partei braut sich Ungemach zusammen: Während Biden durch Pennsylvania tingelte, kamen demokratische Abgeordnete aus dem Repräsentantenhaus bei einer außerordentlichen Schalte zusammen.
Der Minderheitsführer der Parlamentskammer, Hakeem Jeffries, hatte das Treffen anberaumt. US-Medien wie etwa „Axios“ berichteten danach unter Berufung auf mit der Situation vertraute Personen, mehrere hochrangige Parteivertreter seien überzeugt, Biden müsse aus dem Rennen um das Weiße Haus aussteigen.
Sollten diese Vertreter ihre Überzeugung öffentlich machen, würden sie sich den Abgeordneten anschließen, die diesen Schritt bereits gegangen sind. Fünf Abgeordnete haben Biden bislang aufgefordert, seine Kandidatur zu beenden, darunter Angie Craig aus Minnesota. Nach dem TV-Duell mit Trump und einer fehlenden energischen Antwort Bidens darauf glaube sie nicht, dass Biden einen effektiven Wahlkampf führen und gegen Donald Trump gewinnen könne, hatte sie erklärt.
Am Sonntag forderte Alan Clendenin vom Demokratischen Nationalkomitee (DNC) Biden zum Rückzug auf. „Joe Biden wird den Historikern als einer der besten Präsidenten der US-Geschichte in Erinnerung bleiben, aber bei dieser Wahl geht es um die nächsten vier Jahre, nicht um die letzten dreieinhalb“, sagte Clendenin. Das DNC hat Biden auch nach dem TV-Duell unterstützt.
Unter den Demokraten im Repräsentantenhaus kursieren Insidern zufolge zudem zwei Briefe, in denen Biden zum Rückzug aufgefordert wird. In den kommenden Tagen könnte der Druck zunehmen, wenn die Abgeordneten nach einer Ferienpause nach Washington zurückkehren und Sponsoren über die weitere Finanzierung von Bidens Kampagne entscheiden.
„Ich denke, der Präsident muss mehr tun“, sagt ein Senator
Die kommende Woche sei entscheidend, sagte der demokratische Senator Chris Murphy am Sonntag dem Sender CNN. Die Uhr ticke. „Ich denke, der Präsident muss mehr tun.“ Der Abgeordnete Adam Schiff sagte dem Sender NBC, Biden müsse schnell handeln, um Bedenken auszuräumen. Dieser hatte zuletzt am Samstag in einer E-Mail Forderungen nach einem Rückzug als „Unsinn“ zurückgewiesen. Ein Interview Bidens mit dem Sender ABC News am Freitag trug wenig dazu bei, Bedenken von Kritikern und Spendern zu zerstreuen.
Biden hatte am Freitag in dem Interview gesagt, er glaube nicht, dass jemand besser qualifiziert sei, Trump zu schlagen. Umfragen, die wachsende Sorgen seiner Parteifreunde spiegeln, seien ungenau. Nach einer Erhebung von Reuters/Ipsos möchte jeder dritte Anhänger der Demokraten Biden auffordern, das Rennen aufzugeben.
Mehrere einflussreiche Spender und Geschäftsleute haben ihren Unmut bereits öffentlich geäußert. Sie drohen damit, die Finanzierung der Wahlkampagne stoppen. Im Fall eines Rückzugs von Biden gilt bei vielen Demokraten Vizepräsidentin Kamala Harris als wahrscheinlichste Kandidatin für die Wahl am 5. November.