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Meinung ARD-„Wahlarena“

Warum der WDR nicht nach Karlsruhe gehen sollte

Medienredakteur
BSW-Chefin Sahra Wagenknecht BSW-Chefin Sahra Wagenknecht
BSW-Chefin Sahra Wagenknecht
Quelle: Michael Kappeler/picture alliance/dpa
Der WDR musste den BSW-Spitzenkandidaten Fabio De Masi in die ARD-„Wahlarena“ einladen. Allerdings nur, weil ein Gericht den Sender dazu verdonnerte. Der WDR will nun vor das Bundesverfassungsgericht ziehen, weil er die Rundfunkfreiheit in Gefahr sieht. Doch das ist ein Fehler
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Im Prinzip kann ein Gastgeber einladen, wen er will. Das gilt für private Partys wie für öffentliche Debattenrunden. Bei Vorwahlsendungen sieht das anders aus. Da gibt es das Prinzip der „abgestuften Chancengleichheit“. Was bedeutet, dass bei Sendungen, in denen Spitzenkandidaten von Parteien befragt werden, diese je nach ihrer Bedeutung eingeladen werden müssen. Dabei spielt eine Rolle, ob eine Partei bereits in einem zur Wahl stehenden Parlament vertreten ist, dazu kommen strukturelle Werte wie etwa Mitgliederzahlen, aber maßgeblich auch Umfragewerte zur Wahl.

Vor einer Woche hatte das ZDF bereits eine Vorwahlsendung zur Europawahl ausgestrahlt, eingeladen waren acht Kandidaten der Parteien SPD, CDU, CSU, B90/Grüne, FDP, AfD, Die Linke und BSW. Letzteres Kürzel ist manchmal noch erklärungsbedürftig, es steht für „Bündnis Sahra Wagenknecht“. Erst seit Anfang des Jahres gibt es diese Partei, doch die Umfragewerte rangieren zurzeit mit 6 bis 7 Prozent vor FDP und Linke. Die Parteichefin ist Medienprofi und zieht viel Aufmerksamkeit auf sich, EU-Spitzenkandidat Fabio De Masi trat wie Wagenknecht selbst 2022 bei der Linken aus und ist häufiger in Talkshows zu sehen.

Anders als das ZDF lud der WDR als Ausrichter der ARD-„Wahlarena“ den BSW-Kandidaten De Masi allerdings nicht zur Sendung an diesem Donnerstag ein. Obwohl man doch wie das ZDF das Prinzip der Chancengleichheit angewendet haben will. Eines der Hauptargumente war, dass nur Vertreter der Parteien eingeladen werden sollten, die bereits mit Vertretern im EU-Parlament vertreten sind. Gegen die Nicht-Einladung klagte das BSW, auf eine Niederlage am Verwaltungsgericht Köln folgte ein Sieg vor dem Oberverwaltungsgericht Münster. Der WDR akzeptierte nach kurzer Bedenkzeit, dass sie BSW-Kandidat De Masi als achten Politiker einladen musste – und kündigte gleichzeitig Verfassungsklage an.

Echt jetzt – Verfassungsklage? Geht’s auch eine Nummer kleiner?

Die Reaktion ist einerseits überzogen und andererseits, vom Standpunkt des WDR betrachtet, folgerichtig.

Doch der Reihe nach. Überzogen ist die Reaktion, weil in Münster kein Skandalurteil gefällt wurde, sondern vollkommen nachvollziehbar begründet wurde, warum die Partei BSW in der „Wahlarena“ vertreten sein sollte: kurz gefasst, habe sie schlichtweg gute Erfolgsaussichten, auch im Vergleich zu bereits im Parlament vertretenen Parteien. Zudem, ließe sich ergänzen, kam das ZDF auf Basis des gleichen Prinzips zu einem anderen Ergebnis und lud das BSW ein.

Der WDR könnte nun entscheiden, die eigenen Kriterien einer internen Bewertung zu unterziehen. Stattdessen klagt er, sieht „grundsätzlichen Klärungsbedarf“. Gemessen an Aufwand und Kosten eines solchen Verfahrens wirkt ein solcher Schritt, von außen betrachtet, maßlos.

Die Logik der ARD

Aus der Logik der ARD allerdings stellt sich die Sache anders dar. Sie sieht in dem Urteil nichts weniger als einen Angriff auf ihre Rundfunkfreiheit. Diese Freiheit garantiert den öffentlich-rechtlichen Sendern, unabhängige redaktionelle Entscheidungen treffen zu können. Vor allem die Politik soll sich raushalten aus der inhaltlichen Gestaltung des Programms.

Die Rundfunkfreiheit ist darum eminent wichtig und muss gewahrt bleiben. Insofern lässt sich nachvollziehen, warum der WDR jetzt das große Kaliber auffährt – man will sich nicht reinquatschen lassen und befürchtet offenbar, dass das Vorgehen des BSW Schule machen könnte. Denn die nächste Klage könnte schon bald folgen.

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In diesem konkreten Fall wirkt es allerdings so, als ob die Rundfunkfreiheit instrumentalisiert wird, um eine Partei von der Teilnahme an der Diskussion fernzuhalten, obwohl sie sich in kurzer Zeit eine Basis aufgebaut hat. Dies lässt sich nicht wegdiskutieren und gilt völlig unabhängig von einer Bewertung der politischen Positionierung und Ziele. Eine Beschränkung einer Debatte auf bereits in einem Parlament vertretene Parteien ist zudem rückwärtsgewandt und hilft den sogenannten Etablierten, die sich bei der Wahl neuen Herausforderern im demokratischen Wettstreit stellen müssen.

Die Rundfunkfreiheit hört also da auf, wo die Chancengleichheit nicht gewahrt wird. Der WDR sollte sich seine Entscheidung, den Gang nach Karlsruhe anzutreten, besser noch einmal überlegen.

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