Die fetten Jahre sind vorbei – zumindest, wenn es darum geht, dass sich einfach mehrere Personen einen Netflix-Account teilen können, obwohl sie nicht in einem Haushalt leben. Lange hatte der US-Streamingdienst die Praxis geduldet. Doch Ende Mai machte Netflix Ernst und verschickte eine Mail an seine Abonnenten, dass künftig nur diejenigen Zugriff auf das Abo haben, die auch im Haushalt des zahlenden Mitglieds leben.
Eine Ausnahme gab es jedoch: Für 4,99 Euro zusätzlich im Monat konnte noch ein weiterer User das Abo mitnutzen. Doch diese Änderung bedeutete für etliche Passwort-Schnorrer auch: Entweder sie legen sich ein eigenes Abo zu oder aber sie verzichten auf die Inhalte des Streamingdienstes. Laut dem Techmagazin „t3n“ sollen sich angeblich bis zu 100 Millionen Haushalte mit dem Passwort eines anderen eingeloggt haben. Ein nicht unerheblicher Teil scheint für ein Leben ohne Netflix nicht bereit zu sein.
Wie eine Analyse der Datenanalysten von Antenna offenlegt, die dem Branchenblatt „Variety“ vorliegt, verzeichnet der Video-on-Demand-Dienst in den USA ein User-Wachstum von 102 Prozent im Vergleich zu den vergangenen zwei Monaten in nur vier Tagen, seitdem die neuen Nutzerbedingungen eingeführt wurden. Das sei die höchste Anzahl an Neuabonnenten in vier Jahren.
Wie es genau zu dem bombastischen Nutzer-Zuwachs kam, klären wir gleich auf. Vorher aber Hand aufs Herz:
Netflix: Die Rechnung scheint aufzugehen
Zwischen dem 25. und 28. Mai 2023 haben laut Antenna-Angaben in den USA durchschnittlich 73.000 Menschen am Tag ein neues Netflix-Abo abgeschlossen. Das sind sogar mehr tägliche Neuabonnenten als während der Covid-19-Pandemie im März und April 2020. Insgesamt sollen so in den ersten vier Tagen nach der Ankündigung des Account-Sharing-Verbots 292.000 neue Netflix-Abos dazugekommen sein.
Zwar hätte sich laut Angaben der Analysefirma auch die Anzahl der Kündigungen im Vergleich zu den vergangenen 60 Tagen erhöht – eine Tatsache, mit der das Unternehmen in seiner Prognose für das zweite Quartal gerechnet hatte. Sie lag aber niedriger als die Zahl der Neukunden. Auch der Aktienkurs von Netflix an der US-Börse stieg seit dem 23. Mai 2023, dem Tag, als in den USA das Ende des Account-Teilens bekannt gemacht wurde.
Die Antenna-Daten basieren auf Schätzungen von Transaktionsdatensätzen, die auf der Grundlage der Zustimmung von Millionen US-Verbrauchern erstellt wurden. Die Daten umfassen unter anderem Online-Einkäufe, Kredit-, Debit- und Bankdaten.
Schluss mit Account-Sharing: Die Maßnahme wird auch Wirkung in Europa haben
Die Zahlen beziehen sich natürlich nur auf den US-Markt. Es ist aber durchaus vorstellbar, dass sich die europäischen Kunden ähnlich verhalten. Offizielle Zahlen von Netflix selbst liegen bislang nicht vor. Die Zahlen des Data-Analysten Antenna deuten aber darauf hin, dass Netflix durch diesen Schritt wahrscheinlich noch einige Neukunden mehr gewinnen könnte – und so die Konkurrenten wie Disney Plus, Amazon Prime Video oder Paramount Plus weiter auf Abstand halten kann.
Mit rund 233 Millionen zahlenden Mitgliedern in über 190 Ländern ist Netflix einer der größten Entertainment-Dienste weltweit. In der jüngsten Vergangenheit schwächelte der Streamingdienst allerdings und konnte weniger Neukunden für sich gewinnen. Mit einer Reihe an Maßnahmen, wie etwa einem vergünstigten Abo mit Werbeinhalten, versucht der Branchenprimus den Abwärtstrend aufzuhalten. Mit Erfolg, wie es scheint.
In einigen Ländern setzt Netflix hingegen auf ganz andere Maßnahmen: