Limitierte Editionen und Kooperationen mit anderen Marken sind zum Standard-Marketing-Instrument der Uhren-Industrie geworden. Von A wie Automobilen (zum Beispiel Alpina und Level 5 Motorsports) bis Z wie Zigarren (Zenith und Cohiba). Die Motivation: Neue Kunden, neue Strahlkraft. Was eine richtig gute Partnerschaft ausmacht, zeigen diese fünf:
Louis Vuitton x Akrivia: Marken-Power trifft auf ultimatives Sammler-Prestige
Eine Binsenweisheit besagt: Es wird einsam an der Spitze. Was also tun, wenn der Name der größten Luxusmarke der Welt eh schon die eigenen Zifferblätter schmückt? Wenn man in der Vergangenheit von Supreme bis Yayoi Kusama schon zig extrem erfolgreiche Partnerschaften im Bereich Taschen und Ready-to-Wear eingegangen ist? Jean Arnault, Sohn von LVMH-Übervater Bernard Arnault und Chef der Uhrensparte bei Louis Vuitton, hat eine geniale Lösung gefunden und den wohl renommiertesten Nischen-Uhrmacher der Welt an seine Seite geholt: der im Koševo geborenen Rexhep Rexhepi und seine Genfer Marke Akrivia.
Noch nie gehört? Das ist nicht verwunderlich, denn man muss sich schon abseits der gängigen Kanäle orientieren, um ihr zu begegnen. Rexhepi bewegt sich in einer Nische – in der Nische der unabhängigen Mini-Manufakturen. Er gilt als Wunderkind der Uhrmacherei, die größten Sammler der Welt respektieren und begehren seine Arbeiten. Die Aufregung war dann auch entsprechend groß, als Rexhepi die Allianz mit Louis Vuitton verkündete. Seine Klasse und Louis Vuittons Masse – was sollte das ergeben?
Wie sich herausstellte: Eine ziemlich großartige Uhr, die LVRR-01 Chronographe à Sonnerie, einen doppelseitigen Chronographen mit Schlagwerk. Dank der Sonnerie-Funktion wird jede abgelaufene Minute durch einen Glockenschlag angezeigt. Die skelettierte Frontansicht ist dabei Rexhepi pur und gewährt durch ein getöntes Saphirglas Einblicke ins Werk und auf das Tourbillon auf sechs Uhr, während die Rückseite mit der Chronographen-Funktion dann die Louis-Vuitton-Designsprache aufgreift. Auch das Gehäuse von 39,9 Millimeter erinnert an deren „Tambour“-Kollektion.
Dennoch: Dass sich der Luxus-Multi derart zurücknimmt, kann als Inbegriff von Klasse und Ausdruck eines sehr gesunden Selbstbewusstseins interpretiert werden. Dass es nur zehn Exemplare für je von rund einer halben Million Euro geben wird, sorgte natürlich gleich für Spekulationen über deren Vergabe-Modalitäten. Wie gut muss ein Kunde sein, damit er den Zuschlag bekommt? Um Geld allein geht es hierbei nicht. Zumal die Portion offenbar gerecht aufgeteilt wird. Fünf für Kunden von Akrivia, und nur fünf an gute Freunde des Hauses LVMH.
IWC x Mercedes-Benz: Uhr trifft auf Auto, ein Klassiker
Uhrenmarke X arbeitet mit Automarke Y zusammen. Noch wach? Oder droht schon Dämmerschlaf, angesichts dieses Klassikers unter den Uhren-Kooperationen? Aber derlei Allianzen haben aus gutem Grund eine lange Geschichte. Erfolgreich werden sie durch eine besondere Idee. Beides ist bei IWC der Fall. Als Sponsor des Formel-1-Teams hat man mit Lewis Hamilton einen Botschafter mit Extra-Style und stellte als langjährige Uhrenmarke des Vertrauens von Mercedes-Benz zuletzt ein besonders attraktives Modell vor: Die „Big Pilot´s Watch AMG G63“, wahlweise mit einem Gehäuse aus keramischem Faserverbundwerkstoff (CMC) oder aber aus Armor Gold, einer besonders harten Rotgoldlegierung, die weit weniger anfällig für Kratzer ist, und selbst einer Golduhr eine matt-technische Aura gibt.
Die Materialien heben die AMG-Modelle damit deutlich von den gängigen „Big Pilot´s Watches“ ab, und machen die Uhr auch für jene interessant, die keinerlei Affinität zum guten Stern auf allen STraßen haben. Gleichzeitig hat das Modell mit einem Durchmesser von 46,2 Millimeter eine große Präsenz am Handgelenk, während die beiden Unterzifferblätter auf drei und neun Uhr für Gangreserve und Sekundenanzeige an die Scheinwerfer des“ G-Modells erinnern. Die Preise: 36.800 Euro in Armor Gold, 48.900 Euro in CMC.
H. Moser & Cie. x MB&F: Unter Gleichgesinnten
Maximilian Büsser wurde einst für den Namen seiner eigenen Uhrenmarke belächelt: MB&F. Maximilian Büsser & Friends. Die Sache mit den Freunden ist bei Büsser allerdings Programm. Er maßt sich nicht an, alles selber perfekt zu beherrschen. Für die „Only Watches“ Charity-Auktion geht er noch einen Schritt weiter: Gemeinsam mit H. Moser & Cie., einer anderen Independent-Marke, leistet man sich gemeinsam die „Streamliner Pandamonium“. Hier tun sich zwei zusammen, die normalerweise um ähnliche Kunden wetteifern, die aber die Fähigkeit zum anders Denken eint.
Das Streamliner-Gehäuse kommt hier offensichtlich von Moser, das Minutenrepetitionswerk aber von MB&F. Der auf dem Zifferblatt montierte Miniatur-Pandabär am DJ-Pult ist dabei einerseits zum Erkennungszeichen der „Only-Watch“-Kooperation der beiden Marken geworden, zum anderen geht es Büsser immer um das spielerische Element, weniges ist dem MB&F-Macher so wichtig, wie das Kind im Manne zu erhalten.
Der Schätzpreis dieses Unikates für die bevorstehende Auktion 2024 liegt bei 300.000 bis 400.000 Schweizer Franken. Doch es wird niemanden wundern, wenn für das Stahlmodell mit einem Durchmesser von 42,4 Millimeter deutlich mehr gezahlt werden wird. Die Fan-Community beider Marken zeichnet sich durch eine ausgeprägte Finanzstärke aus.
Wie besonders – um nicht zu schreiben: bescheuert bis waghalsig – die Idee für diese Uhr ist, weiß dabei niemand besser als Maximilian Büsser selbst. Jahrelang habe man das Minutenrepetitionswerk entwickelt und sehr viel Geld dafür investiert, nur um es nun für ein Einzelstück für den guten Zweck zu verwenden. Betriebswirtschaftlich mache das herzlich wenig Sinn, weiß der Spender. Wie gut, dass eine gewisse Unberechenbarkeit zum Selbstverständnis beider Marken gehört.
Audemars Piguet X 1017 ALYX 9SM Matthew Williams: Very Fashionable
Die Ära von CEO Francois-Henry Bennahmias endet zum Jahreswechsel. Dass Audemars Piguet heute wirtschaftlich so stark und als Marke so populär und begehrt und modern dasteht, ist in hohem Maße seinem Verständnis für die Sehnsüchte der Luxusuhren-Käufer von heute geschuldet. Er hat die Manufaktur und ihr Image entschieden modernisiert, wohl wissend, dass das Uhren-Establishment hie und da die Augen verdrehen würde. Fakt ist: Der Zeitgeist, das Showbiz und eine Menge Sammler lieben Audemars Piguet. Und wenn heute von Hype-Watches gesprochen wird, dann geht es selbstverständlich auch immer um die „Royal Oak“. Sie ist eine der begehrtesten Uhren der Welt, ein Klassiker.
Entsprechend sorgsam pflegt man bei Audemars Piguet diesen Mythos, das dann aber doch ganz anders als anderswo: So hat man den Designer Matthew Williams und dessen Label 1017 ALYX 9SM gebeten, die Uhr nach seinen Vorstellungen zu gestalten, wohl wissend, dass er dies in der Vergangenheit schon einmal für eine Mini-Auflage von MAD Paris getan hat – damals allerdings ohne den Segen der Manufaktur. Mit Williams haben die Schweizer einen Designer verpflichtet, der Streetwear und als Givenchy-Designer Couture gleichermaßen beherrscht und der früher Stars wie Lady Gaga stylte.
Das Ergebnis der Zusammenarbeit sind vier limitierte Modelle in Weiß- und Gelbgold, davon zwei „Royal Oaks“ und zwei „Royal-Oak-Offshore“-Referenzen, die alles andere als modisch sind: Williams hat „seine“ „Royal Oak“ maximal minimalistisch und monochrom gestaltet. Sie fallen durch vertikal satinierte Zifferblätter auf. Jegliche Stunden-, Minuten- oder Sekunden-Indizes wurden weggelassen, bei einer der drei limitierten Editionen wurde sogar auf das Datumsfenster verzichtet. Einzig die Namen der beiden Kollaborateure finden noch Platz auf dem Blatt; es ist ein cleaner Look, der das Ur-Design von Gérald Genta glänzen lässt.
74.900 Euro kostet die gelbgoldene „ALYX-Royal Oak“ mit 37 Millimeter Durchmesser, 92.000 Euro der Chronograph in Gelbgold mit 41 Millimeter Durchmesser, sowie 113.500 Euro der 42-Millimeter-„Offshore“-Chronograph in Weißgold oder Gelbgold. Und weil von diesen Uhren mutmaßlich noch lange auch weit jenseits der Fashion-Crowd gesprochen werden wird, sei hier noch kurz der etwas sperrige Name des Labels 1017 ALYX 9SM zum Fachsimpeln beim nächsten Uhren-Stammtisch erklärt: Alyx ist der Name einer seiner Töchter, der 17. Oktober sein Geburtstag, und „9SM“ eine Referenz auf die erste Anschrift seines Studios am New Yorker Saint Mark`s Place.
Vacheron Constantin x Louvre: Kunstgeschichtlich wertvoll
Die großen und kleinen Kunst-Ereignisse, von Gallery Weekend in Berlin bis Art Basel in Miami, ziehen traditionell auch das Interesse von großen Uhrenmarken auf sich. Die Beziehung von Vacheron Constantin und dem Pariser Louvre zeichnet sich durch eine besondere Qualität aus.
So sponsert man nicht einfach und steht mit den Historikern vom Louvre im regen Austausch. Darüber hinaus besteht für Kunden des Hauses die Möglichkeit, gemeinsam mit den Kunsthandwerkern aus dem „Les Cabinotiers“-Atelier Museumsarbeiten auf Zifferblattgröße zu schrumpfen, um künftig in Emaille gebrannte Mini-Meisterwerke der Renaissancemalerei zu tragen.
Es ist eine Kooperation, die den Blick auf die handwerkliche Expertise von Vacheron Constantin in Sachen Emaille, Gravur und Edelsteinbesatz lenkt. Einzelstücke und Wunschanfertigungen sind dabei die Spezialität der kleinen Mannschaft aus der „Les Cabinotiers“-Abteilung, mitunter arbeitet man hier monatelang an einzelnen Stücken.
Selbst Schnappschüsse werden zu Kunstwerken. Für einen Rolls-Royce-Sammler schuf man eine mechanische Uhr für das Armaturenbrett, und selbst anspruchsvollste uhrmacherische Komplikationen treten angesichts der dekorativen Fähigkeiten der Atelier-Mitarbeiter in den Hintergrund. Deren Schaffenskraft scheint unkaputtbar. Jüngst verkündete die Manufaktur zumindest eine neue aufregende Kooperation – mit dem Metropolitan Museum of Art in New York.