Deutschland steckt in der Rezession. Da ist es nur logisch, dass es auch Deutschlands Satireweltmeistermagazin „Titanic“ nicht gut geht, das seit 1979 noch jede Krise, jede Koalition und jeden Papst überlebt hat. Zu nah am Puls der Zeit zu sein, ist aber nicht ohne Risiko, auch ökonomisch. Die verkaufte Auflage liegt nur noch bei 15.000 Exemplaren; die „FAZ“, von jeher dem Lokalrivalen freundschaftlich verbunden, berichtet von einer dramatischen Situation, für Gehälter und Honorare ist kein Geld mehr da. Eine Rettungsaktion ist gestartet, 5000 neue Abos sind das Ziel.
Die Gründe liegen unter anderem in gestiegenen Papierpreisen und Herstellungskosten; und die Leser drehen jeden Euro mehrfach um, bevor sie eine Monatszeitschrift kaufen. Andererseits: Die 75 Euro, die ein Jahresabo kostet, geben viele heute jeden Monat allein für unfreiwillig komische Sportkanäle aus.
Liegt es also doch am Humor selbst? Der Ex-Chefredakteur Oliver Maria Schmitt hat die öffentlich-rechtliche Konkurrenz von Böhmermann bis „heute show“ mitverantwortlich gemacht. Ist der Bedarf an satirischer Komplettverwurstung einfach gedeckt? Zu „Titanics“ Glanzzeiten in den 80ern und 90ern gab es auch schon den „Scheibenwischer“.
Die sozialen Netzwerke haben die neue, aber auch die alte Generation von Menschen mit Feinsinn für Humor an extrem verkürzte Reaktionszeiten gewöhnt. Ein Scholz mit Augenklappe nimmt heute schon selbst seine Memes vorweg. Die Titanic beteiligt sich daran natürlich und ist oft auch sehr schnell und lustig, nur ist das eben brotlose Witzkunst. Es fehlt ein tragfähiges Geschäftsmodell für digitalen Humor.
Doch trotz unvermeidlicher Verzögerung im Print macht die Titanic-Besatzung bei den Covern einen guten Job. Zum Ukraine-Krieg gab es starke, sehr böse und schwarzhumorige Titel: „Hoffnung in Bachmut – Galeria Kaufhof bleibt“ etwa oder das im Stil von Wellness-Magazinen gestaltete Putin-Cover mit der Zeile „Resilienz einfach erlernen“.
Überhaupt liegt eine Stärke der „Titanic“ seit jeher in einer surreal-freidrehenden Komik, aktuell vertreten durch das Cartoonisten-Duo Rattelschneck, einen Stephan Rürup oder Eugen Egner. Die Medienparodie, die Beobachtung der Beobachter vom rechten Hochglanzdreck bis zur „Apothekenumschau“ ist ein traditionelles Feld der Exzellenz. Mit der „Titanic“ ist daher nicht nur die klassische politische Satire bedroht, sondern das führende deutschsprachige Medium für humoristische Kunst als solche.
Es braucht also einen Satirepakt. Deutschland ist ein starkes Land, gerade beim Untergehen. Wir schaffen das.