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Schmuck Laborware oder Naturprodukt

Was macht einen wahren Diamanten aus?

Freie Redakteurin
Wuchtige Konkurrenz: Die gezüchteten Diamanten von Diamond Foundry sollen das Monopol der Minenbesitzer angreifen Wuchtige Konkurrenz: Die gezüchteten Diamanten von Diamond Foundry sollen das Monopol der Minenbesitzer angreifen
Wuchtige Konkurrenz: Die gezüchteten Diamanten von Diamond Foundry sollen das Monopol der Minenbesitzer angreifen
Quelle: Diamond Foundry
Labordiamanten galten lange als minderwertig. Unternehmen wie Diamond Foundry wollen das jetzt ändern - und so den Schmuckmarkt umkrempeln. Die Zielgruppe sind weibliche Millennials.

Wenn es eine Rangfolge der erfolgreichsten Imagekampagnen aller Zeiten gäbe, dann rangierte die für Diamanten sehr weit oben. Die von ihren besten Freunden trällernde Marilyn Monroe, die vor dem Schaufenster des Juweliers ihren Weltschmerz zelebrierende Audrey Hepburn, die alte Mär vom Verlobungsring, der so teuer sein muss wie ein Montagsgehalt des Bräutigams – hier hat eine Lobby mal ganze Arbeit geleistet. Der Diamant galt Jahrzehnte als Inbegriff von Luxus und Romantik, eine geniale Kombination.

Aber nicht mehr so ganz zeitgemäß, glauben Unternehmer, die den Markt neu vermessen wollen. Denn es geht heute nicht mehr nur um Fragen wie „Solitär oder ein antik anmutendes Modell in Tropfenform?“, oder „Princess- oder Baguette-Schliff? Sondern zunehmend um Herkunft und Produktionsbedingungen der Steine.

„Mit einem Verlobungsring signalisiert man seine Werte“, sagt Martin Roscheisen, Gründer von Diamond Foundry, einer Firma, die sich auf den Verkauf von Labordiamanten spezialisiert hat. Was unromantisch klingt, steht für von Menschen gezüchtete Edelsteine, die ebenso strahlen wie das Original, aber keine ethischen Probleme aufwerfen. In ihnen sehen viele Spezialisten der Schmuck- und Edelsteinbranche die Revolution, die das Monopol der traditionsreichen Diamantenproduzenten und Minenbesitzer stürzen könnte.

Auch bei Edelmetallen sollte man genauer schauen

Diamond Foundry aus San Francisco ist nicht der einzige Anbieter auf dem Markt – Wettbewerber wie Ada Diamonds stehen ebenfalls für den Trend, und auch Swarovski verkauft seit 2017 Schmuck aus „kreierten Diamanten“. Die Kalifornier bemühen sich besonders intensiv darum, das Image von Labordiamanten aufzuwerten. Das Start-up zählt Hollywoodstars zu seinen Investoren und kooperiert mit angesehenen Schmuckdesignern. Wegen der hohen Nachfrage eröffnete das Unternehmen im vergangenen November eine zweite Produktionsstätte in Washington. Bis Ende 2019 will man eine Million Karat herstellen.

So viel Ehrgeiz überrascht nicht angesichts eines Chefs, dessen Karriere von der Goldgräber-Mentalität des Silicon Valley geprägt ist. Roscheisen wuchs als österreichischer Staatsbürger in München auf und studierte gemeinsam mit den Google-Gründern Larry Page und Sergey Brin Ingenieurwissenschaften an der Stanford University. Als seine selbst gegründete Firma für Solartechnik Nanosolar mit der Konkurrenz aus China nicht mehr mithalten konnte, suchten er und einige Ingenieure aus seinem Team nach einer neuen Start-up-Idee. Dass ihre Aufmerksamkeit auf Diamanten fiel, liegt weniger an Roscheisens Liebe zum Schmuck als an seinem Interesse an der industriellen Herstellung von Edelsteinen. Und die hat eine lange Geschichte. Schon in den 1950er-Jahren begann etwa der Mischkonzern General Electric, synthetische Diamanten zu produzieren, bis heute kommen sie in Schneide- oder Bohrmaschinen zum Einsatz.

Der Ring von Michèle Lamys Marke Hunrod stammt aus einer Kooperation von Diamond Foundry mit Dover Street Market
Der Ring von Michèle Lamys Marke Hunrod stammt aus einer Kooperation von Diamond Foundry mit Dover Street Market
Quelle: Diamond Foundry

Jahrelang allerdings galten die milchig-gelblichen Steine als ungeeignet für die Verarbeitung in Juwelen. Bis Firmen wie Diamond Foundry Technologien perfektionierten, die einen reinen Rohdiamanten herstellen können, der dem Naturprodukt in nichts nachsteht. „Wir sind erst seit wenigen Jahren in der Lage, wirklich große Steine zu züchten“, sagt Roscheisen. Bei Diamond Foundry arbeitet man mit selbst entwickelten Plasma-Reaktoren, die in ihrem Inneren die natürlichen Bedingungen für die Entstehung eines Diamanten imitieren. Unter dem Druck von Plasma, das so heiß ist wie die Sonnenoberfläche, bilden sich auf einem vorhandenen Diamantensplitter Kohlenstoffatome, aus dem Fragment wächst Schicht für Schicht ein vollständiger Stein.

Bisher mussten Labordiamanten mit dem Zusatz „synthetisch“ kenntlich gemacht werden. Im vergangenen Juni überarbeitete die Handelskommission der USA die Marketingrichtlinien für die Branche und gestattet es den Herstellern seither, ihre Produkte schlicht als „Diamanten“ zu bezeichnen (es muss allerdings weiterhin darauf hingewiesen werden, dass es sich um im Labor gemachte Diamanten handelt). In Sachen chemische Zusammenstellung und Optik unterscheiden sich Labor- und Naturprodukt praktisch nicht voneinander. „Selbst ein Juwelier hätte Schwierigkeiten, beide auseinanderzuhalten“, sagt James Shigley, der am Gemological Institute of America zu Edelsteinen forscht. „Nur in einem Labor kann man unter dem Mikroskop Eigenschaften erkennen, die zeigen, dass ein Naturstein Millionen Jahre unter der Erde gelegen hat.“

Nicht so dieser Stein

Branchenriesen wie das Diamantenunternehmen De Beers, das Minen in Botswana, Namibia, Südafrika und Kanada besitzt, pflegten den Mythos der seltenen Kostbarkeit mit Slogans wie „A Diamond is Forever“, Der Solitär auf einem Verlobungsring galt als ultimativer Liebesbeweis. Heute betont man, nur ein Stein, der über Jahrtausende unter der Erde geschlummert hat, sei ein wahrer Diamant. Auch Andy Hart, der bei Tiffany die Abteilung für Diamantenversorgung leitet, sagte dem Branchenblatt „JCK“ im Januar: „Laborware ist kein Luxusprodukt.“

Das sehen die neuen Konkurrenten naturgemäß anders und holen sich sich prominente Hilfe: Lady Gaga oder Penélope Cruz tragen gezüchtete Diamanten auf dem roten Teppich. Zu den ersten Investoren von Diamond Foundry zählte neben dem Twitter-Gründer Evan Williams und dem Schauspieler Leonardo DiCaprio, der durch die Arbeit an dem Film „Blood Diamond“ im Jahr 2006 von den brutalen Konflikten hinter dem Handel mit Minendiamanten aus Afrika erfuhr, auch der Geschäftsmann Jean Pigozzi. Dank ihm lässt sich Roscheisen heute von Karla Otto beraten, Chefin einer der größten PR-Agenturen in der Mode. Man hat mit den Apple-Designern Jonathan Ive und Marc Newson kooperiert, und aktuell verkauft der Concept Store Dover Street Market in seinen Filialen Schmuckstücke von den Designerinnen Delfina Delettrez, Sophie Bille Brahe oder Ana Khouri, hergestellt mit Steinen von Diamond Foundry.

Verlobungsring von Ana Khouri
Verlobungsring von Ana Khouri
Quelle: Diamond Foundry.
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Das hilft dem Image und erschließt Zielgruppen. Vor drei Jahren übernahm man zudem die amerikanische Schmuckmarke Vrai & Oro, die unzählige junge weibliche Social-Media-Follower um sich geschart hatte. „Vor zehn Jahren konnten sich die meisten Menschen noch nicht vorstellen, ein Elektroauto zu fahren“, sagt Roscheisen: „Dann kam Tesla und veränderte alles. Was zählt, ist das richtige Produkt.“

Für James Shigley vom GIA zählt allerdings auch, dass Hersteller wie Diamond Foundry die Hintergründe ihrer Produktion transparent und ehrlich kommunizieren. „Viele tönen auf ihren Websites, ihre Steine seien so nachhaltig. Dabei verbraucht auch die Arbeit in diesen Fabriken viel Energie“, sagt er. Der Produktionsprozess von Diamond Foundry wurde immerhin von der Beratungsfirma Natural Capital Partners als kohlenstoffneutral zertifiziert. Auch der Preis soll beeindrucken: Labordiamanten kosten im Durchschnitt 35 Prozent weniger als ihre Gegenstücke aus den Minen, was auch daran liegt, dass Firmen wie Diamond Foundry Produktion und Verarbeitung selbst steuern und Zwischenhändler ausschalten. Die wenigen dominierenden Minenbesitzer hätten zudem jahrelang Preise diktiert, sagt Roscheisen.

Das könnte sich ändern. Studien, zum Beispiel von Morgan Stanley und Citi Bank, schätzen den Marktanteil von gezüchteten Steinen auf nur ein bis zwei Prozent, doch alle sehen Wachstumspotenzial voraus. Sogar die Skeptiker: Im Mai 2018 lancierte De Beers eine neue Schmuckmarke aus Labordiamanten. Es gehe gar nicht anders, sagt Martin Roscheisen. „Der Vorrat in den Minen nimmt ab. Labordiamanten werden die Lücke füllen.“ Für die kommenden Jahre prophezeit die Beratungsfirma Bain & Company einen stetigen Rückgang in der Diamantenversorgung, einige Minen sollen bald schließen. Die Zeit spielt also für die Schmuck-Start-ups. Wenn die neuen Kunden auch mitspielen.

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Im Labor gezüchtete Steine erobern den Markt

Natürlich entstandende Diamanten werden immer seltener und kommen teilweise aus undurchsichtigen Geschäften. Experten gehen davon aus, dass der Anteil an künstlich hergestellten Diamanten bald schon 15 Prozent betragen könnte.

Quelle: N24

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